Ein grünes Gesundheitsnetzwerk für Berlin – von Prävention bis zur Versorgung und von der Geburt bis ins hohe Alter

02.04.22 –

vorläufiger Beschluss auf der Landesdelegiertenkonferenz:

Gesundheit ist weit mehr als die reine Abwesenheit von Erkrankung. Gesundheit befähigt uns, uns sozialen, emotionalen und physischen Herausforderungen zu stellen. Gesundheit hängt ab von Vorsorge, um Erkrankungen vorzubeugen. Und Gesundheit braucht auch gesunde Lebensbedingungen: von der Luft, die wir atmen bis zur Nahrung, die wir essen. Gesundheit ist ein Querschnittsthema, das alle Politikfelder betrifft. Für Gesundheitsschutz braucht es deshalb auch Armutsbekämpfung, Verbraucher*innenschutz, bessere Lebensbedingungen und eine wirksame Umweltpolitik.

Die Pandemie hat allen Menschen in Berlin, in Deutschland und global deutlich gemacht, wie wichtig ein gut ausgestattetes und für alle Menschen zugängliches Gesundheitswesen ist. Gute Ausstattung betrifft dabei nicht nur die materiellen Bedingungen, sondern insbesondere auch die personellen Ressourcen in allen Bereichen der Gesundheitsversorgung. Bereits vor der Pandemie bestehende Probleme wie Personalmangel, fehlende Digitalisierung und Investitionslücken sind in den letzten Jahren für uns alle deutlich sichtbar geworden. Diese Probleme anzugehen und zu lösen ist die Grundlage für eine soziale und chancengerechte Gesellschaft, in der sich alle Menschen darauf verlassen können, dass sie überall in der Stadt Zugang zu einer qualitativ hochwertigen und bedarfsgerechten Krankheitsvorsorge und -versorgung haben. Wirtschaftliche Interessen von Akteur*innen im Gesundheitswesen dürfen dieser bedarfsgerechten Versorgung nicht im Weg stehen.

Unsere Ziele sind Gesundheitsgerechtigkeit und Chancengleichheit, so dass jede*r Berliner*in egal welchen Alters, welcher Herkunft und Religion, welcher sexuellen Identität und Orientierung, unabhängig vom sozialen Status, ob vorerkrankt, ob mit Behinderung oder ohne oder anderen Voraussetzungen ein möglichst hohes Maß an Gesundheit und Lebensqualität erfährt und selbstbestimmt leben kann. Gesundheitsversorgung muss niedrigschwellig und vor Ort vernetzt sein – überall in Berlin. Nur so werden die Möglichkeiten der gesundheitlichen Vorsorge und Versorgung allen Berliner*innen bekannt und auch von allen gleichermaßen in Anspruch genommen werden können.

Für eine gute Versorgung der Berliner*innen haben wir bereits in der letzten Wahlperiode viel getan. Wir haben die Investitionen in die Krankenhäuser auf den Bundesschnitt angehoben und werden unseren Beitrag sukzessive weiter erhöhen. Wir haben zudem dafür gesorgt, dass Babylots*innen auf allen Geburtsstationen der Berliner Krankenhäuser Eltern beraten und begleiten. Wir wollen, dass das Essen im Krankenhaus besser und gesünder wird, wir setzen auf regionale, saisonale und nachhaltige Ernährung – am Bett wie in der Kantine.

Besonders wichtig war für uns, allen Berliner*innen Zugang zur gesundheitlichen Versorgung zu ermöglichen. Daher unterstützen wir Menschen ohne Krankenversicherung dabei sich zu versichern. Zudem können sich durch unseren Einsatz endlich auch Menschen ohne gültigen Aufenthaltstitel mit einem anonymen Krankenschein behandeln lassen. Damit ist Berlin das einzige Bundesland, in dem der Zugang zur hausärztlichen Versorgung so umfassend möglich ist. Diesen Weg möchten wir weitergehen, die Finanzierung der Clearing-Stelle durch das Land Berlin langfristig sichern und den Fonds, der die Behandlung von nicht versicherten Menschen ermöglicht, ausbauen. Um weitere Zugangsbarrieren für Menschen ohne Papiere abzubauen, setzen wir uns auf Bundesebene für die Abschaffung der Übermittlungspflicht nach § 87 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz ein.

Zudem wollen wir niedrigschwellige Angebote der sexuellen Gesundheitsversorgung wie etwa den Checkpoint BLN am Hermannplatz sicherstellen. Dieser bietet unter einem Dach Beratung, Tests sowie Präventions- und Behandlungsangebote zu sexuell übertragbaren Krankheiten. Zudem wollen wir digitale Angebote fördern oder schaffen, die einen niedrigschwelligen, Beitrag zur sexuellen Aufklärung leisten und dabei einen intersektionellen Ansatz verfolgen sowie insbesondere auf die Bedürfnisse von Frauen*, Jugendlichen und Menschen mit niedrigem Einkommen zugeschnitten sind.

 

Gesundheit in allen Lebenslagen

Eine gute gesundheitliche Versorgung ist diversitätssensibel. Wir wollen, dass die unterschiedlichen Bedürfnisse aller Menschen sowohl bei der Vorbeugung von Erkrankungen als auch in der Versorgung von erkrankten und pflegebedürftigen Menschen wahrgenommen und berücksichtigt werden.

Diskriminierungsfreie Gesundheit

Der Zugang zur Gesundheitsversorgung ist ein Menschenrecht. Doch noch immer erfahren viel zu viele Berliner*innen Diskriminierung im Gesundheitssektor. Wir werden medizinische Einrichtungen dabei unterstützen, bestehende Diskriminierungen abzubauen. Unser Ziel ist eine diversitätssensible Gesundheitsversorgung und Pflege in Berlin. Bisher haben Menschen mit einer Behinderung noch nicht überall die Wahlfreiheit, weil Barrieren sie am Zugang hindern. Menschen mit fehlenden deutschen Sprachkenntnissen haben Verständigungsschwierigkeiten. Häufig erleben Patient*innen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer geschlechtlichen Identität oder körperlicher Merkmale verbale Übergriffe, abwertende Bemerkungen und mangelnde medizinische Versorgung. So führt etwa der Zeit- und Effizienzdruck des Gesundheitspersonals häufig zur Ungleichbehandlung von älteren Patient*innen und Menschen mit Behinderungen oder bestimmten chronischen Erkrankungen, wie z.B. HIV, oft mit dem Ergebnis, dass ihnen der Zugang zu medizinischen Leistungen verweigert wird. Auch Gewichtsdiskriminierung führt zu schlechterer Versorgung. Oder aber die Offenlegung der geschlechtlichen Identität wirkt sich nachteilig auf die Interaktion von Ärzt*innen und Patient*innen aus. Wir werden uns daher für die Einrichtung einer Fachstelle gegen Diskriminierung im Gesundheitswesen einsetzen, um strukturelle Diskriminierungen abzubauen.

Berlin ist eine weltoffene Metropole mit Menschen aus unterschiedlichen Sprach- und Kulturräumen. Sie alle sollen im Gesundheitswesen gut versorgt werden. Dazu bedarf es fachlich qualifizierter Sprachmittler*innen in allen Sektoren der Behandlung. Wir werden darauf dringen, dass die im Bundeskoalitionsvertrag vereinbarte Sprachmittlung auch mit Hilfe digitaler Anwendungen im Kontext notwendiger medizinischer Behandlungen Bestandteil des Krankenversicherungsrechts nach SGB V wird und bald umgesetzt wird.

