Wärmewende Berlin: Auf neue Akteur*innen kommt es an!

04.05.24 –

Beschluss auf der Landesdelegiertenkonferenz:

Berlin hat sich das Ziel gesetzt, bis spätestens 2045 klimaneutral zu werden. Um das 1.5°- Ziel oder auch nur ein 2°-Ziel zu erreichen, ist es nötig dieses Ziel deutlich früher zu erreichen. Für Berlin ist das eine große Herausforderung, denn der Gebäudesektor ist in unserer Stadt nach wie vor für fast die Hälfte der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Ca. 98 Prozent der Berliner Wärme wird immer noch fossil erzeugt.

Die Wärmewende ist aber nicht nur ein Gebot des Klimaschutzes. Wärme aus regenerativen Quellen garantiert Energieunabhängigkeit und sorgt für Preisstabilität, da die Preisschwankungen fossiler Energieträger immer weniger ins Gewicht fallen.

Diese Wärmequellen müssen mittelfristig zuverlässig verfügbar sein, damit die Haushalte, Behörden und Unternehmen ihre darauf basierenden Heizungsinvestitionen mit Planungshorizonten tätigen können, die auch ihre Abschreibung ermöglichen. Die Wärmewende ist eine umfassende und langfristige Aufgabe für die gesamte Gesellschaft und benötigt eine hohe Priorität und Geschwindigkeit, ausreichende Kapazitäten auf Senats- und Bezirksebene sowie klare Leitlinien. Darüber hinaus müssen neue Akteure unterstützt und funktionale Strukturen aufgebaut werden. Bund und Land müssen den Markt für die Wärmewende gestalten (Marktdesign). Dazu gehören klare Rahmenbedingungen für Geschäftsmodelle, Innovation und Verbraucherschutz.

 

Wärmeplanung für Berlin: Wir brauchen ökologische, wirtschaftlich tragfähige und bezahlbare Energieinfrastrukturen

Im vergangenen Jahr ist auf der Bundesebene viel passiert: Die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG – auch „Heizungsgesetz“) und das Wärmeplanungsgesetz (WPG) sind verabschiedet. In letzterem werden Großstädte mit über 100.000 Einwohner*innen dazu verpflichtet, bis zum 1. Juli 2026 eine erste Wärmeplanung vorzulegen. Das ist weitaus mehr als ein Wärmekataster! Die Wärmeplanung wird Aussagen treffen, welche Gebiete sich für Wärmenetze und welche sich für dezentrale oder andere Formen der Wärmeversorgung eignen. Ab Mitte 2026 gilt für diese Gebiete dann das GEG, – also die Vorgabe, dass bei einem Heizungstausch die neue Heizung mit mindestens 65% erneuerbarer Wärme betrieben werden muss.

In den Gebieten, in denen jetzt schon Fernwärmenetze liegen, gibt es verbindliche Dekarbonisierungsvorgaben an die Betreiber: Sie müssen bis 2045 klimaneutral sein. Bis 2030 müssen die bestehenden Wärmenetze zu 30 Prozent und bis 2040 zu 80 Prozent auf erneuerbarer Wärme oder unvermeidbarer Abwärme basieren, neue Wärmenetze ab 2025 zu mindestens 65%.

