Berliner Sonne - die Energie der Zukunft

17.04.19 –

Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz am 06.04.2019

Die globale Klimakrise – so geht es nicht weiter

Die Folgen des Klimawandels sind weltweit immer stärker spürbar. Wirbelstürme, Dürren und Überschwemmungen nehmen in Häufigkeit oder Intensität zu. Der Meeresspiegel steigt. Fruchtbare Böden gehen verloren. Menschen müssen ihre Heimat verlassen. Krisen und Konflikte werden verstärkt. Besonders trifft es die ärmsten Menschen im glo-balen Süden. Doch auch in Berlin spüren wir erste Auswirkungen des Klimawandels: Der letzte Sommer war einer der heißesten Sommer, die wir je hatten mit einer Dürreperiode, die Menschen, Tieren und Pflanzen in der Stadt zu schaffen gemacht hat. Dazwischen haben wir zunehmend mit Starkregenereignissen zu kämpfen, die unsere Abwassersysteme immer wieder vor neuen Herausforderungen stellen. Trotzdem gehören Winter mit strengem Frost noch lange nicht der Vergangenheit an. Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir solche Extremwetterlagen immer häufiger erleben werden. Spätestens jetzt muss allen klar sein: Wir müssen dringend umsteuern, wenn wir noch eine Chance haben wollen, den Klimawandel zu bremsen. Dafür müssen wir radikal umdenken.

Um zumindest eine Chance zu haben, den menschengemachten Klimawandel auf 1,5° Celsius zu begrenzen, so wie es im Pariser Klimaabkommen vereinbart wurde, müssen wir radikal dekarbonisieren – ab sofort muss der CO2-Ausstoss jedes Jahr um 18% sinken [Q: Rahmsdorf/PIK]. Berlin spielt dabei als urbanes Zentrum eine besondere Rolle: Hier wird mehr Energie verbraucht als produziert und auf einem Fleck eine überproportional hohe Menge an CO2 ausgestoßen. Das müssen, das können – und das wollen wir ändern! Denn Berlin nimmt seine globale Verantwortung ernst. Unser Anspruch ist es, zu zeigen, dass eine Millionenstadt so schnell den Umstieg von Kohle, Öl und Gas auf 100% Erneuerbare Energien schaffen kann, wie es das Pariser Abkommen erfordert. Denn auch global liegt in den großen Städten ein Schlüssel für den Klimaschutz.

Umwelttechnologien entwickeln sich weiter: Ob Rucksack mit Solarzelle, (mobile) Solar-Klima-Anlagen, Solar-Energie-Kioske oder Solar-Kühlschränke, Speicher und Messtechnik: Es eröffnen sich neue Einsatzmöglichkeiten, direkt bei den Verbraucher*innen und zum Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch. Berlin ist bereits Vorreiter in der Entwicklung und Anwendung von "CleanTechs", die zur Ressourcen-Schonung beitragen und die Energieerzeugung, -übertragung und -speicherung zunehmend effizienter und nachhaltiger machen. Dementsprechend ist dieser Wirtschaftszweig weiter zu stärken.

#FridaysForFuture: Dieser Rückenwind macht uns Dampf!

Wöchentlich gehen mit Fridays For Future allein in Berlin zehntausende streikenden Schüler*innen auf die Straße. Diese Bewegung will nicht länger Versprechungen und Langfristziele, sondern radikalem Klimaschutz. Denn es geht um ihre Zukunft, die aktuell von der Großen Koalition im Bund verzockt wird. Mit dem aktuellen Wirtschaftssystem lebt unsere Gesellschaft noch immer auf Pump. „System Change not Climate Change“ ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen und das sollte uns allen zu denken geben.

