Bildung von Anfang an: Entwicklungsbegleitung in der Kita

25.04.18 –

Von Julia Dieckmann

Ich bin seit 11 Jahren als staatlich anerkannte Erzieherin im Berufsleben, habe in zwei verschiedenen Bundesländern und 6 Kindertagesstätten gearbeitet, keine davon mit der anderen vergleichbar. Von „Wir gucken mal, was wir heute so machen.“ bis „Dienstags besprechen wir die pädagogischen Angebote im Sinne der Bildungsbereiche für die kommende Woche.“ war alles dabei. Pädagogische Konzepte wurden vorgegeben oder gemeinsam erarbeitet. Geschlossene Gruppenstrukturen habe ich kennengelernt, die offene Arbeit mit Kindern allerdings lieben gelernt.

Seit September 2013 arbeite ich in einer gruppenoffenen Kita in Marzahn-Hellersdorf. Meine Bezugsgruppe sind die Kinder die im Übergang zur Schule stehen. In diesem Sommer werde ich meine fünfte Truppe an Kindern auf die Schule loslassen, mit der Hoffnung, ihnen alles mitgegeben zu haben, was sie brauchen. Und jeden August zum Anfang des neuen Kitajahres treffe ich auf besorgte Eltern, die mich fragen, wann ich mit der Vorschule anfange und was ich denn da so mache mit den Kindern. Meine Antwort ist klar: „ Ich mache keine Vorschule.“

Wer mit Bildung erst in der Vorschule anfängt, verpasst den Startschuss der Kinder um Jahre. Weit vorher werden Grundsteine gelegt, die eine Bildung in der Grundschule überhaupt erst ermöglichen. Ich beobachte, dass wenn Kinder im Kleinkindalter nicht mit dem Buntstift auf das Blatt hämmern durfte, wird das Erlernen einer unverkrampften Stifthaltung zum Schreiben schwierig. Kindern zu ermöglichen, ihre Frustrationen selbst regulieren zu müssen/können/dürfen, fördert Lebenskompetenzen, die ein Leben ohne Suchtmittel ermöglichen. Einen Freund zu finden und diese Freundschaft zu pflegen, muss erlernt werden. 

Wenn ich mit 2 Jahren bereits mit Wasser experimentieren durfte, mit 5 erste physikalische Phänomene selbst erzeugen kann und dabei Entwicklungsbegleiter*innen habe, dessen Augen genau so staunen wie ich, ja dann kann Bildung gelingen!

In meiner täglichen Arbeit hat sich ein Lernfeld als besonders wichtig herausgestellt. Das ist das soziale Lernen. Ich lege viel Wert darauf, mit den Kindern gemeinsam Lösungen zu finden. Das beinhaltet Kinderkonferenzen, demokratische Abstimmungen und offene Meinungsäußerung. Das sind die ersten Schritte zum politisches Handeln und das bereits in der Kita! Wer im Kindesalter lernt eine Meinung zu entwickeln und diese auch unter dem Druck seiner Peers aufrechtzuerhalten, wird diese Lebenskompetenz sein ganzes Leben lang behalten können.

Und wir reden hier davon, ob das Kind im Aussenbereich lieber schaukeln oder Roller fahren möchte. 

Kinder müssen sich ausprobieren dürfen. Sie brauchen Entwicklungsbegleiter*innen an ihrer Seite, die ihnen die Möglichkeiten geben, ihre Welt sicher und begleitet zu erfahren. Sie brauchen Entwicklungsbegleiter*innen, die von ihrer Arbeit leben können, denn oftmals ist es der einzige Beruf der einen erfüllen kann. Ein Beruf, den man an so manchem Abend gedanklich mit nach Hause nimmt. Ein Beruf, der in der Gesellschaft mehr Anerkennung braucht. Das erreicht man mit einer besseren Vergütung und einer Aufwertung der Ausbildung. Und mit der klaren Botschaft: „Bildung von Anfang an!“

Julia Dieckmann arbeitet in Berlin als Erzieherin und Mitglied im Kreisverband Marzahn-Hellersdorf.

 

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