Wir wollen, dass in der Wärmewendestrategie für Berlin nicht nur theoretische Potenziale benannt werden, sondern Ressourcen für ökologische, wirtschaftlich tragfähige und bezahlbare Energieinfrastrukturen mobilisiert werden. Dazu gehören auch neue Akteure und Strukturen: Betreiber von erneuerbaren Energieanlagen und dezentralen Nahwärmenetzen, z.B. Bürgerenergiegenossenschaften/Energiegesellschaften, zur Einbindung der Bürgerschaft. Angesichts des hohen Investitions- und Finanzierungsbedarfs sollen neben öffentlichen und gemeinwohlorientierten Investitionen auch weiterhin private, gewinnorientierte Investitionen ermöglicht werden. Allerdings ist es wichtig, die passenden Investor*innen mit geduldigem Kapital und moderaten Gewinnausschüttungserwartungen einzubinden. Um dies zu gewährleisten, fordern wir die rechtliche Prüfung, ob und wie ein Gewinnausschüttungsdeckel für leitungsgebundene Infrastruktur und andere Bereiche der Daseinsvorsorge gestaltet werden kann. Die bestehenden Institutionen der (fossilen) Wärmeversorgung müssen so umstrukturiert werden, dass sie die Ziele erfüllen und eine Zusammenarbeit mit neuen Akteuren gelingt. Und selbstverständlich muss die Wärmestrategie durch eine Energieeffizienzstrategie (Gebäudemodernisierung) ergänzt werden.

 

Die Berliner Gebietskulisse

Für jede Kommune stellt sich in der Wärmeplanung zuerst die Frage: Wo machen Wärmenetze Sinn und wo dezentrale Versorgungsgebiete? Jede Technik soll am richtigen Ort zum Einsatz kommen: Wärmepumpen vor allem in Ein- und Zweifamilienhäusern, Nahwärme in verdichteten Quartieren und Kleinsiedlungen mit Riegelbauten aus den 1920er, 30er und 50er Jahren oder auch in Großsiedlungen. Und dekarbonisierte Fernwärmenetze nutzen wir im verdichteten Innenstadtbereich, wo sie bereits anliegen oder wo sie sinnvoll erweitert werden kann. Neue Wärmenetze werden kleiner sein als die bestehenden Fernwärmenetze und in erste Linie dort geplant werden, wo es eine verdichtete Wärmeabnahme und gleichzeitig erneuerbare Wärmequellen oder Abwärmepotenziale gibt, also etwa in der Nähe von Rechenzentren oder Abwasserkanälen. Eine der großen Herausforderungen ist: Wie gelingt es, die bestehenden fossilen Infrastrukturen (bestehende Fernwärme und Erdgasnetz) so umzubauen, dass die genannten Ziele erreicht werden? Diese Frage kann nicht unabhängig von der Frage nach den zukünftigen Betreibern beantwortet werden.

 

Dezentrale Gebiete: Die Wärmepumpenoffensive

Die aktuellen Planungen der zuständigen Senatsverwaltung sieht vor, dass bis Anfang 2026 eine Wärmeplanung 1.0 vorgelegt wird. Bereits 2025 soll eine verkürzte Wärmeplanung veröffentlicht werden, in der Gebiete aufgeführt sind, die nicht für den Wärmenetzausbau in Frage kommen Für Gebiete außerhalb der Wärmenetze brauchen wir eine Wärmepumpenoffensive.

Ca. 10% der Berlinerinnen und Berliner leben in Ein- und Zweifamilienhäusern. In der ganz überwiegenden Zahl dieser Häuser sind Wärmepumpen die ideale Lösung, um das Haus zu heizen. Viele dieser Häuser werden von Eigentümer*innen selbst bewohnt. Sie können selbst die Entscheidung treffen, eine moderne, umweltfreundliche Heizung einzubauen und profitieren von langfristig niedrigeren Energiekosten.

Das novellierte GEG ermöglicht es, verschiedene Heizungen mit einem Anteil erneuerbarer Wärme von 65 % einzubauen. In vielen Fällen werden Heizsysteme auf Basis von Wärmepumpen die sinnvollste und kostengünstigste Lösung sein. Der Einbau von Wärmepumpen wird von der Bundesregierung gefördert. Landesförderungen müssen dies möglichst ergänzen. Komplementär zum Bund soll das Land die Anreize zur energetischen Sanierung und besonders zum Heizungstausch mit eigenen Förderprogrammen erhöhen.