In Berlin haben sich überdies spezifische Beratungsangebote wie die "Interkulturellen Brückenbauer*innen in der Pflege – IBIP" bewährt, um den Zugang zu Leistungen der Pflege zu gewährleisten, indem sie in unterschiedlichen Sprachen die Pflegebedürftigen und deren Angehörige in Pflegestützpunkten über die Stadt verteilt beraten. Diese Leistungen werden wir, finanziert aus Mitteln der Sozialen Pflegeversicherung und aus Landesmitteln, weiterhin garantieren. Um eine diversitätssensible und diskriminierungskritische Pflege nachhaltig anzubieten, setzen wir uns dafür ein, dass entsprechende Schulungsangebote fester Bestandteil der Ausbildungscurricula und von Weiterbildungen werden.

Im Rahmen der Fast Track Cities-Initiative mit ihrem Ziel "95-95-95-0" wollen wir die HIVBeratungs- und Versorgungsstrukturen weiter stärken, die bestehenden Präventionsangebote und -kampagnen zielgruppenorientiert ausbauen, allen Berliner*innen unabhängig vom Geldbeutel Zugang zu Tests und Versorgung ermöglichen und Aufklärungskampagnen zur Entstigmatisierung durchführen. Für die Umsetzung der Maßnahmen braucht es zusätzlich eine Koordinierungsstelle der Fast Track City Initiative. Zudem werden wir uns für eine diskriminierungsfreie Pflegeversorgung älterer queerer Menschen einsetzen.

Geschlechtergerechte Gesundheit

Auf die spezifischen Bedürfnisse von Frauen und deren Ausprägung von Krankheitsmerkmalen muss das Gesundheitswesen mehr als bisher eingehen. Sie müssen Bestandteil der Ausbildung von Mediziner*innen und anderen Gesundheitsberufen werden. Wir werden prüfen, ob das Institut für "Gender in Medicine" an der Berliner Charité genügend Kapazitäten vorhält oder weiter ausgebaut werden muss, um in ausreichender Form den Bedarf von geschlechtergerechter Forschung und Lehre in Berlin abzudecken. Die Gesundheitsversorgung von Frauen und inter, nichtbinären sowie trans Personen werden wir verbessern. Sie muss vor allem diskriminierungsfrei sein. Wir setzen uns für intersektionale reproduktive Rechte ein. Dazu gehört, dass das Angebot an Gynäkolog*innen in allen Bezirken und der niedrigschwellige Zugang zur Geburtsvorbereitung - auch für den*die Partner*in oder eine andere Begleitperson – gesichert ist. Gefahrlose Schwangerschaftsabbrüche sowie eine Schutzzone vor Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen werden wir ermöglichen. Wir setzen uns dem Bund gegenüber für die Streichung des § 218 aus dem Strafgesetzbuch, für eine Aufnahme von Schwangerschaftsabbrüchen in den Katalog der kassenärztlichen Leistungen und dafür, dass jede ungewollt schwangere Person die Methode des Abbruchs frei wählen kann, ein. Die Bedingungen für sichere und gute Geburten sowie für eine bedarfsgerechte Nachsorge wollen wir verbessern, mit einer bedarfsgerechten Ausstattung, einer Erhöhung der Ausbildungskapazitäten sowie besseren Arbeitsbedingungen für Hebammen und einer digitalen Plattform, die die Suche nach Hebammen erleichtert. Babypflegekurse sowie spezielle Erste-Hilfe-Kurse für (Klein-)Kinder für Eltern und andere Angehörige sollen ausgebaut sowie bekannter und einfacher zugänglich gemacht werden. Wir setzen uns für die Einführung eines Berliner Programmes zur Endometriosefrüherkennung ein, das die integrierte, sektorenübergreifende Versorgung stärkt und die Dauer bis zur Diagnose im Land Berlin verkürzt.

Zur umfassenden Gesundheitsversorgung von Schwangeren gehört es auch, sie dann gut weiter zu versorgen, wenn die Schwangerschaft ungewollt vorzeitig endet. Die gute Versorgung durch Hebammen nach einer Fehlgeburt muss deshalb durch ausreichende Kapazitäten genauso sichergestellt werden wie die psychologische oder seelsorgerische Betreuung beider Eltern. Die hierfür bestehenden Strukturen wollen wir deshalb unterstützen und ausbauen und bekannter machen.

 

Gesund in jedem Alter

Die Gesundheitschancen von Kindern gilt es im besonderen Maße zu fördern und zu schützen. Dafür muss geprüft werden, wie die Inanspruchnahme der U- und J-Untersuchungen für Kinder noch weiter gesteigert und kranke und schwerkranke Kinder wohnortnah versorgt werden können. Kinder sind nicht bloß kleine Erwachsene. Die Behandlung von Kindern erfordert einen deutlich höheren personellen, technischen und zeitlichen Aufwand als jene von Erwachsenen und kann sich insbesondere im Bereich der Kindernotfall- und intensivmedizin im Fallpauschalensystem nicht rechnen. Die pädiatrische und intensivpädiatrische Versorgung in Kliniken muss bedarfsgerecht ausgebaut werden. Wir setzen uns dem Bund gegenüber für eine Zusatzfinanzierung der Kinder- und Jugendmedizin ein, die auch ausreichende Vorhaltekapazitäten berücksichtigt. Niedrigschwellige Beratungs- und Unterstützungsangebote für Kinder und Jugendliche müssen ausgebaut und vernetzt werden. Kinder sucht- und psychisch kranker Eltern sollen sich eigenständig Hilfe suchen können. Dafür werden niedrigschwellige Angebote bekannter gemacht.

Unser Ziel ist zudem, dass die Berliner*innen auch im hohen Alter ihr Leben möglichst gut und selbstbestimmt führen und dabei so lange wie möglich in ihrem eigenen Zuhause bleiben können. Daher werden wir Modellprojekte zur Prävention von Einsamkeit sowie Hilfs- und Kontaktangebote in den Bezirken fördern.

Dem Anspruch auf ein Leben in Würde folgt der Anspruch auf ein Sterben in Würde. Um einen würdevollen Umgang mit sterbenden Patient*innen und eine empathische Trauerbegleitung der Angehörigen sicherzustellen, setzen wir uns dem Bund gegenüber für mehr (Kinder-) Hospize, (Teil-) Palliativstationen, die Stärkung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) und einen höheren Personalschlüssel ein. Die Palliativ- und Hospizversorgung müssen weiter ausgebaut und diversifiziert werden. Und nicht nur im hohen Alter sterben Menschen.Gerade wenn Kinder lebensverkürzend erkrankt sind, ist die Begleitung des Kindes sowie der gesamten Familie in einem Kinderhospiz oder durch ambulante spezialisierte Kinder- Palliativversorgung von unschätzbarem Wert. Hier gilt es, die Kapazitäten auszubauen und möglichst wohnortnah zu ermöglichen. Die Kompetenzen in den Bereichen der Palliativ- und Hospizversorgung werden bereits in der Ausbildung vermittelt. Zusätzliche Schulungsangebote zum Umgang mit Betäubungsmitteln, sowie zu den eigenen Rechten bezüglich deren Verabreichung, schützen Patient*innen und Personal. Pflegepersonal der Palliativ- und Hospizversorgung braucht Zugang zu psychologischer Beratung und Seelsorge, sowie regelmäßige Reflexionsmöglichkeiten, um langfristig die eigene psychische Gesundheit zu schützen. Patient*innen und deren Angehörige müssen ausführlich über Krankheit und Behandlungsoptionen aufgeklärt werden, so dass Entscheidungen getroffen werden können, mit denen sie sich wohl fühlen. Hierfür wollen wir Aufklärungsprogrammen zu Patient*innenverfügungen und Vorsorgevollmachten anstoßen.

