10.08.20 –
Wir haben viele Entwicklungen innerhalb der Justiz angestoßen, um sie nachhaltiger und effizienter zu gestalten. Reformen benötigen zu ihrer Umsetzung aber oft mehr Zeit als 5 Jahre, da zu lange schon zahlreiche notwendige Neuerungen in der Justiz versäumt worden sind.
Meilenstein 2035: Bessere Arbeitsbedingungen in der Justiz
Die Mitarbeiter*innen in der Berliner Justiz arbeiten effektiver, unter gesunden Arbeitsbedingungen und gehen ihrem Beruf gerne nach. Dadurch und durch andere Maßnahmen werden die Rechtsschutzmöglichkeiten der Menschen verbessert und der Krankheitsstand der Justiz-Mitarbeiter*innen nimmt ab. Die Gleichstellung in der Justiz ist gewährleistet. Die Bezahlung hat sich an den anderen Bundesländern zu orientieren.
Maßnahme 2026: Personelle Stärkung der Justiz
Dazu werden wir mehr Personal einstellen und die Entwicklung des Personals weiter voranbringen. Dies ist erforderlich, damit Verfahren schneller ablaufen und so einen wirksamen Rechtsschutz sicherzustellen. Personal soll gerade dort eingesetzt werden, wo sich Verfahren aufgestaut haben.
In den nächsten 10 Jahren geht rund die Hälfte der Beschäftigten der Berliner Justiz in Pension, sodass wir den personellen Umbruch weiter vorantreiben
werden. Dabei geht es uns um eine nachhaltige Besetzung, damit in Zukunft nicht solche Personallücken entstehen, die uns die Einstellungspolitik der Vorgängerregierung beschert hat. Der Fokus ist auch auf Personalentwicklung legen, um dieses zu halten. Die Berliner Justiz muss ein attraktiver Standort sein.
Mitarbeiter*innen in der Justiz benötigen eine transparente Karriereperspektive, damit der Beruf für sie attraktiv ist. Beurteilungen haben möglichst unabhängig zu erfolgen. Alle Stellen sind grundsätzlich justizweit auszuschreiben.
Wir wollen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern. Daher darf es keine Nachteile mit sich bringen, wenn Mitarbeiter*innen Elternzeit in Anspruch nehmen. Zudem wollen wir flexible Arbeitszeitmodelle in der Justiz schaffen. Die Arbeitszeiten aller nicht richterlichen Mitarbeiter*innen wollen wir künftig erfassen, damit angefallene Überstunden ausgeglichen werden können. Zur Sicherstellung von Kinderbetreuungsmöglichkeiten für Mitarbeiter*innen mit Kindern werden wir Betriebskitas einrichten und Kooperationsvereinbarungen mit bestehenden Kitas im Umfeld von Justizstandorten abschließen.
Es muss auf die Besonderheiten der Berufsgruppen eingegangen werden. Jungen Proberichter*innen sollten z. B. transparente Möglichkeiten eröffnet werden, in der Gerichtsbarkeit oder in dem Bereich innerhalb der Staatsanwaltschaft zu arbeiten, in der ihre fachliche Präferenz liegt. Einschlägige Vorerfahrungszeiten sollten großzügig auf die Probezeit angerechnet werden. Auch der Quereinstieg von Anwält*innen soll vereinfacht werden, da die Berliner Justiz enorm von der Kompetenz von berufserfahrenen Anwält*innen profitieren kann.
Der Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz ist weiterzuentwickeln, um den Krankenstand zu verringern. Arbeit in der Justiz ist oft herausfordernd und mit Stress verbunden. Daher wollen wir einen stärkeren Personalaustausch in der Justiz auf allen Ebenen fördern (vor Allem im Strafvollzug) und die Supervision ausbauen. Wer jahrelang in dem gleichen Beruf arbeitet, kann eine einseitige Perspektive entwickeln und die Motivation verlieren.
In der gesamten Justiz ist die digitale Infrastruktur weiter zu stärken und weiter zu entwickeln. Erste Schritte wurden gegangen, aber uns wurde ein enormes Defizit von der Vorgängerregierung hinterlassen.