Bis zur Wiederholungswahl hat das Land Berlin mit dem Programm "Effiziente GebäudePLUS" den Heizungstausch und energetische Gebäudemodernisierungen gefördert. Der schwarz-rote Senat hat dagegen erst einmal alles auf Eis gelegt. Wir fordern eine sofortige Neuauflage von Landesförderprogrammen als Anreiz für Hausbesitzer.

 

Bestehende Fernwärmenetze – Rekommunalisierung ist noch keine Dekarbonisierung!

Ein Drittel der Berliner*innen sind an das große Fernwärmenetz angeschlossen, das bisher Vattenfall gehörte, weitere ca. 7 Prozent an die Fernwärmenetze anderer Betreiber. Die schwarz-rote Koalition hat Fakten geschaffen und den Kauf von Europas größtem Fernwärmenetz für 1,4 Mrd. € von Vattenfall besiegelt. Wir Grüne befürworten die Rekommunalisierung der Fernwärme.Ob der hohe Preis angemessen ist, ist jedoch fraglich. Es muss in jedem Fall sichergestellt werden, dass die Wärmenetze schnell nachhaltig dekarbonisiert werden.

Wir fordern, dass das Fernwärmenetz von einer eigenständigen öffentlich kontrollierten Wärmenetzgesellschaft betrieben wird, die eine konsequente Dekarbonisierungsstrategie verfolgt. Vattenfall hat es innerhalb von fast acht Jahren nicht geschafft, einen plausiblen Fahrplan für Klimaneutralität bis 2045 vorzulegen. Klimaneutralität hauptsächlich auf Basis von Wasserstoff und Biomasse sind nicht nachhaltig. Eine Dekarbonisierung muss unseres Erachtens auf vielfältigen und insbesondere auch dezentralen Technologien basieren, z. B. durch den Einsatz von Großwärmepumpen, die unvermeidbare Abwärme, Fluss- und Abwasserwärme, Solarthermie sowie, wenn möglich, tiefe Geothermie nutzen und ins Fernwärmenetz einspeisen. Ein weiterer Faktor werden saisonale Speicher sein. All dies ist bei der Bauleitplanung zu berücksichtigen. Für den klimaneutralen Umbau der gesamten Energieinfrastrukturen (Wärme und Strom) wird eine intensivere Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg nötig sein - wir setzen uns für eine gemeinsame Energie-Metropolregion ein, von der beide Länder profitieren. Wir wollen prüfen, ob eine mögliche Unterteilung in kleinere Netzabschnitte die Dekarbonisierung erleichtert. Darüber hinaus wollen wir prüfen, ob und wie, z.B. über das Energiewendegesetz, eine Trennung vom Wärmenetz und Erzeugungsanlagen (sog. „Unbundling) sowie die Schaffung eines Marktes für die dezentrale Einspeisung von regenerativer Wärme möglich und sinnvoll ist.

Ziel ist außerdem eine schrittweise Absenkung der Betriebstemperaturen in den Wärmenetzen. Das erleichtert die Einbindung erneuerbarer Wärmequellen sowie nicht vermeidbarer Abwärme und reduziert Verteilungsverluste. Die Voraussetzungen dafür sollen durch eine Koordination der energetischen Modernisierung des Gebäudebestands mit der Wärmenetzentwicklung geschaffen werden.

Vor einer Erweiterung des zentralen Fernwärmenetzes muss die Umsetzung einer ökonomisch und ökologisch machbaren Dekarbonisierungsstrategie sichergestellt sein.