Zur Entlastung von pflegenden Angehörigen gehört der Ausbau von Tages-, Kurzzeit-, Nacht und Verhinderungspflege. Wir folgen damit dem Ansatz ambulant vor stationär. Dieser Grundsatz ist für uns auch für die Pflege von Menschen leitend, die nicht von Angehörigen gepflegt werden. Die Anzahl von Pflege-Wohngemeinschaften wollen wir beibehalten und bei Bedarf ausbauen. Die Pflege-Wohngemeinschaften sollen nach überprüfbaren Qualitätsindikatoren arbeiten. Darüber hinaus stärken wir Strukturen und Angebote, die es pflegebedürftigen Menschen ermöglichen, möglichst lange in ihrer Wohnung und der vertrauten Umgebung zu leben.

Zu einer guten Pflegepolitik gehört auch eine Ansprechperson in der Verwaltung, an die sich pflegende Angehörige, Pflegebedürftige oder Dienstleistungsanbieter wenden können, wenn Fragen oder Beschwerden zur Pflege bestehen. Wir haben uns daher im Koalitionsvertrag für eine*n Landespflegebeauftragte*n massiv eingesetzt. Eine wichtige Aufgabe der*des Landesbeauftragten besteht auch in der Aktivierung des Landespflegeausschusses. Damit wird die Chance genutzt, alle wichtigen Akteur*innen der Stadt zusammenzubringen.

 

Psychische Gesundheit

Fast alle Menschen haben durch eigene Betroffenheit oder als Angehörige im Laufe ihres Lebens Erfahrungen mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen. Viele Menschen haben in Berlin nicht erst seit der Pandemie große Schwierigkeiten, einen passenden Therapieplatz zu finden. Wir müssen daher das psychotherapeutische, psychosoziale und psychiatrische Versorgungssystem stärken und weiterentwickeln. Ein zentraler Bestandteil ist das Prinzip der lebensweltnahen, sozialraumorientierten Versorgung auf der Bezirksebene. Es müssen mehr Angebote zur Förderung psychischer Gesundheit und Prävention psychischer Erkrankungen geschaffen und die niedrigschwelligen Beratungs- und Begleitungsangebote des Psychiatrieentwicklungsprogramms gestärkt und zukunftsfest gemacht werden. Aufbauend auf einer durchzuführenden gesamtstädtischen Evaluation des Psychiatrieentwicklungsprogramms möchten wir einen Landespsychiatrieplan entwickeln, der zusammen mit dem "Landeskonzept Sucht" unter dem Dach eines Landesprogramms psychische Gesundheit vereint wird. Die sozialpsychiatrischen und kinder- und jugendpsychiatrischen Dienste wie auch die Psychiatriekoordination müssen in Ihren Aufgaben gestärkt werden. In der außerklinischen psychiatrischen Versorgung möchten wir für entgelt- und zuwendungsfinanzierte Angebote gemeinsam ein neues Finanzierungs- und Steuerungsmodell entwickeln und nach erfolgreicher Erprobung flächendeckend einführen. In der klinischen Versorgung soll das Prinzip "ambulant vor teilstationär vor stationär" beachtet und der begonnene Trend zur Ambulantisierung mit vorrangig teilstationären und/oder aufsuchenden Versorgungsangeboten konsequent fortgeführt werden. Der Trialog zwischen Psychiatrieerfahrenen, Angehörigen und Professionellen sowie der vermehrte Einbezug von Peers möchten wir fördern. Mit der Förderung von Fortbildungsangeboten wollen wir Personal zudem Zugang zu den teils signifikanten Erkenntnisgewinnen in vielen Bereichen der Wissenschaft erleichtern.

Das Krankenhaus des Maßregelvollzuges soll vermehrt in die gemeindepsychiatrischen Versorgungsstrukturen eingebunden und in der Ausstattung modernisiert werden. Eine enge Kooperation mit der Charité und der Versorgungsforschung wird angestrebt. Zwangsmaßnahmen sollen transparent dargestellt und weiter konsequent minimiert werden. Hierzu werden förderliche Bedingungen in allen Versorgungsbereichen geschaffen. Dazu gehört auch die Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen. Für Betroffene von Zwangsmaßnahmen schaffen wir niedrigschwellige Möglichkeiten, sich über ihre Rechte zu informieren. Den Zugang von Betroffenen, deren Rechte verletzt wurden, zu juristischer Unterstützung verbessern wir. Auch die Suizidprävention wollen wir stärken. Psychische Gesundheit steht paradigmatisch für Netzwerkarbeit aller Bereiche der medizinischen und nicht-medizinischen Versorgung. Wir unterstützen den Aufbau von interdisziplinären Netzwerken für eine bessere Zusammenarbeit im ambulanten, klinischen und außerklinischen Bereich.

Gesund und selbstbestimmt Leben

Gesundheitspolitik muss da wirken, wo Menschen leben, wo sie arbeiten, ihre Freizeit verbringen, zur Kita, in die Schule oder in andere Bildungseinrichtungen gehen. Studien haben in den vergangenen Jahren nachgewiesen, dass Grünflächen einen unmittelbaren Effekt auf das Wohlbefinden der Menschen haben. Ein grünes Lebensumfeld wirkt sich positiv auf die Fähigkeit zur Emotionsregulierung aus. Investitionen in eine intakte und vielfältige Stadtnatur schützen also das Klima und haben zugleich einen gesundheitsfördernden Effekt.

Gesundheitsfördernde Lebensbedingungen stehen allen Berliner*innen zu. Dazu gehören gute Wohnbedingungen, die Verringerung von Luftverschmutzung und Lärm, die Neuverteilung des öffentlichen Raums mit dem Ausbau sicherer und inklusiver Fuß- und Radwege bei gleichzeitiger Abkehr von der autogerechten Stadt, sowie der Zugang zu Parks und Grünanlagen mit Sport- und Erholungsmöglichkeiten.

 

Klimaschutz = Gesundheitsschutz

Die Klimakrise bedroht nicht nur den Planeten, sondern hat auch direkte Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen – und das schon heute. Hitze kann nicht nur Hitzestress und Erschöpfung auslösen oder zum Hitzschlag führen, sondern auch Vorerkrankungen verschlimmern. Im Hitzejahr 2018 sind allein in Berlin fast 500 Menschen mehr hitzebedingt verstorben als in durchschnittlichen Vergleichsjahren. Besonders betroffen waren ältere Menschen; die Mortalitätsrate stieg bis zu 50 Prozent an. Hitzewellen sind Extremwetterereignisse, vor denen vulnerable Gruppen frühzeitig gewarnt und ausreichend geschützt werden müssen. Wir setzen uns für die zeitnahe Einrichtung einer zentralen Koordinierungsstelle in der Senatsverwaltung für Gesundheit ein, die einen Hitzeaktionsplan für Berlin erstellt und analog zum Krisenmanagement im Katastrophenfall agieren kann.