Obwohl sich die Forderungen der Jugendlichen an dem orientiert, was der breite Konsens der Klimawissenschaft als unbedingt nötig erachtet, sind ihre Forderungen radikal angesichts dessen, was aktuelle in der Politik möglich scheint. Wir brauchen mehr Austausch darüber, was nötig ist und offene Debatten über die Zielkonflikte. Und wir brauchen den Mut, auch kurzfristig einschneidende Maßnahmen anzugehen. In Europa, im Bund und auch bei uns in Berlin.

Denn auch Berlin muss beim Klimaschutz das Tempo erhöhen, wenn es seinen Zielpfad auf dem Weg zu einer Dekarbonisierung bis 2050 einhalten will. Das heißt vor allem, selbst mit gutem Beispiel voranzugehen. Die eigene Verwaltung muss möglichst rasch CO2-neutral werden – sowohl die Landesverwaltung als auch die Bezirke. Dafür braucht es als ersten Schritt in allen Bezirken Klimaschutzbeauftragte und ein eigenes Produkt in der bezirklichen Kosten-Leistungs-Rechnung sowie mehr Geld zur Umsetzung von Klimaschutz- und Energieeinsparmaßnahmen.

Wir wollen Vorbild sein! Die grüne Abgeordnetenfraktion soll sich deshalb für ein klimaneutrales Abgeordnetenhaus einsetzen. Das beinhaltet auch auf unnötigen Flugreisen zu verzichten, den Papier- und Plastikverbrauch im Haus weiter zu reduzieren und mit Energie und Wasser im Abgeordnetenhaus endlich effizient umzugehen.

Doch trotz des Engagements vieler Schüler*innen müssen die fundamentalen Fragen der Klimakrise und Klimaschutz stärker in der Schule Beachtung finden. Hierzu soll bei der zuständigen Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie die Stelle einer*s Klima- und Umweltschutzbeauftragten eingerichtet werden, welche die Schulen sachlich und fachlich dabei unterstützt, die Themen Umwelt- und Klimaschutz sowie BNE in den Unterricht zu integrieren. Das Engagement junger Menschen für mehr Klimaschutz begrüßen wir dabei explizit und empfehlen allen Berliner Schulleitungen, gemeinsame Exkursionen und Projekttage mit klimapolitischem Schwerpunkt zu unternehmen.

Raus aus der Kohle – rein in die Erneuerbaren!

Die Empfehlung der Kohlekommission, bis 2038 aus der Kohleenergie auszusteigen, halten wir angesichts der Klimakatastrophe für viel zu unambitioniert und fahrlässig. Wir wissen, dass wir innerhalb von gut zwei Jahrzehnten in Deutschland aus allen fossilen Brennstoffen – Kohle, Öl und Gas – ausgestiegen sein müssen. Die CO2-Emissionen müssen auf netto Null sinken. Die Zukunft ist 100% erneuerbar. Deshalb muss der Kohleausstieg sehr viel schneller erfolgen. Die Bundesregierung muss hier nachbessern. Wir sind es den kommenden Generationen schuldig, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um diesen Planeten zu schützen.

Seit Bündnis 90/Die Grünen in Berlin mitregieren, konnten wir schon eine Menge in Sachen Klimaschutz und Energiewende bewegen. Als erstes Bundesland haben wir bereits 2017 den Kohleausstieg gesetzlich verankert. Im gleichen Jahr wurde das letzte Braunkohlekraftwerk stillgelegt. Wir sparen so jährlich rund 600.000 Tonnen CO2 ein. Und schon nächstes Jahr geht mit Reuter C das nächste Kohlekraftwerk vom Netz. Ersetzt wird dies durch Europas größte Power-to-Heat Anlage, die mit Erneuerbaren Energien betrieben wird. Aber es muss noch schneller gehen, denn die Zeit drängt. Spätestens 2030, besser früher, muss das letzte Kraftwerk abgeschaltet sein – deutschlandweit, aber natürlich auch in Berlin. Wir verfolgen weiterhin eine nachhaltige Divestment-Stra-tegie. Berlin hat mit dem Aktienindex der Solactive AG ein Vorbild entwickelt, das längst auf andere Bundesländer ausstrahlt. Für uns ist eine öffentliche Investitionspolitik auf nachhaltiger Basis zentral und der Senat soll auch private Unternehmen und Versorgungswerke für ethisches und fossiles Divestment werben. Solche mutigen aber machbaren Schritte erwarten wir auch von der Bundesregierung.