 

Kein Einstieg des Landes Berlin bei der GASAG

Das Erdgasverteilnetz ist nicht sinnvoll dekarbonisierbar und wird in großen Teilen mittel- bis langfristig nicht mehr gebraucht. Grüner Wasserstoff wird in absehbarer Zeit zu kostbar und zu teuer sein, um ihn in sogenannten Wasserstoffnetzausbaugebieten für die dezentrale Gebäudewärme einzusetzen. Wenn Gaskund*innen in den kommenden 10 bis 15 Jahren auf Wärmepumpen oder Nah- und Fernwärme umstellen, wird der parallele Betrieb des Erdgasnetzes sehr teuer. Die Stilllegung des Erdgasnetzes muss spätestens bis 2045 erfolgen. Wir fordern, dass das Land Berlin über Bundesratsinitiativen die Bemühungen unterstützt, einen sicheren Rechtsrahmen und eine verlässliche Zeitplanung für den Erdgasaussteig zu schaffen, der die bisherigen Kunden vor immensen Preissteigerungen schützt.

Den vom Senat geplanten Einstieg Berlins in die GASAG als Anteilseigner lehnen wir ab. Wir sehen nicht wie der Senat sicherstellen kann, dass mit den privaten Anteilseignern E.on und Engie innerhalb einer Aktiengesellschaft gewährleistet werden kann, dass die Interessen Berlins und die damit verbundenen nötigen Investitionen um die Wärmewende voranzubringen klar vor den Gewinninteressen der Privaten steht. Darüber hinaus lehnen wir eine Reprivatisierung der eben rekommunalisierten Fernwärme im Rahmen eines Einstiegs bei der GASAG ab. Für eine ernstgemeinte Dekarbonisierung braucht das Land größtmöglichen Einfluss. Bei einer möglichen Rekommunalisierung des Erdgasverteilnetzes im Rahmen eines Konzessionsverfahrens übernähme das Land Berlin die Aufgabe, das Netz nach und nach stillzulegen, von einem privaten Unternehmen.

Wir sehen mit der begrenzten zeitlichen Nutzung für das Gasnetz keine sinnvolle Rolle für das Land Berlin, weil das Netz in Zukunft keinen Ertragswert mehr haben und es sich um "stranded assets" handeln wird. Große finanzielle Ressourcen Berlin werden bereits für die Dekarbonisierung des Fernwärmenetzes gebraucht, es gibt keine Spielräume für stranded assets. Wir schätzen daher die Risiken einer Übernahme des Erdgasverteilnetzes durch das Land Berlin als zu hoch ein. Stattdessen fordern wir den Senat auf, sich bei der GASAG für die Übernahme der dort gehaltenen 25 Prozent Anteilseignerschaft an der Berliner Energieagentur (BEA) zu bemühen. Die rekommunalisierte BEA soll im Auftrag des Landes Berlin öffentliche und private Akteure unabhängig mit dem Zielen der Energiewende und der Dekarbonisierung der Energieinfrastrukturen beraten.

 

Grüne Nahwärme braucht auch nicht-gewinnorientierte Akteure

Um die Wärmewende zu schaffen, müssen außerhalb der Versorgungsgebietes der Fernwärme dezentrale Nahwärmenetze neu gebaut werden. Je niedriger die Temperatur, desto besser können regenerative Wärme aus Solarthermie, nachhaltiger Biomasse und Umweltwärme sowie Wärmespeicher eingebunden werden. Wärmenetze auf mittlerem Temperaturniveau eignen sich auch gut, um Überschüsse regenerativer Stromerzeugung in Form von Wärme zu speichern. Sie sind damit eine integrierte Energieinfrastruktur der Zukunft, die die Sektoren Strom und Wärme sinnvoll koppeln. Erfahrungen mit solchen Netzen gibt es bisher in Berlin nur in Neubaugebieten. Wir wollen auch im Bestand Nahwärmeprojekte initiieren und zum Erfolg führen. Für diese braucht man Geschäftsmodelle, sowie geeignete Standorte und Akteure.