Versiegelte Flächen und Fahrzeuge heizen die Stadt auf. Städte wie Berlin werden im Sommer zu Hitzeinseln, die bis zu 8 Grad heißer sind als das Umland. Gravierend ist die Situation in dicht besiedelten Innenstadtbereichen, in denen häufig Menschen leben, die von Armut betroffen sind. Daher wollen wir Berlin auch besser für Hitzewellen und Starkregenereignisse rüsten, um die Gesundheit der Bürger*innen zu schützen.

Das gelingt uns mit klugen Investitionen in die Stadtinfrastruktur und einer grundsätzlichen Prüfung der Klimaresilienz aller Infrastrukturmaßnahmen. Neue Vorgaben für Dach- und Fassadenbegrünung sowie eine höhere Förderung sollen für mehr Grün an den Gebäuden und damit für eine angenehme Kühlung durch Verdunstung sorgen. Wir wollen das Stadtgrün stärken und die Bewässerung und die Pflanzung von Straßenbäumen verbessern, um die Stadt zu kühlen und die Gesundheit der Menschen zu fördern. Wir wollen öffentlich zugängliche Brunnen an allen zentralen Haltestellen und stark frequentierten Orten aufstellen. Gerade an heißen Tagen muss jeder Mensch einfach und schnell Zugang zu Trinkwasser haben – unabhängig vom Geldbeutel. Um ein übermäßiges Aufheizen der Stadt zu vermeiden, wollen dafür sorgen, dass Berlin eine Schwammstadt wird: Bei allen neuen Bauvorhaben soll möglichst viel Regenwasser vor Ort im Boden versickern können, das speichert Wasser für trockene Zeiten. Bessere Versickerung, lebendiges Stadtgrün und kühlere Straßen gibt es allerdings nur, wenn wir endlich mehr Flächen entsiegeln. Wir wollen Berlins Verkehrsinfrastruktur in den nächsten Jahren durch Entsiegelung und Umwidmung neu gestalten und überall in der Stadt grüne Oasen mit Wasserbecken, Pocket Parks, Trink- und Spielbrunnen entstehen lassen, die Mensch und Flora und Fauna vor Hitze schützen. Bis 2030 soll eine Netto-Null-Versiegelung erreicht werden. Als Pilotprojekte und zur Veranschaulichung wollen wir nach dem Vorbild Wiens in Berlin mehrere "Kühle Meilen" etablieren. In diesen wird mit mehr Bäumen, Rank- und Kletterpflanzen, mit Trinkwasserbrunnen, Wasserspielen, Erfrischungsmöglichkeiten für Jung und Alt sowie entsiegelten Stellen und ausreichend Sitzgelegenheiten im Kiez eine Oase geschaffen. Sie sollen verkehrsberuhigt sein und eine hohe Aufenthaltsqualität haben. Wichtig ist, dass ein Aufenthalt nicht an einen Konsum gebunden ist und allen Menschen gleichsam zugutekommt.

Die Klimakrise bringt darüber hinaus noch viele weitere gesundheitliche Folgen mit sich. Krankheitsträger wie Zecken, Mücken und Sandfliegen werden sich durch die Erhöhung der durchschnittlichen Temperatur zunehmend in Deutschland ausbreiten und somit dazu führen, dass Krankheiten wie Malaria auch in Berlin auftreten. Zudem wird ein Anstieg an Allergien und allergischen Symptomen erwartet, weil sich Blütephasen verlängern und Überschwemmungen zu vermehrten Schimmelbildungen führen. Zudem werden vermehrt auftretende Naturkatastrophen als "Trigger-Ereignisse" zu Posttraumatischen Belastungsstörungen führen. Das hat besonders für Kinder Folgen, deren Immunsystem noch nicht vollständig ausgebildet ist. Die Einhaltung der 1,5 Grad Grenze des Pariser Klimaabkommens ist also auch aus gesundheitspolitischer Sicht von zentraler Bedeutung.

 

Lärm- und Luftbelastung

Menschen, die an besonders vom Verkehr belasteten Straßen wohnen, leiden häufiger an Lungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie an Diabetes. Dazu trägt neben der schlechten Luft auch die hohe Lärmbelastung bei. Deshalb ist die Verkehrswende nicht nur für den Klimaschutz wichtig, sondern auch für die Gesundheit der Menschen.

Schlechte Luft gehört weltweit zu den bedeutendsten Gesundheitsrisiken. Dabei sind vor allem Kinder von Luftverschmutzung betroffen. Zum einen, weil sie pro Kilo Körpergewicht mehr Feinstaub einatmen als Erwachsene und eine höhere Atemfrequenz haben. Zum anderen, weil sie mehr Zeit draußen verbringen und sich ihre Nasen näher an den Auspuffrohren von Fahrzeugen befinden.

Drei Viertel der Deutschen fühlen sich zudem durch Straßenverkehrslärm belästigt. Lärm kann zu Schlafstörungen, Herzinsuffizienz, Schlaganfällen und Herzinfarkten sowie psychischen Erkrankungen führen, Kinder können Lernschwächen entwickeln. Besonders stark leiden dabei Menschen, die dauerhaft mehr als einer Lärmquelle ausgesetzt sind, wie zum Beispiel einer viel befahrenden Straße und einer Bahnschiene. Und das sind vornehmlich Menschen mit geringem Einkommen. In Berlin leiden rund 250.000 Menschen unter gesundheitsgefährdendem Straßenlärm. Zu ihrem Schutz brauchen wir dringend eine Verkehrswende in der ganzen Stadt.

Eine Verringerung der Lärm- und Luftbelastungen schafft mehr Lebensqualität und Umweltgerechtigkeit in unseren Städten. Tempo 30 an so vielen Straßen wie möglich steigert nicht nur die Verkehrssicherheit, sondern reduziert auch die Abgas- und Lärmbelastung erheblich. Zudem brauchen wir mehr Radverkehr, mehr Elektromobilität und eine Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs. Allein die Einrichtung einiger Pop-Up-Radwege im Frühling 2020 hat bereits zu einer spürbaren Verringerung der Lärmbelastung geführt. Es gilt dringend weitere Maßnahmen zu ergreifen, die die Belastung minimieren. Deshalb wollen wir auch Fluglärm nachhaltig mindern, indem wir dafür sorgen, dass die Menschen in der Nacht in Ruhe schlafen können. Deshalb muss am BER ein striktes Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr gelten. Helfen können aber auch alle Maßnahmen, die das Verkehrsaufkommen insgesamt verringern, wie eine Stadt der kurzen Wege oder flexible Homeoffice-Regelungen.

 

Gesunde Ernährung

Mit der Berliner Ernährungsstrategie treiben wir die Ernährungs- und Agrarwende aktiv voran. Denn gesundes Essen für die gesamte Bevölkerung trägt dazu bei, Klima-, Biodiversitäts-, Bildungs-, Gesundheits- und soziale Ziele zu erreichen. Wir setzen uns dafür ein, dass Berlin seiner Vorreiterrolle als Klimagesundheitsstadt gerecht wird.

Daher wollen wir die Glasgow-Erklärung "Ernährung und Klima" unterzeichnen.