Berlin ist bislang das einzige deutsche Bundesland, das die Bedingungen für eine Mitgliedschaft in der internationalen Allianz der Kohleausstiegsländer und -regionen erfüllt. Die Allianz orientiert sich am Pariser Klimaabkommen und der Klimawissenschaft und verlangt daher einen verbindlich geregelten Kohleausstieg bis 2030 in allen Industrieländern. Wir werden dafür sorgen, dass Berlin Mitglied in der Powering Past Coal Alliance wird, um damit sowohl international als auch in Deutschland ein starkes Zeichen zu setzen.

Gleichzeitig hat der Ausbau der Erneuerbaren Energien für uns höchste Priorität. Als Stadtstaat hat Berlin dabei andere Voraussetzungen als ein Flächenland – wir wollen vor allem die vorhandenen Potenziale endlich nutzen und legen ein besonderes Augen-merk auf den Ausbau der Solarenergie. Dieser Ausbau ist die wichtigste Aufgabe der Berliner Stadtwerke, die wir vom Bonsai-Stadtwerk zu einem ernstzunehmenden Player im Energiesektor weiterentwickelt haben. Damit machen wir uns unabhängig von Vattenfall und Co. Denn Energie ist in unseren Augen keine Ware, mit der man einen möglichst hohen Gewinn erzielen darf, sondern gehört zur Daseinsvorsorge. Wir wollen, dass alle Menschen sich Ökostrom leisten können. Wer in Berlin kommunal Ökostrom beziehen will, wechselt zu den Stadtwerken. Dabei setzen die Berliner Stadtwerke auch auf sogenannten „Mieterstrom“ und machen Berlin somit deutschlandweit zur Spitzenreiterin dieses Modells der Energiewende. Gemeinsam mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften haben sie die Mieterstromplattform gegründet, um noch mehr Projekte umzusetzen. Mit einer dieser Wohnungsbaugesellschaften entsteht gerade Europas größte Mieterstromanlage. So können auch die Mieter*innen von der preiswerten Öko-Energie auf dem „eigenen“ Dach profitieren. Leider hat die Bundesregierung erneut die Rahmenbedingungen für Mieterstromprojekte verschlechtert. Das Land Berlin hat deshalb eine Bundesratsinitiative zur Anpassung des Mieterstromgesetzes eingebracht, denn dieses wichtige Instrument für die Energiewende in Städten muss vielmehr befördert anstatt ausgebremst werden. Die Bundesregierung hingegen hat mit ihrem Energiesammelgesetz wieder einmal bewiesen, dass ihr Vision und Weitblick beim Ausbau der Erneuerbaren vollständig fehlen. Alle wichtigen Entscheidungen, wie zum Beispiel die langfristige Sicherung der Ausbaupfade für Solar- und Windenergie, wurden vertagt. So gefährdet die Bundesregierung unsere Zukunft fahrlässig und nimmt – neben massiven finanziellen Schäden – bewusst Klima-Kriege, -Flucht und andere Katastrophen in Kauf!

Mit dem Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK 2030) haben wir einen ambitionierten Plan vorgelegt, um Berlin zur klimaneutralen Stadt zu entwickeln. Ein Schwerpunkt liegt für uns in Berlin auf dem Ausbau der Solarenergie. Berlin hat ein Photovoltaikpotential von mindestens 4 Gigawatt – genug um 25% Prozent der hier verbrauchten Energie quer über alle Sektoren (Strom, Wärme und Verkehr) bereitzustellen. Mit modernen und intelligenten Lösungen wie zum Beispiel gebäudeintegrierter Photovoltaik sowie vielen weiteren Anstrengungen sind bis zu 12 Gigawatt machbar. Intelligent gekoppelt mit anderen erneuerbaren Quellen wie Geothermie und Windenergie aus der näheren Umgebung haben wir genug Potenzial, um den Großteil der hier verbrauchten Energie auch hier zu erzeugen.

