Keine Instrumentalisierung von geflüchteten Kurd*innen

29.05.18 –

Am vergangenen Wochenende kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Geflüchteten im Flüchtlingscamp „Moria“ auf der Insel Lesbos (Griechenland). Das ist hier keine Seltenheit. In Moria untergebrachte Geflüchtete berichten immer wieder von ähnlichen Auseinandersetzungen. Der Grund: Die gefängnisähnlichen Zustände vor Ort und die überlasteten griechischen Behörden, die nicht in der Lage sind, die Menschen ausreichend zu versorgen. Das Camp ist berüchtigt: Ausgelegt auf 2.200 Personen hausen hier derzeit 6.000 Menschen in prekären Verhältnissen. Alle bringen ein Paket an körperlichen und seelischen Verletzungen mit. Eine Aufarbeitung ist hier unmöglich. Auch Sicherheitspersonal ist Mangelware. Aus dieser Gesamtsituation eskalieren kleine Streitigkeiten, beispielsweise um verteiltes Essen und Hilfsgüter sehr schnell.

Beteiligte Personen suchen sich in solchen Konflikten oft Verbündete und mobilisieren ihre jeweiligen Landsleute gegen andere Gruppierungen. Am vergangenen Wochenende resultierte daraus eine Auseinandersetzung zwischen Kurden und Arabern. Hunderte beteiligten sich an dem Kampf, ein Dutzend Menschen wurden infolgedessen auf beiden Seiten zum Teil schwer verletzt. Tote gab es nicht.

Noch bevor die genauen Umstände des Vorfalls klar waren, veröffentlichte die Kurdische Gemeinde in Deutschland e.V. völlig verfrüht eine Erklärung, die viele falsche Informationen verbreitete und darüber hinaus die Tatsachen verdrehte. Ohne den genauen Hintergrund zu kennen, sprach der Verein von einer religiös motivierten Auseinandersetzung. Das Nichtfasten der Kurden am Ramadan war jedoch entgegen der Darstellung der Kurdischen Gemeinde Deutschland nicht der Auslöser. Auch sind in Wahrheit keine Toten zu verzeichnen, wie es in der Erklärung heißt. Zudem suggeriert der kurdische Verein, dass die Kurd*innen aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit angegriffen wurden.

Keine dieser Behauptungen entsprechen der Wahrheit! Viele Videonachrichten und Aussagen von den im betroffenen Camp lebenden Kurd*innen belegen, dass der Vorfall keine religiösen Hintergründe hat. Tatsächlich eskalierte ein zunächst kleiner Streit über politische Themen (konkret: die kurdische Besatzung in Deir Elzor) zwischen einem Kurden und einem Araber. Einige Wochen zuvor hatten sich dieselben Personen bei der Verteilung von Brot gestritten. Dieses Mal entwickelte sich der Konflikt zu einer Massenschlägerei und Messerstecherei. Dieser Ablauf wurde am Sonntagabend auch von griechischen Hilfsorganisationen bekräftigt.

Es ist uns unverständlich, dass die Kurdische Gemeinde in Deutschland fahrlässig in Kauf nimmt, das friedliche Zusammenleben zwischen (geflüchteten) Kurd*innen und Arabern in Europa zu stören. Ein sensibler Umgang sollte für einen offiziellen Verein und kurdischen Repräsentanz selbstverständlich sein und nur geprüfte Informationen veröffentlicht werden.

Daher rufen wir die Kurdische Gemeinde in Deutschland e.V. auf, ihre Erklärung zurückzunehmen oder nach den Fakten zu korrigieren!

Zudem appellieren wir an die EU, ihre Flüchtlingspolitik zu korrigieren und fair, solidarisch und gemeinsam gegen die chaotischen Zustände in den Flüchtlingscamps an Europas Grenzen zu agieren, um das Leiden der Geflüchteten und der überforderten EU-Grenzstaaten ein Ende zu setzen.