Wir wollen, dass gutes Essen für alle Berliner*innen unabhängig von der finanziellen Situation erschwinglich ist. Dafür werden wir in den ersten bis sechsten Klassen das Schulessen, das derzeit aus 50 % Bioanteil besteht, im Laufe der Legislatur auf 100 % Bioanteil ausweiten und auch die weiterführenden Schulen einbeziehen. Auch in Kitas, Krankenhäusern, Senioreneinrichtungen und öffentlichen Kantinen wird Berlin bis 2026 weitestgehend auf biologische, regionale und saisonale Lebensmittel umsteigen. Den elementaren Zusammenhang zwischen Ernährung, Klima und Gesundheit wollen wir aufgreifen. Unser Ziel ist dabei gesellschaftliches Wohlergehen innerhalb planetarer Grenzen. Wir wollen die pflanzliche Ernährung fördern und damit den Fleischkonsum deutlich reduzieren sowie faire Ernährungsumgebungen und den Tierschutz stärken. Dass dies möglich ist zeigen die Ergebnisse der EAT-Lancet Kommission. Deshalb setzen wir uns für eine gesunde, ausgewogene und schmackhafte Ernährung über die Lebensspanne ein, darunter auch ein Kita- und Schulessen, das den aktuellen wissenschaftlichen Empfehlungen entspricht.

In Zusammenarbeit mit Wirtschaft, Zivilgesellschaft und dem Land Brandenburg werden wir die Ernährungsstrategie fortführen und ausbauen. Das in Brandenburg entwickelte Qualitäts-Regio- Siegel für Produkte aus dem Umkreis wird Berlin verbindlich in seinen Vergaben für die öffentliche Gemeinschaftsverpflegung verwenden. Damit die Umstellung der Gemeinschaftsverpflegung gelingt, wird die Fortbildungseinrichtung "Kantine Zukunft" weitergeführt und ihre Arbeit so verstetigt, dass sie regelmäßig neue Küchen in ihr Umstellungsprogramm aufnehmen kann.

Die Wochen- und Großmärkte wird Berlin zu Zentren für regionale und biologisch angebaute Lebensmittel ausbauen. Mit der Einrichtung von wenigstens einem "LebensMittelpunkt" vor Ort in jedem Berliner Bezirk wird in enger Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Akteur*innen den Menschen vor Ort Zugang zu gutem, gesundem und erschwinglichen Essen ermöglicht und ein Ort des nachbarschaftlichen Zusammenlebens geschaffen.

An möglichst allen Schulen sollen Schulgärten etabliert und den Schulen Zugang zu Lehrküchen ermöglicht werden. Möglichst viele Schulen sollen zu "Ernährungsschulen" ("Food Schools") gemacht werden, in denen das Essen frisch gekocht wird und die Schüler*innen an der Zubereitung beteiligt werden. Mit einem zentral gelegenen "Food-Campus" wird in der Stadt ein Ort geschaffen, an dem Wissenschaft, Praxis, Bildung und fachpolitische Diskussionen von und mit der Zivilgesellschaft die Ernährungswende in Berlin vorantreiben.

Wir werden aktiv gegen Lebensmittelverschwendung vorgehen, Projekte und Initiativen unterstützen, die Lebensmittel retten und verteilen. Auf Bundesebene werden wir uns dafür einsetzen, dass abgelaufene Lebensmittel nicht mehr weggeworfen werden dürfen, sondern an Initiativen wie die Berliner Tafel oder Foodsharing abgegeben werden müssen und das "Containern" (Rettung entsorgter Lebensmittel aus den Mülltonnen von Supermärkten) zu entkriminalisieren.

 

Sport und Bewegung

Sport und Bewegung machen Spaß, ermöglichen Gemeinschaft und tragen maßgeblich zum Wohlbefinden bei. Wir wollen allen Berliner*innen ermöglichen, sich sportlich zu betätigen. Egal in welchem Alter, egal ob organisiert und regelmäßig oder nur ab und zu, das Sportangebot in Berlin soll alle Bedürfnisse abdecken und deshalb auch inklusive und barrierefreie Sportanlagen und Sportstätten beinhalten. Dabei ist unsere Vision für Berlin, dass Sport und Bewegung selbstverständlich in allen Bereichen mitgedacht werden: Sei es das Laufen im Park, eine Runde Tischtennis im Hof, Bouldern an der Einkaufscenter-Fassade oder Kicken in der Spielstraße. Dafür denken wir Sport und Bewegung auch in der Stadtplanung mit. Denn die Förderung von körperlicher Aktivität im Alltag ist ein sehr wichtiger Baustein, um die Bewegung insgesamt zu fördern. Dafür braucht es ausgebaute Sportstätten, sichere Fuß und Radwege, die Möglichkeit zur Bewegung in Parks und Grünflächen und eine bewegungsfreundliche Stadtumgebung. Sport und Bewegung beinhaltet auch Präventionsangebote und Rehabilitationsangebote für alle Bevölkerungsgruppen. Denn Sport und Bewegung ist der beste Schutz vor Krankheiten und der Rehasport stell das körperliche Wohlbefinden wieder her.
In Zukunft sollen die Angebote von Bewegungserziehung in Kitas ausgebaut werden und mehr Bewegungsanreize für alle Bevölkerungsgruppen geschaffen werden wozu auch ein umfassendes Schwimmangebot gehört.

 

Drogenpolitik

Beispielhaft für einen selbstbestimmten Umgang mit Gesundheit steht auch unser Ansatz für die Drogenpolitik. Der Konsum von Drogen gehört zur Lebensrealität in unserer Stadt. Dies gilt es anzuerkennen. Allein der jahrzehntelang erzwungene prohibitive Umgang mit gesellschaftlich weit verbreitetem und akzeptiertem Cannabiskonsum hat die Probleme auch in Berlin nicht entschärft, sondern verschärft. Wir Bündnisgrüne stehen für eine Neuausrichtung der Drogenpolitik: Statt Kriminalisierung und Stigmatisierung braucht es einen fakten- und evidenzbasierten Ansatz, der Menschen durch Prävention und Aufklärung schützt und damit Verbraucherschutz überhaupt erst möglich macht, Abhängigen unkompliziert Hilfe zukommen lässt und die Selbstbestimmung aller respektiert. Es braucht Aufklärung durch Bildungs- und Jugendeinrichtungen wie auch durch zielgruppenspezifische Projekte und Angebote. Jugend- und Gesundheitsschutz haben klar Vorrang vor Gewinninteressen. Die tödlichsten Drogen bleiben Tabak und Alkohol. Wir beurteilen Drogen nach ihrer Gefährlichkeit, deshalb gilt es nach dem Prinzip der harm reduction gefährlichen Konsum zu vermeiden und Konsumrisiken zu minimieren.

Mit einem Pilotprojekt zum Drug-Checking, das 2022 in die Umsetzung geht, machen wir einen wichtigen Schritt, um Konsument*innen vor gefährlichen und gepanschten Drogen zu schützen. Dieses wollen wir in einem zweiten Schritt mit mobilen Point-of-Care-Stellen weiter ausbauen. Auch den Zugang zu Drogenkonsumräumen wollen wir weiter verbessern. Die Suchthilfe muss stärker mit weiteren Angeboten der sozialen Arbeit (z. B. der Obdachlosenhilfe) und der Jugendhilfe verzahnt werden, um Menschen, die in Abhängigkeit geraten oder davon gefährdet sind, auch wirksam und langfristig zu helfen. Substitutionsprogramme, auch in Haftanstalten, sollen verstetigt und ausgebaut werden.