Geeignete Standorte sollen im Rahmen der Wärmeplanung als Potenzialgebiete identifiziert werden. Der Betrieb von Nahwärmenetzen soll neben gewinnorientierten Betreibern auch gemeinwohlorientierten und sozialen Unternehmen ermöglicht werden. Wir wollen besonders die Initiativen, die in den Gebieten außerhalb des Fernwärmenetzes Nahwärmegenossenschaften bzw. andere Formen gesellschaftliche getragener Energiegemeinschaften gründen wollen, durch finanzielle und organisatorische Maßnahmen unterstützen. Durch ein Bündel von Maßnahmen soll erreicht werden, dass Initiativen die Chance haben, Teil der Wärmeinfrastruktur zu werden: Nahwärmegenossenschaften mit einer Erfolgsperspektive erhalten einen Gründungszuschuss für die Vorlaufkosten (z.B. Machbarkeitsstudien, Vertragsgrundlagen, Information und Beratung). Die landeseigenen Gesellschaften für die Wärmewende entwickeln organisatorische und finanzielle Hilfen, um es Initiativen zu ermöglichen, neue Wärmenetze umzusetzen (z.B. Informationsseiten, Abrechnungsservice, fachliche Beratung, institutionelle Partnerschaften, Bürgschaften).

Die Bezirksämter müssen als Ansprechpartner der Initiativen unverzüglich zu einer handlungsfähigenpolitischen Steuerungsebene für die Wärmeplanung und Umsetzung von Quartierslösungen ausgebaut werden. Das betrifft sowohl die Ausstattung mit Personal als auch was Finanzen und Kompetenzen angeht. Die Landesebene muss die entsprechenden Unterstützungen zur Verfügung stellen, damit auf bezirklicher Ebene Unterstützungsstrukturen für Nahwärmeinitiativen geschaffen bzw. verstetigt werden können.

Um Nahwärmeprojekte wirtschaftlich zu machen, sollen die Bezirke, das Land Berlin und der Bund ihre Liegenschaften an geeigneten Standorten im Einzugsgebiet der Netze als Ankerkunden eingebringen. Zur Umsetzung und Koordination der bezirklichen Wärmewende sollen in den Bezirken Wärmewendemanager*innen eingestellt werden. Um Nahwärmeprojekte wirtschaftlich zu machen, sollen die Bezirke an geeigneten Standorten öffentliche Liegenschaften im Einzugsgebiet der Netze als Ankerkunden ein bringen. Ankerkunden haben häufig einen hohen Energiebedarf und stabilisieren dadurch die Netzinvestitionen wirtschaftlich. Wir wollen die administrativen Hemmnisse dafür beseitigen. Die Flächen von öffentlichen Liegenschaften können außerdem gut zur Erschließung von regenerativen Energiequellen genutzt werden.

Neue Wärmenetze erfordern hohe Anfangsinvestitionen, die durch langfristige Kredite finanziert werden können. Der Schuldendienst kann aus den Nutzungsentgelten geleistet werden.

Das Marktdesign soll Effizienz, Zuverlässigkeit, Bezahlbarkeit und die Teilhabe der Bürgerschaft gewährleisten. Wir wollen nicht gewinnorientierte Unternehmen wie Nahwärmegenossenschaften und bürgerschaftliche Energiegesellschaften unterstützen, da sie Akzeptanz für die Wärmewende schaffen und ökonomische Vorteile bringen können. Das Stadtwerk und die Berliner Energie und Wärme AG sollen als gemeinwohlorientierte Unternehmen zudem weiter ausgebaut und gegebenfalls zusammengeführt werden, um Synergien zu erschließen. Gewinne aus der Fernwärme sollen konsequent für die Dekarbonisierung und die Stabilisierung der Wärmepreise eingesetzt werden.

Oberflächennahe Geothermie ist eine der wenigen in Berlin gut nutzbaren erneuerbaren Wärmequellen. Für die Nutzung von Geothermie eignen sich in Berlin auch sogenannte kalte Netze, die die Wärme des Grundwassers verteilen. Die Genehmigung dieser Projekte soll erleichtert werden. Dazu muss die Wasserschutzbehörde mit entsprechendem Personal ausgestattet werden. Bei den entsprechenden Pilotprojekten soll ein Monitoring zum Grundwasserschutz durchgeführt werden.