Unser Ziel ist es, möglichst viel von diesem Potenzial möglichst schnell zu nutzen. Ein wichtiger Baustein hierfür ist der Masterplan Solar City, mit dem noch im ersten Halbjahr 2019 kurz-, mittel- und langfristige Ziele zum Ausbau der solaren Energieversorgung in Berlin konkretisiert und die Umsetzung geeigneter Maßnahmen geplant werden sollen, um den Solarausbau deutlich zu beschleunigen und das Potential möglichst zügig voll auszuschöpfen.

Wir wollen den Ausbau der Erneuerbaren auf das von den Pariser Klimazielen, insbesondere der Begrenzung der globalen Erderwärmung auf 1,5°C, vorgegebene Tempo beschleunigen. Anlagen fallen aber nicht vom Himmel. Damit sich in Berlin überhaupt ein Netz aus Handwerksbetrieben, Unternehmen und anderen Umsetzer*innen bilden kann, braucht es Planungssicherheit – und einen gleichermaßen ambitionierten und machbaren Ausbaupfad. Wir fordern ambitionierte politische Ausbauziele und eine deutliche Beschleunigung des Solarausbaus auf Basis des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms sowie des derzeit erarbeiteten Masterplans Solar City. Dabei sind die wissenschaftlichen Untersuchungen zum Potential der Solarenergie in Berlin zu berücksichtigen und eine zügige Ausnutzung möglichst aller Dachflächen zu ermöglichen bis das Photovoltaik-Potenzial von Berlin erreicht ist. Der Masterplan Solar City, der derzeit von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe erarbeitet wird, soll konkrete Ausbauziele und einen Zeitplan zur Erreichung des Photovoltaik-Potenzials nennen. Klar ist aber auch: Mit dem Klima lässt sich nicht verhandeln. Deshalb muss bis 2025 mindestens ein Drittel des Potentials ausgeschöpft sein.

Die große Koalition auf Bundesebene behindert an vielen Stellen den Ausbau der Photovoltaik. Wir können aber nicht auf andere politische Mehrheiten im Bund warten. Wir müssen jetzt handeln. Deshalb werden wir alles politisch Mögliche tun, um den oben skizzierten Ausbau auch umzusetzen. Das umfasst den Abbau bürokratischer Hemmnisse, eine einheitliche Planung – und vieles mehr. Grundsätzlich muss gelten: Vorfahrt für saubere Energie. Zudem sollte Berlin seine Spielräume maximal ausnutzen. Wir schlagen dazu die Einrichtung einer „Solar Task Force“ als Koordinierungsstelle zur Umsetzung vor.

Das Potential von Solar-Energie und dezentraler Versorgung zeigt sich auch im "Schutz der Kritischen Infrastruktur": Wir wollen, dass Solar-Energie-Anwendungen Berliner*innen mehr Sicherheit und Nachhaltigkeit bei besserer Lebensqualität bieten können, besonders in Ergänzung mit anderen "autarken Energie-Systemen" oder als "virtuelles Kraftwerk". Deshalb wollen wir entsprechende Forschungsansätze und Pilotprojekte unterstützen.