Wir sehen die angekündigte Legalisierung von Cannabis durch ein Cannabiskontrollgesetz durch den Bund als Chance und werden diese in Berlin zügig und umfassend umsetzen. Wir streben an, dass das erste lizensierte Fachgeschäft für Cannabis in Berlin eröffnet wird, sobald dafür die rechtliche Grundlage auf Bundesebene geschaffen wurde. Zudem befürworten wir die Möglichkeit des Eigenanbaus für den Selbstgebrauch. Außerdem treten wir für einen Amnestie aller wegen Cannabis gefällten Verurteilungen ein. Darüber hinaus wollen wir die Entkriminalisierung vorantreiben. Dazu gehört, die Regelung zum Besitz geringer Mengen auf weitere Betäubungsmittel zu erweitern, wie dies bereits in mehreren anderen Bundesländern erfolgt ist. Auch wollen wir die Forschung auf dem Gebiet der psychoaktiven Substanzen stärken und damit der generellen Tabuisierung mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und evidenzbasierten Antworten entgegenwirken.

 

Gesunde Gesundheitsinfrastruktur

Die Pandemie hat unseren Blick auf bereits länger bestehende Herausforderungen im Gesundheitssystem gerichtet. Aber auch ohne Pandemie ist eine funktionierende und gut ausgestattete Gesundheitsinfrastruktur von elementarer Bedeutung für eine gesunde Gesellschaft und ein lebenswertes Berlin.

Wir unterstützen eine digitale, integrierte Versorgungsstruktur, die zukunftsoffen und patientient*innenorientiert gestaltet wird. Dabei fördern wir eine stärkere Vernetzung der verschiedenen Fachdisziplinen, um die Qualität in der Gesundheitsversorgung zu verbessern und Gesundheitskosten zu senken, sowie digitale Kooperationen und Informationsflüsse zwischen Versorgungsanbietern, um die Patient*innen direkt angemessen und ganzheitlich zu versorgen.

Wir wirken darauf hin, hohe IT-Sicherheitsstandards im gesamten Berliner Gesundheitswesen zu gewährleisten, indem wir die Rahmenbedingungen stetig auswerten, verbessern und an die aktuellen Gegebenheiten anpassen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir Expert*innen einstellen und ausbilden. Wir schaffen eine sicherheitsbewusste Arbeitskultur und steigern die Digitalkompetenz der im Gesundheitswesen beschäftigten Menschen, unter anderem durch adressatengerechte Ausbildungs- und Fortbildungsangebote. Wir stellen sicher, dass das Gesundheitswesen im Krisenfall einsatzfähig bleiben kann.

 

Öffentlicher Gesundheitsdienst (ÖGD) als "Networker" der Versorgung

Der ÖGD ist mehr als die dritte (statische) Säule des Gesundheitswesens. Er verbindet individualmedizinische mit gesellschaftsmedizinischen Ansätzen in den Bereichen des Gesundheitsschutzes, der Gesundheitshilfen, der Gesundheitsförderung und der Gesundheitskoordination unter Einbezug des Sozialraumes. Wir stehen für einen modernen Öffentlichen Gesundheitsdienst, der als gleichberechtigter Partner und Netzwerker im Gesundheitssystem wahrgenommen wird und eine wichtige Rolle als Garant für gesundheitliche Chancengleichheit einnimmt. Um dieser ihm zugedachten Rolle gerecht werden zu können, sollte geprüft werden, ob der ÖGD auch die Möglichkeit bekommen kann, bestimmte von ihm erbrachte Leistungen mit den Krankenversicherungen abzurechnen.

Der Öffentliche Gesundheitsdienst in den Bezirken muss als wichtiger Bestandteil der Daseinsvorsorge personell und in Bezug auf die IT-Ausstattung gestärkt und inhaltlich in den Bereichen Gesundheitshilfen, Gesundheitsschutz, Gesundheitsförderung und Gesundheitskoordination weiterentwickelt werden. Das ist eine der zentralen Lehren der Pandemie. Wir brauchen einen gut ausgestatteten ÖGD um besser auf zukünftige Pandemien vorbereitet zu sein. Der Pakt für den ÖGD hat hierzu eine gute Grundlage geliefert, deren Möglichkeiten es auszuschöpfen gilt. Schon jetzt ist allerdings klar, dass diese Möglichkeiten nicht reichen werden, um unsere Zielvorstellung eines modernen ÖGD zu erreichen. Wir werden uns daher auch weiterhin dafür einsetzen, dass der ÖGD die nötigen Ressourcen bekommt, um seine gegenwärtigen und zukünftigen Aufgaben zufriedenstellend erfüllen zu können. Um hierfür eine solide Planungsgrundlage zu haben, muss das Mustergesundheitsamt weiterentwickelt und angepasst werden.

Wir treiben die Digitalisierung der Gesundheitsämter gezielt voran, damit diese effizienter arbeiten können und ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen können. Damit dies gelingen kann, müssen strukturelle und technische Defizite in einem strukturierten Reformprozess evaluiert und behoben werden.

 

Gesundheit spielt sich im Sozialraum ab

Wir stehen für eine niedrigschwellige, vernetzte Gesundheitsversorgung vor Ort und eine bessere Verteilung der Angebote über die Stadt. Dabei ist es für die wohnortnahe ambulante Versorgung wichtig, dass die Kassensitze niedergelassener Ärzt*innen gerechter über die Stadt verteilt sind. Dazu werden wir die Gespräche mit Kassenärztlicher Vereinigung und Krankenkassen weiter führen. Außerdem werden wir das Prinzip des Stadtteil- Gesundheitszentrums, wie das Gesundheitskollektiv in Neukölln, in die verschiedenen Kieze Berlins exportieren. Ziel eines integrierten Stadtteil-Gesundheitszentrums ist, die Gesundheitsversorgung nicht nur medizinisch, sondern vor allem auch gesellschaftlich und sozialpolitisch zu gestalten. Denn die Lebensverhältnisse der Menschen haben einen großen Einfluss auf ihre Gesundheit. Stadtteil-Gesundheitszentren arbeiten in ausgewählten Sozialräumen, wirken integrativ in multiprofessionellen Teams und haben so die soziale Lebenssituation der Patient*innen fest im Blick. Behandlungen erfolgen dabei auf Augenhöhe mit den Patient*innen, aber auch zwischen den Beschäftigten. Ärzt*innen, Sozialarbeiter*innen, Therapeut*innen, Stadtteilmütter, Streetworker und Sprachmittlung gehen dabei Hand in Hand und auf die unterschiedlichen Bedürfnisse ein. So wird für jeden und jede ein niedrigschwelliger Zugang zum Hilfesystem erreicht. Wir wollen damit die Chancen von Kranken und Pflegebedürftigen verbessern und Zugangshindernisse abbauen.

 

Krankenhausfinanzierung und faire Bezahlung

Im Bereich der Krankenhausinvestitionen gilt, was für den Gesundheitssektor insgesamt gilt: Mit guten Kooperationen und nur gemeinsam kommen wir weiter.

