OFFENER BRIEF an die Grünen Landesvorstände & Fraktionen von Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt

19.03.18 –

Die Bundesregierung verweigert den Familiennachzug für Geflüchtete mit eingeschränktem Schutzstatus weiterhin bis Ende Juli diesen Jahres. Anschließend ist der Familiennachzug auf 1.000 Menschen pro Monat begrenzt, ergänzt um eine bereits bestehende Härtefallregelung, die aufgrund ihrer extrem hohen Anforderungen kaum Menschen hilft – das hat die Vergangenheit bereits gezeigt. Bis 2016 ist keine Person über einen Härtefallantrag in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, 2017 waren es lediglich 95 Menschen. Insgesamt sind die Möglichkeiten syrische Flüchtlinge nach Deutschland zu ihren Familien in Sicherheit zu bringen sehr begrenzt.

Dabei ist eine der wichtigsten Bedingungen für eine gelingende Inklusion, anerkannten Geflüchteten als auch subsidiär Schutzberechtigten (unbürokratisch) den Familiennachzug zu ermöglichen. Denn: Die Sorge und Angst um die Liebsten sowie die jahrelange Trennung von Familienangehörigen sind oftmals das größte Hindernis in einer neuen Heimat anzukommen.  Nur wer seine Familie in Sicherheit und in seiner Nähe weiß, kann sich auf die neue Heimat mit aller Kraft einlassen.

Als direkte Folge steht aber nicht nur eine verhinderte und verzögerte Inklusion der geflüchteten Menschen, zugleich werden deren Angehörige gezwungen sich selbst auf den Weg zu machen. Es fehlen aber weitgehend sichere und legale Fluchtwege.

Bundesländer müssen sich ihrer Verantwortung stellen

Für Menschen aus Syrien (und zum Teil aus dem Irak) gibt es einen solchen sicheren und legalen Weg raus aus dem Krieg zu ihren Familien: Die Landesaufnahmeprogramm der Länder für syrische (und irakische) Geflüchtete.

Die Landesaufnahmeprogramme sind ein letzter Lichtschimmer für die Geflüchteten und ihre Angehörigen. Während sich die Sicherheitslage in Syrien (und dem Irak) weiter verschärft, haben die meisten Bundesländer diese lebensrettenden Aufnahmeprogramme auslaufen lassen. Wir Grüne müssen uns dafür einsetzen dort die Verantwortung zu übernehmen, wo wir sie mittragen: auf Landesebene. Wir in Berlin, aber auch Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen machen es vor.

 

Die Vorteile der Landesaufnahmeprogramme liegen klar auf der Hand:

  • Menschen kommen unversehrt und lebend über einen sicheren, legalen Weg nach Deutschland.
  • Sowohl die bereits hier lebenden Geflüchteten als auch ihre nachgezogenen Angehörigen haben so eine klare Inklusionsperspektive.
  • Strukturierte Einreise über Visa-Vergabe, statt Schlepper.
  • Im Falle von Verpflichtungsgeber*innen ist das Verfahren haushaltsneutral, privat und dezentral.

Wir möchten euch dringend bitten die Debatte zum Landesaufnahmeprogramm in euren Bundesländern anzuregen und ebd. wiederaufzunehmen. Wir Grüne können nur glaubhaft für einen Familiennachzug (auf Bundesebene) einstehen, wenn wir unsere Verantwortung auf Länderebene wahrnehmen und unser politisches Handeln danach ausrichten. Wir haben hier die Chance zu unseren Worten zu stehen, unsere Überzeugung in Taten umzusetzen, Menschenleben zu retten und die Inklusion der Geflüchteten aktiv zu unterstützen.   

Bitte bezieht in eure Überlegungen auch folgende wichtige Punkte mit ein:

  • Neben den direkten Angehörigen sollten - wie auch in den bisherigen Landesaufnahmeprogrammen – auch volljährige Kinder, Geschwister und deren Kinder sowie die Eltern  berücksichtigt werden – unabhängig davon, ob sie in den syrischen Kriegsgebieten selbst oder in den Anrainerstaaten leben.
  • Eine fünfjährige Verpflichtung, den Lebensunterhalt zu übernehmen, ist kaum tragbar und sollte – wie dies einige Bundesländer (z.B. Thüringen, Hamburg) vorgemacht haben  - zeitlich auf maximal zwei Jahre begrenzt werden. Das Land sollte auch weitere Kosten tragen oder finanziell anteilig unterstützen (z.B. Verkehrstickets etc.).
  • Gesundheitskosten müssen weiterhin von der Verpflichtungserklärung ausgenommen werden, um die Kosten für die Verantwortungsgeber*innen „überschaubar“ zu halten.
  • Eine Stichtagregelung ist willkürlich und sollte zugunsten  der Aufenthaltsdauer in Deutschland als bestimmendes Kriterium aufgegeben werden.

 

Familien gehören zusammen, Kinder gehören zu ihren Eltern. Es liegt in eurer Hand!

 

Mitzeichnende:

LAG Demokratie & Recht Berlin, LAG Frieden & Internationales Berlin, LAG Migration & Flucht Schleswig-Holstein, LAG Migration & Flucht Niedersachsen