Sitzung im Februar: Antidiskriminierung in der Polizeiarbeit

29.02.20 –

Am 19. Februar 2020 haben wir uns in einer gemeinsamen Sitzung mit der LAG Migration und Flucht mit dem Thema Antidiskriminierung in der Polizeiarbeit auseinandergesetzt.

 

 

 

Zu Gast war Thomas Müller, Kriminologe, transkultureller Trainer, Polizeihauptkommissar im Ruhestand und Sprecher der Gruppe Polizei und Menschenrechte bei Amnesty International.

 

Gemeinsam mit den beiden Moderatorinnen Esra (Sprecherin der LAG Demokratie und Recht) und Fiona (Sprecherin der LAG Migration und Flucht) haben wir zunächst verschiedene Erscheinungsformen von Diskriminierung im Zusammenhang mit Polizeiarbeit beleuchtet. Beispielhaft dafür stehen häufige verdachtsunabhängige Kontrollen von minorisierten Menschen, die für die Betroffenen oft wenig transparent sind.

 

In einem nächsten Schritt haben wir die Ursachen für solches Verhalten gemeinsam analysiert. Strukturelle Bedingungen der Polizeiarbeit können diskriminierendes Verhalten begünstigen: Personelle Schwierigkeiten führen dazu, dass eine Konzentration auf Notrufeinsätze stattfindet. Dadurch ist der Polizeidienst von negativen Erfahrungen geprägt, was eine negative Stereotypenbildung befördert. 

Thomas Müller kritisierte, dass die Bürgernähe und Verankerung in den Bezirken in der Polizeiarbeit zunehmend verloren geht und die Identifikation von Polizist*innen mit „ihrem Stadtteil“ daher abnehme. Verpflichtende Schulungen zu Supervision oder Reflexion fehlten. Teilweise beförderten die Auswahlkriterien für den Polizeidienst eine homogene Zusammensetzung der Polizei. Dieser Umstand führe zu einem hohen Anpassungsdruck auf Polizeibeamt*innen. Auch das zwingend erforderliche hohe Vertrauensverhältnis unter Polizist*innen erschwere kritisches Verhalten, etwa wenn es zu diskriminierenden Handlungen von Kolleg*innen kommt.

 

Abschließend haben wir Lösungsvorschläge diskutiert. Unabhängige Polizeibeauftragte, die allen Menschen als Anlaufstelle zur Verfügung stehen, sollten mit ausreichenden Mitteln und Kompetenzen ausgestattet werden. Sensibilisierungsmaßnahmen und eine Menschenrechtsausbildung für Polizist*innen sollte Teil der Polizeiausbildung sein. 

Verpflichtende Fortbildungen zur Supervision und Reflexion sind einzuführen. 

Zudem haben wir zeitliche Befristungen für den Einsatz in besonderen Einheiten diskutiert (etwa in Spezialeinsatzkommandos oder Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten). 

Auch die Idee einer „Kontrollquittung“, die Betroffenen auszuhändigen ist und in der u.a. der Anlass der Kontrolle zu vermerken ist, haben wir als mögliches Mittel  besprochen.

 

Sebastian Walter hat zwei Gesetzgebungsvorhaben der Grünen Fraktion im Abgeordnetenhaus vorgestellt: Das Antidiskriminierungsgesetz sowie ein Gesetz zur Einführung eines Polizei- und Bürgerbeauftragten.

 

Insgesamt ist deutlich geworden, dass zwischen der individuellen und der institutionellen Diskriminierung unterschieden werden muss. Es sind jeweils unterschiedliche Lösungsansätze erforderlich.

 

Im Anschluss haben wir den – für die Sitzung vorbereiteten – Antrag „Polizeibeamt*innen entlasten und Diskriminierung verhindern“ für die Landesdelegiertenkonferenz im März diskutiert und beschlossen.

 

Außerdem haben wir den Antrag „Für eine grüne Justizpolitik“ diskutiert und beschlossen.