Das Land Berlin verfügt dabei mit Charité und Vivantes in Landesbesitz über zwei zentrale Grundpfeiler der Krankenhauslandschaft, die einen erheblichen Teil der Gesundheitsversorgung der Berliner*innen leisten. Mit diesen beiden Unternehmen hat das Land die Möglichkeit starke gemeinwohlorientierte Akzente bei der Weiterentwicklung der Berliner Gesundheitslandschaft zu setzen. Die gute Zusammenarbeit beider Unternehmen ist für ihren wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und medizinischen Erfolg von entscheidender Bedeutung. Wir bekennen uns deshalb zum Konzept Gesundheitsstadt, insbesondere die Umsetzung der gemeinsamen Standortentwicklung, eine Portfolioabstimmung und die Investitionsplanungen der Gesundheitsstadt bieten jetzt die Chance die Weichen für die stationäre Krankenversorgung und eine internationale Führungsrolle in medizinischer Innovation zu sichern und auszubauen. Besonders in Sachen Krankenhäusern werden wir Grüne die begonnene Trendwende bei den Krankenhausinvestitionen fortsetzen und setzen uns für ein schrittweises Aufwachsen der Investitionsmittel ein. Wir setzen auf Investition und Transformation: Die Folgen von unterlassenen Investitionen der Vergangenheit begleiten uns noch an vielen Stellen im Gesundheitswesen – hier gibt es noch viel zu reparieren! Transformation bedeutet für uns deshalb Investitionen an der richtigen Stelle. Nicht bloß neu, sondern auch nachhaltig, müssen wir die Gelder für die Krankenhäuser priorisieren: Klimagerechtes Bauen, verbesserte Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten und bessere Aufenthaltsqualität sind Maßstäbe für eine Grüne Krankenhausinvestitionsplanung. Wir unterstützen auch den transformativen Wandel der Berliner Gesundheitseinrichtungen zum klimaneutralen Betrieb. Um eine nachhaltige Ausrichtung der Berliner Kliniken zu fördern, setzen wir uns dafür ein, dass alle Krankenhäuser ein*e Klimamanager*in benennen.

Weiteres Outsourcing oder (Teil-)Privatisierung im Krankenhausbereich lehnen wir ab. Für eine zukunftsfähige Finanzierung des Krankenhausbereiches braucht es aber auch Reformen auf Bundesebene, die die Fokussierung auf die Ökonomisierung des Krankenhausbetriebs und die ertragsreichste Behandlung beenden. Klinken müssen in einem neuen Finanzierungssystem mit einer starken Säule der Strukturfinanzierung sowie Vorgaben zur Personalbemessung und Versorgungsqualität entsprechend ihrem gesellschaftlichen Auftrag finanziert werden. Dabei soll grundsätzlich gelten, dass die Personalplanung aller Berufsgruppen bedürfnisgerecht im Interesse der Patient*innen und Beschäftigten erfolgt.

Dabei machen wir uns auch stark für eine gute tarifliche Entlohnung aller Beschäftigten in den Krankenhäusern und haben daher die Berliner Krankenhausbewegung in ihren Forderungen unterstützt. Daher begrüßen wir die erfolgreichen Tarifabschlüsse. Eine besondere Verantwortung der Ampelkoalition im Bund liegt in der Einführung einer gemeinsam Bürgerversicherung für alle Versicherten.

 

Qualifizierung und Wertschätzung der Beschäftigten

Eine gute und engagierte Gesundheitsversorgung der Berliner Bevölkerung ist nur mit motivierten und qualifizierten Beschäftigten möglich, die wertgeschätzt und für ihre Tätigkeit angemessen bezahlt werden. Zur guten Gesundheitsversorgung gehören auch Ärzt*innen, die bereit sind, Patient*innen und Pflegebedürftigen auf Augenhöhe zu begegnen. Beschäftigte aller Gesundheitsberufe leisten einen unschätzbaren Beitrag für unsere Gesellschaft. Menschen, die bei Krankheit oder im Alter Unterstützung benötigen, wünschen sich zu Recht Ärzt*innen und Pflegekräfte, die sich mit Sorgfalt um sie kümmern. Dafür brauchen Pflegekräfte ausreichend Zeit, gute Arbeitsbedingungen und eine faire Bezahlung nach Tarif. Daher wollen wir die Arbeits-, sowie Aus- und Weiterbildungsbedingungen für die Beschäftigten im Gesundheitswesen weiter verbessern.

Um dem Pflegenotstand und Fachkräftemangel entgegenzuwirken, braucht es ebenso attraktivere Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen in der Pflege und den Gesundheitsberufen. Die Ausbildung in anerkannten Gesundheitsberufen (Logopädie, Physio- und Ergotherapie) muss entgeltfrei werden. Für Pflichtpraktika und Praxisphasen in Ausbildung und Studium der Pflege- und Gesundheitsberufe, wie bspw. in der Psychotherapieausbildung oder dem PJ, müssen eine angemessene Vergütung, Urlaubs- und Sozialversicherungsansprüche sowie faire Arbeitszeitregelungen gelten. Den Praxisanteil der akademischen Pflege nach dem Pflegeberufegesetz werden wir kurzfristig finanziell sichern. Wir setzen uns für Schulgeldfreiheit bei der Ausbildung der anerkannten Gesundheitsberufe (Logopädie, Physio und Ergotherapie) ein.

 

Pflegekammer in Berlin

Schon seit Jahrzehnten wird über die Einrichtung von Pflegekammern in Deutschland diskutiert. Hauptargument von Pflegeverbänden ist, Pflegefachpersonen durch eine eigene Kammer mehr Gewicht in Politik und Versorgungsstrukturen zu geben und die Versorgungsqualität der Gesellschaft in den Fokus zu rücken. Mit einer Pflegeberufskammer kann neben dem Ansehen der Pflegefachpersonen auch die Aus- und Fortbildung qualitativ gesichert werden. Dafür soll ein qualifizierter und wissenschaftlicher Diskurs mit den Berufsverbänden der Pflegefachpersonen und den politischen Parteien geführt werden, der das Ziel hat, eine gemeinsame Position zur Gründung einer Pflegekammer für Berlin zu erarbeiten.

Mit Gründung der Pflegekammer könnte die Definition der beruflichen Inhalte, des Qualifizierungsbedarfs und die Aufsicht über die Ausübung des Berufs an die Selbstverwaltung der Pflegeberufe delegiert werden. Unter dieser Voraussetzung können sich alle Pflegefachpersonen mit mindestens dreijähriger Ausbildung zusammenschließen und eine Körperschaft des öffentlichen Rechts“ bilden. Die Tarifpolitik und die Definition von humanen Arbeitsbedingungen bleiben weiterhin hoheitliche Aufgaben der gewerkschaftlichen Interessensvertretung. Eine Kammer kann die Stimme aus der Pflege für die Pflege sein. Hierzu bedarf es einer breiten Zustimmung und einem klaren Bekenntnis der Landesregierung und der Pflege. Wir positionieren uns hier eindeutig und machen uns für eine Umsetzung in dieser Wahlperiode stark.

