Aktuelle Lage: Schulneubau

02.07.18 – von janosch.rassmann –

Stand: 29.06.2018

Hintergrund?

Der bauliche Zustand vieler Berliner Schulen ist katastrophal. Gleichzeitig steht Berlin vor einem riesigen Schüler*innenzuwachs und muss in den kommenden acht Jahren mit bis zu 80.000 neuen Schulplätzen rechnen. Die bestehenden Schulen zu sanieren, auszubauen und darüber hinaus noch circa 60 komplett neue Schulstandorte zu etablieren, ist ein Mammutprojekt. Die rot-rot-grüne Regierung hat für die Berliner Schulbauoffensive insgesamt 5,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt und sich auf eine Neuaufteilung der Aufgaben zwischen Land und Bezirken geeinigt.

Die Schulbauoffensive und die Aufgabenverteilung?

Das Land Berlin übernimmt alle Neubauprojekte und die großen Sanierungsfälle (über 10 Millionen Euro), während die Bezirke für die „kleineren“ Sanierungsfälle (bis zu 10 Millionen Euro) und den Unterhalt der Schulen zuständig sind. Um die Beteiligungsstrukturen an den Schulen zu stärken werden sogenannte Bauausschüsse eingerichtet.

Die Rolle der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft Berlin HOWOGE?

Um das Mammutvorhaben stemmen zu können, wird die Last auf mehreren Schultern verteilt. Während die Bezirke vollauf ausgelastet sind mit den regulären Sanierungen und kleineren Aus- und Anbauten, teilen sich die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und die HOWOGE je zur Hälfte die Großsanierungen und Neubauprojekte, die die Landesebene übernommen hat. Auf allen drei Ebenen werden Mitarbeiter*innen eingestellt, und unter Hochdruck an der Bewältigung der Schulbauoffensive gearbeitet. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Verkürzung der Planungsverfahren, damit endlich ein schnelleres Bauen ermöglicht werden kann. Die HOWOGE ist das leistungsfähigste landeseigene Wohnungsbauunternehmen. Sie hat sowohl mit Sanierung als auch Neubau Erfahrung und ist in der Rechtsform einer GmbH flexibler in ihren Möglichkeiten.

Vorteile:

•    Die HOWOGE wird den Abbau des Sanierungsstaus ankurbeln. Die bisher acht- bis zehnjährigen Planungsverfahren können wesentlich beschleunigt werden.
•    Die HOWOGE ist flexibler in der Mittelbewirtschaftung und erlaubt so z.B. das Anwerben und Binden von Mitarbeiter*innen zu übertariflichen Konditionen.
•    Die HOWOGE entlastet dadurch das Land Berlin, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und die Bezirke, die schon jetzt an der Kapazitätsgrenze arbeiten.
•    An vielen Stellen in der Stadt baut die HOWOGE ohnehin neue Quartiere. Es macht Sinn, dass sie dann auch die Schulen vor Ort mit plant und baut.

Wie wird die Schulbauoffensive finanziert?

Darüber hinaus bietet die Einbeziehung der HOWOGE einen wichtigen Vorteil bei der Finanzierung. Aufgrund der guten Wirtschaftslage kann ein Großteil der 5,5 Milliarden Euro aus landeseigenen Mitteln gestemmt werden. Es bleibt nach derzeitigem Stand jedoch ein Rest von ca. 1,2 Milliarden Euro, für den es Berlin aufgrund der 2020 in Kraft tretenden Schuldenbremse nicht möglich ist, Kredite aufzunehmen. Wir stehen zur Schuldenbremse und erkennen die wichtige Bedeutung für das Land Berlin an. Aber wir müssen jetzt in Schulsanierung und Schulneubau investieren, damit sich die Bildungskrise nicht noch weiter verschärft. Über die HOWOGE wäre eine solche Kreditaufnahme, wenn sie notwendig wird, möglich.

Vorteile:

•    Für die Bezirke besteht keinerlei finanzielles Risiko. Die Baukosten der HOWOGE werden über die Mieten abbezahlt; diese Mietkosten erhalten die Bezirke vom Land.
•    Das Land Berlin sichert letztlich auch die Kredite ab, indem es mittels des sogenannten Einredeverzichts gegenüber den Banken garantiert, die Schulen bestellt zu haben und auch die Mietkosten zu übernehmen. Diese Mietgarantie führt dazu, dass die Kredite letztlich mit einem Kommunalkredit vergleichbar sind, also zu optimalen Konditionen abgeschlossen werden können.
•    Ein solcher Kredit darf nicht mit der Gründung eines Immobilienfonds o.ä. verwechselt werden. Niemand kann sich hier Schulanteile kaufen und mit den Schulen Geld verdienen.

Werden die Schulen jetzt privatisiert?

Nein, weil

•    das Eigentum an den Schulen und Grundstücken zu jedem Zeitpunkt beim Land Berlin bzw. seinen Bezirken verbleibt. Die HOWOGE kann weder Schulen noch Grundstücke ohne Zustimmung des Landes veräußern.
•    die Bezirke Schulträger bleiben und mit der HOWOGE lediglich Erbbaurechtsverträge abschließen, die in ihrer Laufzeit beschränkt sind.
•    die Bezirke Ansprechpartner*innen für die Schulen / Schulleitungen und für die Eltern bleiben: Die HOWOGE saniert bzw. baut die Schulen und muss die Gewährleistung für die Bauqualität übernehmen; betrieben werden die Schulen jedoch ab Fertigstellung unmittelbar wieder von den Bezirken.
•    sich eine öffentlich-private-Partnerschaft (ÖPP) an privatem Eigentum und Eigenkapital festmacht -  beides liegt nicht vor. Das Eigentum verbleibt in öffentlicher Hand. Es ist kein privates Eigenkapital beteiligt.
•    sich das Abgeordnetenhaus umfassende Controlling-Rechte gesichert hat; es wird halbjährliche, schulscharfe Controlling-Berichte erhalten; zudem erhalten die Abgeordneten Akteneinsichtsrecht.

Bauen wir jetzt nur noch Einheitsschulen?

Nein. Schule ist nicht mehr nur ein Ort des Lernens, es ist ein Ort des Lebens. Unsere Kinder und das gesamte Personal halten sich zig Stunden in der Woche in den Räumen und Fluren auf. Licht- und Akustikqualität, gute Luft, Platz und Funktionsräume, eine Mensa in der die Kinder gerne essen haben wir genauso im Blick wie die ökologische und funktionale Qualität. Die räumliche Umgebung ist entscheidend für ein gutes und anregendes Lernklima.

Wir Grüne setzen uns deshalb intensiv dafür ein, dass mit der Pflicht mehr Schulen zu bauen auch die Chance ergriffen wird sie als einen ganz besonderen Ort zu gestalten. Wir wollen auf die Standorte angepasste Individualbauten und keine standardisierten Typenbauten. Die Raumknappheit im Innenstadtbereich ist nicht mit einem Randbezirk zu vergleichen – hier brauchen wir Vielfältigkeit und individuelle Lösungen.

Wir wollen die Bewohner*innen in die Planungen einbeziehen, denn jede neue Schule soll sich einfügen und öffnen in den Kiez. So können von Anfang Netzwerke aufgebaut werden (z.B. mit Vereinen, Stadtteilzentren, Bibliotheken etc.) – weil sie beim Bau, auch räumlich, schon mitgedacht werden.

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