Berlin als Stadt der Familien

24.11.16 –

400.000 Familien leben aktuell in Berlin. Und es werden mehr werden. Mehr junge Familien ziehen in unsere Stadt. Gleichzeitig werden viele Menschen, die hier leben, älter. Außerdem haben allein 15 Prozent der Familien Migrationshintergrund. Auch angesichts der Geflüchteten, die täglich in Berlin ankommen, müssen wir ihre Bedürfnisse stärker in den Blick nehmen. Wir müssen unsere Politik also darauf ausrichten, dass unsere Nachbar*innen gleichzeitig jünger, älter und vielfältiger werden.

Für uns Grüne ist Familie überall da, wo Menschen dauerhaft und über Generationen hinweg füreinander Verantwortung übernehmen. Es gibt eine Vielzahl von Formen, in denen Familie gelebt wird. Kleinfamilien mit und ohne Trauschein, die Familien der Alleinerziehenden und Getrenntlebenden, Adoptiv- und Pflegefamilien, Großfamilien mit mehreren Generationen, Patchwork- und Regenbogenfamilien. Diese gesellschaftliche Vielfalt ist heute Normalität. Daher treten wir ein für die Einführung eines Familienvertrags, der alle Formen von verbindlicher Verantwortungsübernahme absichert. Unsere Aufgabe als Partei ist es, diesen Menschen die Möglichkeit zu geben, in einer lebenswerten Stadt glücklich zu werden und Verantwortung füreinander zu übernehmen. Familien müssen sich darauf verlassen können, dass die Gesellschaft, Staat und Verwaltung für sie da sind, auch wenn es einmal nicht so läuft, wie geplant oder gewünscht. Denn Familien sorgen für den sozialen Zusammenhalt, den gerade eine wachsende Stadt so dringend braucht.

In der Vergangenheit wurden Familien nicht immer richtig unterstützt. Wir leben in einer Stadt, die bewusst auf Verschleiß gefahren wurde. Wir haben eine Politik erlebt, die allzu oft mit einem Achselzucken auf die Sorgen und Nöte der Menschen jeglichen Alters und jeglicher Herkunft reagiert hat. Die Quittung für diese mangelnde Sorge und das fehlende Interesse an den ernst gemeinten Erwartungen der Bevölkerung bekommen wir in Berlin wirklich an jeder Ecke zu spüren.

Wir Grünen möchten die aktuelle Situation verändern. Wir setzen uns intensiv und im Detail mit den Bedürfnissen der Menschen in unserer Stadt auseinander und liefern Antworten auf viele Fragen. Wir Grünen zeigen mit diesem Antrag, dass wir die sozialen Bedürfnisse aller hier lebenden Menschen erkennen und handlungsfähig sind. Wir haben umfassende Forderungen für Familien in Berlin entwickelt. Das wird nicht alles auf einen Schlag umzusetzen sein. Aber wir arbeiten geduldig und hartnäckig daran, denn wir wollen, dass Berlin die Stadt der Möglichkeiten bleibt – gerade auch für Familien.

Gute Bildung für alle
Über Jahrzehnte hat der Berliner Senat die Bildungseinrichtungen vernachlässigt. Prognosen einer steigenden Bevölkerungszahl und der damit entstehende Investitionsbedarf in neue Gebäude wurden weggewischt und ignoriert. Punktuelle Sanierungsprogramme können einen umfassenden Blick auf die völlig marode Substanz vieler Schulen und Kitas in sämtlichen Bezirken nicht ersetzen.

Das Recht aller Kinder und Jugendlichen, egal welcher Herkunft, auf gute Bildung muss flächendeckend und nicht nur in einzelnen Modelleinrichtungen verwirklicht werden. Gemeinsames Lernen und individuelle Förderung in Ganztagseinrichtungen sind der Weg zu mehr Bildungsgerechtigkeit. Dazu braucht es genügend motivierte Pädagog*innen. Sie müssen in angemessenen Gruppen- und Klassengrößen den Berliner Anforderungen an Bildung und Betreuung gerecht werden können: hochqualifiziert, differenzsensibel, vorurteilsbewusst und inklusiv.