 

Die Covid- Pandemie und ihre Folgen für unsere Gesellschaft

Die Covid- Pandemie hat weitreichende gesellschaftliche und gesundheitliche Folgen. Langzeitfolgen wie die hohe Anzahl an Erkrankten mit Long COVID und die anhaltende psychische Belastung in allen Altersgruppen werden uns noch über Jahre bis Jahrzehnte beschäftigen. Der Übergang von der pandemischen in eine endemische Situation erfordert flexible Anpassungsmöglichkeiten von Schutzmaßnahmen. Es ist nicht auszuschließen, dass erneute Mutationen das Infektionsgeschehen nachhaltig verändern. Im Mittelpunkt aller Maßnahmen muss dabei weiterhin der Schutz vulnerabler Gruppen, sowie die Vermeidung des Ausfalls kritischer Infrastruktur stehen. Das Tragen von Masken in Innenräumen ist eine einfache und wirksame Möglichkeit, um Infektionen zu vermeiden.

Seit Beginn der Corona-Pandemie wurden je nach Infektionslage bereits eine Reihe von Einschränkungen erforderlich, die maßgeblich zum Gesundheitsschutz beigetragen und viele Erkrankungsfälle verhindert haben.Wir sind uns zugleich bewusst, dass sie auch zu erheblichen Belastungen von großen Teilen der Gesellschaft geführt haben. Viele Familien mussten zeitweise das Arbeiten im Homeoffice und die schulische Unterstützung und Betreuung ihrer Kinder in viel zu kleinen Wohnungen unter einen Hut bringen. Etliche Selbstständige gerieten in Existenzsorgen, weil ihre Einnahmen infolge von Einschränkungen erheblich eingebrochen sind. Aus vielen Studien wissen wir aber, dass die Pandemie und Infektionsschutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche besonders starke Belastungen und Einschränkung bedeuten. Die Kontaktbeschränkungen engen in diesen Altersgruppen wichtige Bedürfnisse nach unmittelbarem Kontakt, Austausch und Freundschaft ein. Die Schulsituation ist belastender und führt dazu, dass Kinder aus von Armut betroffenen Familien in der Gefahr sind, abgehängt zu werden. Daher sind insbesondere soziale Projekte unverzichtbar, die auch Kinder aus sozial benachteiligten Familien erreichen. Zur Prävention psychischer Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen müssen vorhandene Angebote wie z.B. das "Schulpsychologische und Inklusionspädagogische Beratungs- und Unterstützungszentren (SIBUZ)" besser bekannt gemacht und genutzt werden.

Die Zunahme der Gesundheitsgefährdung durch psychische Belastungen am Arbeitsplatz ist ein seit vielen Jahren fortschreitender Prozess, der sich durch die Pandemie weiter verstärkt hat. Das gilt für alle Wirtschaftsbereiche. Besonders betroffen sind hierbei Angestellte in Care-Berufen, wie beispielsweise Pflegepersonal, Reinigungskräfte, Therapeut*innen, Hebammen, Pädagog*innen und Ärzt*innen.

Die Gesundheitsgefährdung durch psychische Belastungen wird bisher zu wenig ernstgenommen obwohl sie große individuelle, gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Schäden durch lange Krankheits- und Rehabilitationszeiten sowie Frühverrentungen verursacht.

Wir wollen hinreichend konkrete und verpflichtende Regelungen für den Umgang mit arbeitsbedingter psychischer Belastung in einer Arbeitsschutzvorschrift niederlegen. Die Landesregierung wird aufgefordert, im Bundesrat eine Initiative für eine Verordnung zum Schutz vor Gefährdungen durch psychische Belastung bei der Arbeit zu ergreifen. Außerdem wollen wir beim LaGetSi einen Runden Tisch Gefährdung durch psychische Belastungen (Arbeitstitel) mit Arbeitgeberverbänden, betrieblichen Interessenvertretungen und Gewerkschaften, Koordinierungsstelle Betriebliche Gesundheitsförderung der gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Unfallversicherungsträgern einrichten. Ziel des runden Tisches soll es sein Maßnahmeprogramme zu entwickeln und umzusetzen.

Auch die Folgen der hohen Anzahl an Erkrankten mit Long COVID sind gravierend. Zehn bis zwanzig Prozent aller Erkrankten leiden unter Symptomen, die über Monate und Jahre anhalten können. Da es sich bei Long COVID um eine Multi-Organ-Erkrankung handelt ist das Krankheitsbild vielfältig. In schweren Fällen entwickeln die Betroffenen ein chronisches Erschöpfungssyndrom (CFS) und sind infolgedessen auch langfristig arbeitsunfähig. Aber auch andere Symptome, wie chronische Schmerzen und ausgeprägte Denk- und Konzentrationsstörungen, Gedächtnisstörungen und Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates erschweren den Betroffenen die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. In der Zivilgesellschaft und im Gesundheitswesen werden die Betroffenen zu oft nicht ernst genommen. Wir wollen, dass sich das ändert.

Es fehlt sowohl an medizinischen als auch an sozialen Strukturen, die die Bedürfnisse von Erkrankten mit Long COVID abdecken können. Die bestehenden Ambulanzen sind überlastet und die Wartezeiten entsprechend lang. Wir wollen deshalb flächendeckende Beratungsangebote für Betroffene von Long COVID einführen und aus diesen Beratungsstellen heraus die Betroffenen mit Fallmanager*innen bei Antrags- und Widerspruchsverfahren unterstützen. Ein engmaschiger Informationsaustausch aller Beteiligten, sowohl auf der Patient*innenseite, als auch im Gesundheitswesen soll so schnell wie möglich unterstützt werden. Außerdem wollen wir anlehnend an das Schweizer Long COVID Netzwerk Altea digitale Strukturen aufbauen, um Informationen und Austauschmöglichkeiten für Erkrankte bereitzustellen. Wir setzen uns für umfassende medizinische und berufliche Rehamaßnahmen ein.

Es bedarf einer Stärkung und besseren Vernetzung bestehender Beratungs- und Behandlungsangebote, wie auch der Schaffung von neuen Angeboten, die sich in die bereits bestehende Angebotslandschaft einfügen. Durch die Pandemie wurden intensivierte Versorgungsangebote (wie z. B. Testzentren und Impfzentren) parallel zum bestehenden Versorgungssystem geschaffen. Wir brauchen einen Plan, wie wir die dort gemachten Erfahrungen analysieren und damit in Zukunft umgehen wollen. Wir plädieren für die Einrichtung einer Enquete-Kommission „Krisenfeste Stadtgesellschaft“ in Anlehnung an das Vorbild der von der grün geführten Regierungskoalition in Baden-Württemberg eingesetzten. Die Kommission soll Strategien entwickeln, wie die Stadtgesellschaft besser für zukünftige Krisen gewappnet werden kann.

Lehren aus der Pandemie richten sich dabei an alle Politikfelder. Das Pandemiemanagement sensibilisiert besonders für das Konzept von Health in all policies. Diese Sensibilisierung sollte verstärkt in den nach-pandemischen Diskurs mitgenommen und verankert werden. Eine Pandemie ist nie ein isoliertes Ereignis. Pandemie bedarf mehr als Gesundheitsschutz, sondern auch den frühzeitigen Einbezug einer multiprofessionellen Begleitung (sozial-, wirtschafts-, gesundheitswissenschaftlich, Kommunikationswissenschaften, ethisch und psychologisch). Durch die Klimakrise ist die Wahrscheinlichkeit deutlich erhöht, dass weitere Pandemien folgen werden. Daher ist es dringend notwendig, für zukünftige Ereignisse unter Berücksichtigung der Lessons learned frühzeitig und umfassend Vorsorge zu treffen.

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