Für ein freies Internet und faire Lizensierung

14.03.19 –

Beschluss des Landesausschusses am 13. März 2019

Für ein freies Internet und faire Lizensierung

Die Auseinandersetzung um die Europäische Urheberrechtsreform bewegt aktuell viele Menschen in unserem Land. Für das Land Berlin ist diese Diskussion enorm wichtig, denn die Stadt ist kreativer Hotspot in Europa und Heimat vieler hauptberuflicher Urheber*innen. Zugleich sind hier viele innovative Startups zu Hause und eine lebendige Zivilgesellschaft beschäftigt sich mit Fragen der Gestaltung unserer digitalen Zukunft. Auch im Landesverband Bündnis 90/Die Grünen Berlin führen wir die Diskussion um die Ausgestaltung des Urheberrechts seit mehreren Jahren; energisch, manchmal sehr emotional aber immer mit dem Ziel einen fairen Interessensausgleich zu schaffen, wie es auch in unseren bisherigen Beschlüssen deutlich wurde. Unstrittig ist: eine Reform des Urheberrechts ist notwendig. Das vorliegende europäische Verhandlungsergebnis aus dem Trilog schafft an einzelnen Stellen Verbesserungen für den Schutz der Urheber*innen und den Zugang von Nutzer*innen. Das Gesamtpaket ist aber unausgeglichen, da es Vorgaben und Regeln enthält, die massive negative Einflüsse auf die Informations-, Meinungs- und Kommunikationsfreiheit haben können und damit den gewünschten fairen Interessensausgleich nicht erreicht. Dies macht sich vor Allem an Artikel 11, zur Einführung eines europaweiten Leistungsschutzrechts für Presseverlage fest, als auch an Artikel 13, in dem unter anderem technische Maßnahmen in den Mittelpunkt gerückt werden, die im Endeffekt zum Aufbau einer umfassenden Infrastruktur zur Vorabkontrolle von Inhalten führen könnte. Einen solchen umfassenden Aufbau technischer Strukturen zur Inhaltefilterung, aktuell oft als „Uploadfilter“ bezeichnet, lehnen wir Grüne Berlin ab.

Statt jetzt einem schlechten Gesamtpaket zur Reform des europäischen Urheberrechts zuzustimmen, fordern wir das Europäische Parlament auf, die entsprechenden Artikel abzulehnen und in eine Neuverhandlung dazu einzutreten, und falls das nicht möglich ist, das Trilog-Ergebnis bei der geplanten Abstimmung Ende März ganz abzulehnen und umgehend nach der Europawahl mit der Neuverhandlung einer Urheberrechtsreform zu beginnen.

Dennoch sind wir davon überzeugt, dass es viele Gemeinsamkeiten in der europäischen Urheberrechtsdiskussion gibt, die man auch im Sinne der Zukunftsfähigkeit, Stärkung der Einnahmesituation von Urheber*innen, Öffnung für neue Nutzungsformen und der Akzeptanzsteigerung des Urheberrechts, schnell umsetzen sollte. Als Grüne wollen wir ein zukunftsfähiges Urheberrecht schaffen, Nutzer*innenrechte stärken, neue Regeln für marktbeherrschende Internetkonzerne aufstellen und eine faire Bezahlung für die Urheber*innen von Inhalten sicher stellen. Deswegen setzen wir uns für eine umfassende Lizenzierung urheberrechtlich geschützter Inhalte ein. Große Plattformen rufen wir dazu auf, für die Urheber*innen angemessene Lizenzvereinbarungen abzuschließen. Es geht für uns Grüne um die weitestgehende Lizenzierung von Inhalten durch große kommerzielle Plattformen, die über Verwertungsgesesellschaften stattfinden soll, statt um die Filterung von Inhalten. Wir fordern daher die entsprechenden Plattformen dazu auf, diese Möglichkeit umfassend zu nutzen. Wo eine Lizenzierung über kollektive Systeme, wie Verwertungsgesellschaften, nicht möglich ist, wollen wir statt der jetzt angedachten technischen Maßnahmen zur Verhinderung des Uploads, an dem bewährten Verfahren von „Notice and Takedown“ festhalten, also der umgehenden Herunternahme von Inhalten, wenn für diese keine entsprechenden Lizenzen oder urheberrechtliche Schrankenregelungen (wie Zitate) vorliegen.

Damit Urheber*innen angemessen an den Lizenzeinnahmen beteiligt werden, sind bei der nationalen Umsetzung jedoch weitere Schritte zur Reform des Urhebervertragsrechts als auch der Verwertungsgesellschaften notwendig. Wir setzen uns für eine detailierte Evaluierung der Systeme und eine nachhaltige kontinuierliche Anpassung an die sich permanent weiterentwickelnden Nutzungsformen ein.

Die Reform der Urheberrechts verengt sich gerade auf wenige Aspekte, dabei gibt es viele weitere wichtige Anliegen die im Sinne der Urheber*innen aber auch der Allgemeinheit, im Urheberrecht zu lösen wären, was auch die Debatten in unserem Landesverband gezeigt haben. Als Landesverband Berlin werden wir uns an den anstehenden Demonstrationen und Aktionen zur EU-Urheberrechtsreform einbringen und werden uns für eine Ablehnung dieses Verhandlungsergebnisses stark machen.