Und weil für uns Energiewende immer auch Bürger*innen-Energiewende heißt, freuen wir uns, dass die Deutsche Gesellschaft für Solarenergie mit der Unterstützung der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe ein Beratungszentrum für Solarenergie in Berlin aufbaut. Hier sollen sich alle Bürger*-innen über die Möglichkeiten von Solarenergie informieren können. Das Solarzentrum wird aber auch aktiv auf die Menschen und Unternehmen in der Stadt zugehen, um sie für die Solarenergie zu gewinnen. Dabei spielen für uns einzelne Bürger*innen genauso eine Rolle wie Baugruppen, Genossenschaften, andere Hauseigentümer*innen oder Investor*innen. Aber auch Wirtschaft, Handel und Gewerbe wollen wir gezielt ansprechen, zum Beispiel mit integrierten Energie- und Klimaschutzkonzepten in Gewerbegebieten – denn nur gemeinsam kann die Energiewende in Berlin gelingen. Gleichzeitig sind wir uns der Vorbildwirkung der öffentlichen Hand bewusst und werden hier verstärkt auf Solarenergie setzen. Nicht zuletzt wollen wir die Forschung zu Erneuerbaren an Universitäten und einschlägigen Instituten noch stärker fördern.

Wir gestalten deshalb die Energiewende zusammen mit Initiativen, Interessenverbänden und der Stadtgesellschaft. Egal ob bei der Machbarkeitsstudie zum Kohleausstieg, dem Klimaschutzrat, der von außen den BEK Prozess begleitet, oder dem Wirtschaftsdialog Energie, eins ist klar: Um die Energiewende in Berlin erfolgreich umsetzen, brauchen wir alle Akteur*innen mit an Bord.

Stromwende ist noch keine Energiewende

Wenn Berlin komplett mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt werden soll, dann gelingt das nur, wenn wir gleichzeitig auch Wärme und Verkehr dekarbonisieren – und dabei die Sektoren intelligent koppeln. Denn gerade die urbane Energiewende gelingt nur quer über alle Sektoren.

So bedeutet eine komplette Energiewende auch die Wende im Bereich der Wärmeversorgung. Mit der Machbarkeitsstudie zum Kohleausstieg prüfen wir, wie schnell Kohle auch als Wärmequelle im Fernwärmenetz ersetzt werden kann. Dabei wollen wir den größtmöglichen Anteil an Erneuerbaren haben. Das ist eine große Herausforderung – doch wir stellen uns ihr!

Fossiles Gas kann für uns lediglich für einen sehr begrenzten Übergangszeitraum die Nutzung erneuerbarer Wärme ergänzen. Fracking-Gas, das bei seiner Förderung zu massiven Umweltschäden führt, ist für uns dabei keine Alternative zur Kohle. Den Import für die Berliner Fernwärme lehnen wir kategorisch ab. Auch jenseits des Fernwärmenetzes wollen wir auf erneuerbare Wärme setzen. Entsprechend der Maßnahme im BEK sollen integrierte Quartierskonzepte für Bestand und Neubau initiiert, entwickelt und umgesetzt werden.

Hauseigentümer*innen benötigen in der Regel Hilfestellung bei der Auswahl und Planung erneuerbarer Heizungsanlagen. Das im BEK vorgesehene Bauinformationszentrum muss deshalb schnellstmöglich realisiert und zum Dienstleister für erneuerbare Wärmetechnik entwickelt werden. Dem erfolgreichen Beispiel Baden-Württembergs folgend wollen wir beim Austausch von Heizungsanlagen einen Mindestanteil erneuerbarer Wärme vorschreiben.

Bei der Sektorenkopplung kommt uns die Sondersituation Berlins zugute; sie stellt sich wesentlich einfacher dar als im ländlichen Raum. Gebäude, Stadtentwicklung, Wirtschaft, Verkehr und private Haushalte mit ihren diversen Energiebedarfen denken wir zusammen. Wir wollen mit einem schlauen Mix erneuerbarer Energien die verschiedenen Bedarfe für Strom, Wärme und Verkehr decken. Solar spielt dabei die wichtigste Rolle, aber auch die Entwicklung der Windenergie dürfen wir nicht aus den Augen verlieren. Genauso wichtig sind aber auch die Entwicklung der Geothermie sowie die Nutzung von Abwärme und der in Berlin anfallenden Biomasse – auch hier müssen wir Potenziale besser ausschöpfen.