Wenn heute Senat und Große Koalition großspurig über neue Quartiere sprechen, denken sie nur an Wohnen. Wir denken an lebendige Kieze, die auch über die notwendige soziale Infrastruktur, über Jugend- und Familienzentren und Spielplätze verfügen. Vor allem fordern wir ein umfangreiches Neubau- und Modernisierungsprogramm für Schulen und Kitas. Denn wir lehnen modulare Ergänzungsbauten als vermeintlich schnelle und bequeme Lösung ab. Gute, echte Gebäude sind die Voraussetzung für eine moderne Ganztagsbildung. Wir wollen diese Voraussetzungen schaffen, damit aus Kitas, Schulen und Familienzentren offene Bildungsorte für wirklich alle Familien im Quartier werden.

Hauptstadt der Alleinerziehenden
150.000 Alleinerziehende leben in unserer Stadt, 90 Prozent von ihnen sind Frauen. Vielen von ihnen gelingt es trotz aller Anstrengungen nicht, aus der Armut herauszukommen. Diesen Familien muss niemand erklären, wie wichtig Bildung ist – und dazu gehören auch die Betreuung in Kindertagesstätten, Zugang zu Familienzentren und zu anderen Angeboten. Eine unserer wichtigsten politischen Aufgaben besteht darin, diese Familien intensiv zu unterstützen. Das heißt, dass wir sie beim Berufseinstieg oder -wiedereinstieg besser begleiten und sie mit einer ergänzenden Kinderbetreuung für die Notfälle des Lebens absichern wollen. Auf Bundesebene setzen wir uns für eine gerechtere Familienförderung ein: Weg vom Ehegattensplitting hin zur Unterstützung von Familien, in denen Kinder leben. Unterstützung heißt zudem, dass Alleinerziehende weiterhin die Möglichkeit bekommen, auch mit nur einem – zum Teil kleinen – Einkommen eine Wohnung in ihrem vertrauten Viertel bezahlen zu können. Soziale Wohnungs- und Mietenpolitik heißt für uns, die Bedürfnisse der Alleinerziehenden anzuerkennen und in die Praxis umzusetzen. Gerade Alleinerziehende benötigen neben der sozialen auch die materielle Sicherheit, um trotz zum Teil schwieriger Lebensumstände ein gutes Leben führen zu können. Deshalb setzen wir uns auf Bundesebene für eine Kindergrundsicherung ein.

Wohnungsneubau muss sich wieder an den Bedürfnissen der Mehrheit orientieren. Familien gehören beim Thema Wohnen wieder in den Mittelpunkt – und nicht, wie in den vergangenen Jahren – einfach beiseitegeschoben!

Service für Familien
Der Personalabbau in den Bezirken hat enorme Auswirkungen auf die Service-Angebote für alle Bürgerinnen und Bürger. Die Schlangen vor den Bürgerämtern, der Bearbeitungsstau in den Elterngeldstellen und vielen anderen Bereichen zeigen, dass gerade Familien unter dem Spar-Diktat des Senats leiden müssen. Wir setzen uns für eine moderne Struktur in den Bezirken ein, die Familien die Chance gibt, alle Leistungen an einer Stelle zu bekommen. Wir Grünen wollen Familien-Service-Büros in allen Bezirken, in denen gut ausgebildetes, mehrsprachiges Fachpersonal die Familien mit Rat und Hilfe unterstützt. Ob Kindergeld, Kita-Gutschein, Berlin-Pass, Förderangebote oder Ummeldungen – der aktuell bestehende Hürdenlauf von einem Amt zum nächsten ist Familien schlicht nicht zuzumuten. Unser Ziel für die FamilienService-Büros heißt: Viele Fragen, eine Stelle, alle Antworten!