Der Leitfaden "Klimaschutz und Bebauungsplanung" muss schnellstmöglich umgesetzt werden. Für Neubaugebiete soll eine Anschluss- und Benutzungspflicht für erneuerbare Nahwärme festgelegt werden. Wir fordern den Senat auf sich über den Bundesrat für eine Regulierung von Wärmenetzen auch bezüglich der Preisgestaltung einzusetzen.

 

Energie ist kostbar – heute mehr denn je – sparen wir sie ein!

Für die Wärmewende ist das Einsparen von Energie ein zentraler Baustein. Nur wenn wir es schaffen, unsere Wohnungen mit weniger Energie zu heizen, haben wir eine reelle Chance, die Wärmewende erfolgreich zu gestalten.

Um beim Heizen Energie zu sparen muss außer der Modernisierung der Heiztechnik vor allem der Wärmeverlust der Häuser deutlich reduziert werden. Die Sanierungsquote muss zügig deutlich gesteigert werden und sollte möglichst bald 3% erreichen – der Fokus sollte auf Gebäudetypen liegen, die bei der Sanierung noch stark hinterher hinken. Zusätzlich müssen Anreize gegeben werden, einfache, gering investive und schnell umsetzbare Maßnahmen zu realisieren, wie z.B. eine verbesserte Regelung der Heizanlagen oder die Dämmung von obersten Geschoss- und Kellerdecken.

Dazu brauchen wir eine bessere Information der Bewohner*innen und Eigentümer*innen sowie mehr Handwerkerinnen und Handwerker. Hauseigentümer*innen, die ihr Haus energetisch modernisieren wollen, wollen wir mit einer Informationskampagne und einer kostenlosen Initiativberatung unterstützen. Die bestehenden Fördermaßnahmen des Bundes sollen mit geeigneten Fördermaßnahmen des Landes flankiert werden, das bisherige Programm EffizienteGebäudePLUS wird dazu angepasst. Zur vertiefenden Beratung sollen unter anderem im Bauinformationszentrum praxisnahe Lösungen und Good-Practice Beispiele aus Berlin aufbereitet werden. Das Bauinformationszentrum soll zudem mit dem Solarzentrum zusammengelegt werden. Gemeinsam mit bestehenden und zukünftigen Akteuren der Wärmewende sowie den Bezirken soll eine schlagkräftige und bürgernahe Information und Beratung zur Wärmewende sichergestellt werden.

Wir wollen, dass die öffentliche Hand mit gutem Beispiel vorangeht und die energetische Modernisierung der öffentlichen Gebäude in Landes- und Bezirkseigentum schnell umgesetzt.

Wir wollen, dass der Artenschutz bei der energetischen Modernisierung von Anfang an mitgedacht wird. Maßnahmen des Animal-Aided Design müssen zum Standard, und Vollzugsdefizite beim Natur- und Artenschutz beseitigt werden. Dazu sind sowohl entsprechende Aufsichts- als auch Beratungskapazitäten erforderlich, damit Bau- und Modernisierungsmaßnahmen tierfreundlich umgesetzt werden – mit positiven Wirkungen für eine lebendige Stadtnatur.

 

Mehr Hände für die Wärmewende

Damit das Energiesparen und die Sanierung nicht am Mangel kundiger Hände scheitern, wollen wir eine Aus-, Fortbildungs- und Gründungsoffensive mit der Industrie, Kammern und Innungen anschieben. Zweitausbildungen, Fortbildungen, Umschulungen und Unternehmensgründungen sollen erleichtert und gefördert werden, auch als Teil einer umfassenderen Transformationsstrategie (d.h. gezielte Ansprache von Menschen in Berufen, die zukünftig in geringerem Umfang oder gar nicht mehr benötigt werden).