Neue technische Möglichkeiten, um Erzeugung und Verbrauch intelligent in Einklang zu bringen wollen wir mitdenken– also zum Beispiel Batterien, Autos oder Wärmespeicher zu füllen, wenn sonst kaum Energie benötigt wird. Dass dabei der Datenschutz gewährleistet sein muss, ist für uns Bündnisgrüne eine Selbstverständlichkeit.

Was ist zu tun?

In Berlin wollen wir konkret dafür sorgen, dass Solarenergie auf jedes Dach – und sobald möglich, auch an jede Fassade – kommt. Dabei stehen Dachbegrünung und Photovoltaik nicht in Widerspruch; wir wollen dafür sorgen, dass diese beiden Maßnahmen sinnvoll kombiniert werden. Bei Neubauten wollen wir das gesetzlich verbindlich regeln und für Bestandsbauten soll dies im Rahmen von z.B. Umbauten oder Sanierungen als nicht-umlagefähige Maßnahme vorgeschrieben werden. Hierfür wollen wir im Zuge der Novellierung der Berliner Bauordnung oder des im Koalitionsvertrag vereinbarten Energiewendegesetzes erste Schritte gehen.

Egal ob Kalifornien oder Tübingen: Solar wird zum Standard. Dies muss bei der Bauplanung bereits mitgedacht werden – zum Beispiel bei Gebäudeausrichtung und Statik. Das schließt eine Dach- oder Fassadenbegrünung nicht aus – wir begrüßen es, wenn beides kombiniert wird.

Um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von Solarenergie auf Landesebene zu verbessern, wollen wir Förderinstrumente prüfen, etwa zinsgünstige Darlehen oder Zuschüsse für Solaranlangen und -speicher sowie die ergänzende Förderung von Mieterstrom und Unterstützung von Solar-Contracting.

Gleichzeitig müssen wir an den Gebäudebestand ran. Nur wenn wir die bestehenden Gebäude in Berlin nach und nach mit Solaranlagen ausstatten, können wir den Energiebedarf decken. Gleichzeitig ist Solarenergie nicht nur sauber, sie ist auch billig. Daher ist es eigentlich selbstverständlich, dass eine Solar-Pflicht weder bei Neubau noch bei Nachrüstungen im Bestand zu einer Belastung für Mieter*innen führen darf. Ökologie und Gerechtigkeit müssen wir auch weiterhin zusammen denken und werden es nicht zulassen, dass Klimaschutz und Mieterschutz gegeneinander ausgespielt werden. Wir wollen CO2-freies Heizen und Kühlen voranbringen und gleichzeitig den Mieterschutz stärken – es darf nicht passieren, dass Menschen sich aufgrund einer energetischen Sanierung ihre Wohnung nicht mehr leisten können! Ein Klimawohngeld wie im Bericht der Enquetekommission „Neue Energie für Berlin“ empfohlen, kann hier ein geeignetes Modell sein. Auf Landesebene unterstützen wir die Einführung eines Klimabonus, der es auch ALG II-Bezieher*innen ermöglichen soll, in energetisch sanierten Wohnungen zu wohnen. Zudem wollen wir eine Clearingstelle schaffen, die Mieter*innen bei der Einschätzung hilft ob eine angekündigte energetische Sanierung auch tatsächlich Energie einspart und sie im Streitfall auch juristisch berät.