Die elektronische gerichtliche Akte ist in dieser Legislaturperiode einzuführen. Dazu muss das Justizpersonal mit entsprechenden mobilen Geräten ausgestattet werden und ausreichende sichere Zugriffsmöglichkeiten auf die digitalen Strukturen haben. Gerade die Corona-Krise hat gezeigt, dass es dringend erforderlich ist, dass das Justizpersonal mobil arbeiten kann. Aber auch um einen modernen Arbeitsalltag zu ermöglichen sind solche Geräte unumgänglich. So wollen wir die Arbeit im Homeoffice in der Justiz ausweiten. Dabei sind auch die sog. Folgedienste (insb. Servicestellenmitarbeitenden) zu berücksichtigen. Die Arbeit der Justiz wird so nicht nur familienfreundlicher, sondern auch effektiver. Auch können Frauen so besser gefördert werden.
Der Einsatz digitaler Medien in Gerichtsverfahren ist, unter strenger Beachtung der Prozessgrundsätze, auszuweiten. Wir wollen Video-Dolmetschen in Gerichtsverhandlungen ermöglichen, damit die Verfügbarkeit von Dolmetscher*innen verbessert wird. Dies ist sehr relevant, insbesondere für Asylverfahren, da es für einige Sprachen nur sehr wenige Dolmetschende gibt, die so flexibler einbezogen werden können und damit ebenfalls die Qualität der Übersetzung gesichert werden kann.
Neben der digitalen Ausstattung sind die Arbeitsbedingungen und – Mittel vor Ort in den Gerichten weiter mit besonderem Fokus auf einen gesunden Arbeitsplatz weiterzuentwickeln.
Maßnahme 2026: Interdisziplinäre Arbeit fördern
Um die Arbeit der Justiz weiter effektiver zu gestalten, müssen Akteure in der Justiz gut mit sozialen Trägern, wie der Bewährungshilfe und
Jugendgerichtshilfe, vernetzt sein. So kann nicht nur Kriminalität besser verfolgt werden, sondern es wird auch sichergestellt, dass problematische Strukturen besser erkannt werden. Dies macht es erforderlich, dass in allen Teilen der Justiz die interdisziplinäre Zusammenarbeit und Vernetzung der Akteur*innen weiter gefördert und weiterentwickelt wird. Dies funktioniert im familiengerichtlichen Bereich bereits gut, ist aber noch ausbaufähig, wohingegen die Zusammenarbeit im strafrechtlichen Bereich noch deutlich verbessert werden
kann. Dazu bedarf es regelmäßiger Fortbildungen aber auch eine Institutionalisierung der Zusammenarbeit unter hohen datenschutzrechtlichen
Standards. So wollen wir u. A. ein Haus des Jugendstrafrechts und ein Resozialisierungsgesetz etablieren.
Maßnahme 2026: Gleichstellung und Vielfalt in der Justiz voranbringen und leben
Auch der richterliche und staatsanwaltschaftliche Dienst muss so vielfältig sein, wie die Berliner Bevölkerung. Sowohl bei der Einstellung als auch bei Beförderungen ist dies als zentrales Ziel zu verankern. Dies ist mit der Steigerung der Diversity-Kompetenz zu verbinden. Diese ist verbindlich als beurteilungsrelevante Kompetenz zu verankern und regelmäßig und nachhaltig zu fördern.
Mehr als die Hälfte der Berliner Richter*innen und Staatsanwält*innen sind Frauen. Trotzdem ist die Mehrzahl der Beförderungsämter von Männern besetzt. Dies muss sich ändern. Bei Beförderungsvorgängen mit mehreren freien Beförderungsstellen, sind die Vorschlagslisten für den Richterwahlausschuss zu quotieren. Richterliche Spruchkörper und Führungsfunktionen in der Staatsanwaltschaft sind paritätisch zu besetzen. Auch bei der Besetzung von Positionen an den Bundesgerichten sollte Berlin mindestens zur Hälfte Frauen vorschlagen und sich im (Bundes-)Richterwahlausschuss für eine paritätische Besetzung der freiwerdenden Stellen einsetzen.
Die Interessen von Frauen und Minderheiten in der Justiz sind weiter gezielt zu fördern und die Förderung zu institutionalisieren. Nachdem das Berliner Richtergesetz in der vergangenen Legislaturperiode evaluiert wurde, werden wir die gewonnenen Erkenntnisse umsetzen. Wir wollen eine gewählte richterliche Frauenvertreterin, welche die Interessen der Richterinnen effektiv umsetzen kann. Wir wollen evaluieren, wie die Interessen von Menschen mit Migrationshintergrund in der Berliner Justiz besser berücksichtigt werden können.
