LAG-Beschluss vom 30.07.2020: Ausgestaltung eines Paritätsgesetzes

10.08.20 –

Auf der Landesdelegiertenkonferenz im April 2019 haben wir beschlossen, ein Paritätsgesetz für Berlin anzustreben. Zwar hat der Thüringische Verfassungsgerichtshof das dortige Paritätsgesetz für nichtig erklärt, dies erfolgte jedoch auf Grundlage einer Auslegung der Thüringischen Verfassung, die keine Bindungswirkung für die Rechtslage in Berlin entfaltet. Wir gehen davon aus, dass das Paritätsgesetz Teil des Wahlprogramms sein wird, falls nicht noch eine Einigung mit den Koalitionspartnern vor der Abgeordnetenhauswahl gelingt oder weitere negative Gerichtsurteile das Vorhaben aussichtslos erscheinen lassen. Einen wichtigen Punkt zur Ausgestaltung möchten wir hervorheben:

Die Grünen müssen darauf bestehen, dass ein solches Gesetz uns den Raum lässt, weiterhin mehr Frauen* als Männer aufzustellen. Bei der letzten Abgeordnetenhauswahl sind wir mit drei Frauen an der Spitze unserer Liste angetreten ­– dies wäre nach dem Brandenburger und Thüringer Paritätsgesetz nicht möglich gewesen. Die Grünen sind wie keine andere Partei dem Feminismus verpflichtet und werden auch mehrheitlich von Frauen* gewählt – die Mehrheit von Frauen* in unserer Wählerschaft sollte sich auch weiter darin widerspiegeln, dass unsere Abgeordneten mehrheitlich weiblich sind. Es kann nicht sein, dass wir uns per Gesetz eine strikte hälftige Männerquote vorschreiben. Dies  entspricht auch der Beschlusslage sowohl der Partei als auch der Abgeordnetenhausfraktion, die sich jeweils für ein Paritätsgesetz ausgesprochen haben, nachdem mindestens 50 % der Gewählten weiblich sind.

Praktisch umsetzen ließe sich dies in zwei unterschiedlichen Arten: Entweder mit einer expliziten reinen Frauen*-Quote, was allerdings wohl die 
verfassungsrechtlichen Risiken erhöhen würde und auch öffentlich möglicherweise kritisch aufgenommen würde. Oder mit einer "flexiblen Parität" nach spanischem Vorbild, d.h. einer Geschlechterquote von etwas weniger als 50 Prozent, z.B. 40 Prozent. Letztere kann insbesondere als "Deckelung" eines Geschlechtes auf einen bestimmten Anteil (z.B. 60 Prozent) ausgestaltet werden, was auch das "Problem" der Einbeziehung von Menschen, die sich weder dem weiblichen noch männlichen Geschlecht zuordnen, lösen würde. Allerdings würde eine solche Regelung natürlich bedeuten, dass andere Parteien weiterhin mit mehrheitlich männlichen Kandidaten antreten könnten.

Uns ist bewusst, dass keine genannte Möglichkeit ohne Nachteile ist und das Bestehen auf der Möglichkeit einer Überzahl weiblicher Kandidatinnen bei den Grünen die Verhandlungen zusätzlich verkomplizieren können. Dennoch halten wir es aus den soeben genannten Gründen für geboten.