Insbesondere bei den landeseigenen Gebäuden wollen wir voran gehen. Anders als die Bundesregierung, die mit dem Gebäudeenergiegesetz ausgerechnet die öffentliche Hand vom KfW-Standard ausnimmt, sind wir uns der Vorbildfunktion der Gebäude in öffentlicher Hand bewusst. Wir müssen aber auch anerkennen, dass die öffentliche Hand ihrer Vorbildfunktion noch nicht gerecht wird. Für Bezirke, landeseigene Unternehmen und die Verwaltung insgesamt ist der Solarausbau weiterhin noch keine Selbst-verständlichkeit – das wollen wir ändern! Das Schulneubau- und Sanierungsprogramm ist eines der größten Bauvorhaben des Landes Berlin. Wir wollen, dass Solaranlagen dabei zur Pflicht werden und keine neugebaute Schule ohne Solaranlage errichtet wird. Das schützt nicht nur das Klima, sondern kann bei entsprechender Einbettung in den Unterricht oder außerunterrichtliche Aktivitäten einen wichtigen Beitrag zur Umweltbildung leisten. Damit wird der Klimaschutzgedanke bereits in der Schule transportiert. Auf allen neuen und sanierten Schulen wollen wir – sofern keine intensive Dachbegrünung oder soziale Nutzung geplant wird – eine Kombination aus Solar und extensiver Begrünung.

Aber auch über neue und außergewöhnliche Ideen wollen wir nachdenken. Ein mit Solarzellen überdachter Radweg oder Solarbrücken wie die Kennedybrücke in Bonn könnten auch in Berlin Sinn machen.

Für eine erfolgreiche Energiewende bilden unsere europapolitischen Forderungen nach einer stärkeren Beachtung der Menschenrechtssituation in den Herkunftsländern der Rohstoffe in der EU-Außenhandelspolitik, nach transparenten Lieferketten und nach einer Förderung der Recycling- und Ressourceneffizienz innerhalb der Europäischen Union einen wichtigen Rahmen. In Berlin wollen wir ergänzend die Forschungseinrichtungen stärken, die sich mit diesen Aspekten der Energiewende beschäftigen. Außerdem wollen wir weiterhin verstärkt Mittel in die Erforschung von energieeffizienten und -suffizienten Lösungen – auch im Bereich der Digitalisierung – investieren. Es reicht nicht mehr, die Energiewende nur als rein technologische Frage zu betrachten. Um die sozialen und ökologischen Verwerfungen, die mit dem Ressourcenabbau einhergehen einzudämmen, ist es auch notwendig den Energiebedarf langfristig zu senken. Das bedeutet, dass wir neben einer Transformation der Produktionsprozesse auch immer die Veränderung der Konsummuster der Stadt- und Umlandbevölkerung im Auge behalten und durch gezielte politische Maßnahmen unterstützen müssen.

Doch um die Energiewende zum Erfolg zu führen, müssen wir nicht nur in Berlin, sondern auch auf Bundesebene ansetzen: Die gesetzlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssen endlich so angepasst werden, dass sie die Energiewende nicht mehr behindern, sondern befördern. Dazu müssen auch die entsprechenden Förderinstrumente wie zum Beispiel im Bereich der energetischen Gebäudesanierung gestärkt und CO2 entsprechend der Belastung, die es für das Klima darstellt, bepreist werden. Wir streiten für ein gerechtes und effizientes System der Abgaben und Umlagen im Energiebereich, wobei die Reformen grundsätzlich so ausgestaltet werden sollten, dass die Verbraucher*innen in ihrer Gesamtheit nicht höher belastet werden und die soziale Verträglichkeit gewahrt wird.

Dank Bündnisgrün tut sich endlich was

In Sachen Energiewende und Klimaschutz versagt die Bundesregierung seit Jahren. Aber auch das Land Berlin hat zu lange geschlafen. Mit Bündnis 90/Die Grünen in der Regierung ändert sich das; zuerst in Berlin, aber dank Bundesratsinitiativen und Druck auf die Regierung hoffentlich auch bald deutschlandweit. Nicht alles lässt sich von heute auf morgen realisieren, aber die wichtigen Weichen haben wir in den vergangenen zwei Jahren bereits gestellt und werden die nächsten Jahre weiter ehrgeizig daran arbeiten, Berlin zur klimaneutralen Stadt zu machen.