Die Berliner Justiz hat kritisch zu evaluieren, wo der Zugang für bestimmte Bevölkerungsgruppen zu Justiz erschwert oder wo und warum das Fortkommen von Mitarbeiter*innen durch Diskriminierung erschwert wird.
Das LADG ist eine große Errungenschaft und wir werden dieses in der Justiz flächendeckend umsetzen und kontinuierlich fortentwickeln. Dies ist durch Forschungsvorhaben zu flankieren, wie etwa den bereits etablierten Berlin Monitor, der in Zukunft den Fokus noch stärker auf diskriminierende Strukturen in Berlin legen wird.
Maßnahme 2026: Rechtsschutz verbessern
Die bauliche Struktur der Berliner Justiz ist weiter zu modernisieren. Dies bedeutet zum einen die flächendeckende energetische Sanierung, zum
anderen der Neubau von Justizstandorten, wie in Marzahn oder am Campus Moabit, um den Beschäftigten und Rechtssuchenden moderne Bedingungen zu bieten. Die Justiz muss bürgernah erreichbar sein, dies betrifft auch die Sozialen Dienste der Justiz. Der Zugang zu Justiz muss barrierefrei und möglichst niedrigschwellig sein. Justizangebote müssen in mehreren Sprachen zu Verfügung stehen und die Fremdsprachenkompetenz in der Justiz ist zu stärken.
Vielen Menschen ist nicht klar, welche Rechte sie haben. In justiziellen Fortbildungen ist daher darauf einzugehen, wie diesen Menschen die
Teilnahme an Verfahren und der Zugang zur Justiz erleichtert werden kann. Die Zugangsmöglichkeiten zur Justiz sind zu evaluieren und darauf
aufbauend zu verbessern. Interkulturelle Kompetenzen der Mitarbeiter*innen sind zu stärken.
Viele Menschen müssen besser über Rechtsschutzmöglichkeiten informiert werden, insbesondere Menschen mit eingeschränkten finanziellen
Möglichkeiten und eingeschränkter Bildung. Dazu sind mehr Beratungsangeboten barrierefrei und möglichst niedrigschwellig zur Verfügung zu stellen, die sich an den Bedürfnissen der Betroffenen orientieren.
Die außergerichtliche Streitbeilegung in allen Teilen der Justiz muss gestärkt und weiterentwickelt werden, da viele Konflikte außerhalb von
Gerichten, ggf. mit Unterstützung von Mediator*innen, besser und nachhaltiger gelöst werden können. Gerade in strafrechtlichen Verfahren
machen viele Beschuldigte in legitimer Weise von ihrem Recht zu schweigen Gebrauch. Dies verhindert aber eine Aufarbeitung von Konflikten und Opfer fühlen sich nach den Gerichtsverfahren nicht ernstgenommen und haben oft weiter Angst. Dies kann insbesondere durch eine außergerichtliche Streitbeilegung wie den Täter/Opfer Ausgleich verbessert werden.Darüber hinaus sollte auch im Verbund mit anderen Bundesländern ein digitales gerichtliches Verfahren für Kleinstbeträge entwickelt und erprobt werden, um den Zugang zu staatlichem Rechtsschutz auch bei Streitigkeiten mit geringem Streitwert zu erleichtern.
Meilenstein 2035: Opferschutz stärken
Jede dritte Frau hat Gewalterfahrungen. Viele Menschen klagen über Diskriminierungserfahrungen und Angriffe. Der Opferschutz muss daher weiter verbessert werden, damit sich die Menschen sicher fühlen. Dazu sind Angebote zu verstetigen, wie beispielsweise die Gewaltschutzambulanz, und weiter auszubauen, wie der proaktive Ansatz beim Opferschutz.
Maßnahme 2026: Kinderschutz, Kinderrechte und stärken
Wir werden den Kinderschutz und Kinderrechte stärken und Maßnahmen zum Gewaltschutz verbessern. Auch hier sind Ressourcen interdisziplinär in einem Childhood House zu bündeln. Maßnahmen des Gewaltschutzes wie Beratungsangebote sind auszubauen und die Kompetenzen der Beratenden bzgl. besonderer Bedürfnisse von LSBTQI und anderen Menschen mit Diskriminierungserfahrungen sind weiterzuentwickeln.
Um häusliche Gewalt zu mindern müssen Beratungsstellen, Frauenhäuser und Zufluchtswohnungen durch mehr Personal und den Ausbau von Online-Angeboten gestärkt werden, vor Allem, um die Erreichbarkeit zu verbessern.
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