In Zusammenarbeit mit Vertretern der Bedarfsträger, Wohnungsverbänden, Kammern und Betrieben muss geprüft werden, welche Bedarfe für Qualifikationsprogramme bestehen. Anschließend müssen niedrigschwellige Weiterbildungen gestärkt werden, die auch neben der Arbeit im Betrieb möglich sind. Ungelernte sollen über Aufstiegsqualifikationen besser in Handwerksberufe eingebunden werden. Die schulische Berufsorientierung muss so ausgerichtet werden, dass sie Schüler*innen stärker für klimapositive Handwerksberufe interessiert. Wir wollen Berufsschullehrer*innen in die Bewerbung dieser Berufe einbinden. Wir wollen Geflüchtete mit Interesse an Handwerksberufen gezielt fortbilden. Die Qualifikationen zugewanderter Fachkräfte, die Wissen im SHK- und Elektrobereich mitbringen, sollen unbürokratischer anerkannt werden.

 

Die Wärmewende sozial gestalten

Die Wärmewende muss sozial gerecht geschehen. Nirgendwo zeigt sich der Zusammenhang zwischen ökologischer Wende und sozialer Gerechtigkeit so eng wie bei der Wärmewende. Keine Mieterin und kein Mieter darf aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen aus seiner Wohnung verdrängt werden. Gleichzeitig ist die Modernisierung von Wohnungen und Häusern und die Umstellung auf erneuerbare Energien und Technologien der beste Weg, um Energie einzusparen und damit verlässliche und bezahlbare Energiekosten sicherzustellen.

Viele Wohnungen in Berlin sind aktuell in der Hand von großen privaten Wohnungskonzernen, die Einnahmen aus den Mieten an ihre Aktionäre ausschütten, statt die energetische Sanierung zu beschleunigen. Zur langfristigen Stabiliserung des Berliner Wohnungsmarkes und zur Sicherung einer guten sozialen und grünen Infrastruktur streben wir an, dass nach dem Vorbild der Stadt Wien mindestens 50 Prozent aller Wohnung in Berlin in gemeinwohlorientierter Hand sind. Das erhöht sowohl die Möglichkeiten, die Mieten auf einem niedrigeren Niveau zu halten, als auch die energetische Sanierung zu beschleunigen.

Wir fordern Preistransparenz und Preiskontrolle für alle Nah- und Fernwärmeanbieter und in der rekommunalisierten Fernwärme. Dort darf höchstens in geringem Maße mit hohen Verlusten hergestellter und damit teurer Wasserstoff mit unkalkulierbaren Preisrisiken für die Wärmekunden eingesetzt werden.

Wir fordern den Senat auf, ein Mietermodernisierungsprogramm aufzulegen, mit dem Mieter*innen dabei unterstützt werden, mit geeigneten Maßnahmen in ihren Wohnungen den Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser zu senken.

Den Senat fordern wir weiterhin auf, sich in einer Bundesratsinitiative dafür einzusetzen, dass die Bundesregierung die anstehenden Projekte zur sozialen Abfederung/Gerechtigkeit der Energiewende umsetzt. Mit dem Klimageld bekommen alle Bürger gleichermaßen Geld aus dem CO2- Handel zurück, so dass Preiserhöhungen beim Energieverbrauch teilweise rückerstattet werden. Im Mietrecht muss daher eine gerechte Verteilung der Investitions- und laufenden Kosten für die Wärmewende nach dem Drittelmodell verankert werden.

Die Landesregierung soll einen besonderen Mieter*innenschutz bei den Landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU) durch ein Kündigungsmoratorium einführen. Die LWU sollen beauftragt werden, energetische Modernisierungen nach dem Drittelmodell durchzuführen. Im Gegenzug werden sie von der Gewinnabführungsverpflichtungen befreit.

 

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Lebenswerte Stadt