Generationengerechtes Berlin
Nicht nur die Zahl der Kinder und Jugendlichen, sondern auch die Gruppe der älteren Menschen wächst in Berlin stetig. Das ist ein Schatz, der gehoben werden muss. Wenn die Generationen sich gut ergänzen, profitieren alle davon. Deswegen wollen wir die Strukturen stärken, die Begegnung und Austausch vor Ort ermöglichen.

Kommt es zur Pflegebedürftigkeit, dann ist es für uns zentral, die Betroffenen und ihre Angehörigen besser zu unterstützen. Damit die Berlinerinnen und Berliner auf schnelle und zuverlässige Beratung rund um das Thema Pflege vertrauen können, wollen wir wohnortnahe Beratungs- und Unterstützungsangebote ausbauen. Wichtig ist auch eine vernetzte Gesundheitsversorgung im Quartier, die auf die Belange älterer Menschen 115 eingestellt ist. Ein wachsender Anteil der über 65-Jährigen hat Migrationshintergrund. Wir wollen die Beratungs- und Betreuungsangebote stärker auf ihre Bedürfnisse ausrichten. Dafür setzen wir uns ebenso ein wie für bessere Arbeitsbedingungen und Qualität in der Pflege. Familien brauchen die Sicherheit, dass sie die notwendige Unterstützung erhalten, wenn sie selber für die Pflege der älteren Angehörigen nicht 120 die Zeit und Expertise haben.

Bündnis 90/Die Grünen Berlin setzen sich ein für: 1) Kindgerechte Betreuung Gute Kitas erleichtern Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – insbesondere Müttern, die nach wie vor den Großteil der Erziehungsarbeit übernehmen. Kita und Kindertagespflege sind für uns aber vor allem Lern- und Bildungsorte, die Kinder als Ergänzung zum Leben in der Familie optimal in ihrer Entwicklung begleiten und fördern sollen. Dafür brauchen Berliner Kitas dringend bessere Rahmenbedingungen. Wir unterstützen deshalb das Berliner Kitabündnis und wollen die Qualität der Betreuung verbessern:

  • Für die Jüngsten wollen wir einen besseren Betreuungsschlüssel, das heißt nicht mehr als vier Kinder pro Fachkraft.
  • Durch den notwendigen Ausbau der Platzzahlen in den Einrichtungen sind zusätzliche Fachkräfte erforderlich. Die Ausbildungskapazitäten an den Fachschulen müssen dringend ausgebaut und ein Wieder- und Quereinstieg erleichtert werden.
  • Um Familien die zunehmend belastende Kitaplatzsuche zu erleichtern, wollen wir – in Verhandlung mit den Kitaträgern – das zentrale und internetbasierte Kitaplatz- und Wartelistenmanagement weiterentwickeln. Eltern sollen so eine transparente, möglichst vollständige und benutzerfreundliche Anlaufstelle im Internet bekommen.


Wir wollen eine am Kindeswohl und den Bedarfen der Familien orientierte, flexible ergänzende Betreuung schaffen. Einige Familien brauchen über die Kita-Öffnungszeiten hinaus eine flexible Betreuung. Das betrifft insbesondere Alleinerziehende, aber auch Eltern, die im Schichtdienst oder als Leiharbeiter*innen beschäftigt sind. Für uns ist dabei die Orientierung am Kindeswohl entscheidend. Eine Erweiterung der Öffnungszeiten allein löst das Problem nicht:
Wir setzen auf den Ausbau der ergänzenden Kindertagespflege. Dabei werden wir darauf achten, dass der gesetzliche Mindestlohn eingehalten wird und die Betreuer*innen eine Basisqualifikation haben, bevor sie tätig werden dürfen.
Die Betreuung vornehmlich in der elterlichen Wohnung soll in begründeten Fällen durch einen Bring- und Abholdienst ergänzt werden. Diese Angebote werden über sozial gestaffelte Gutscheine finanziert, die an das bestehende KitaGutscheinsystem angedockt werden. In der Zusammenarbeit von Jugendamt, Familienzentren und freien Trägern wollen wir Börsen und Agenturen aufbauen, in denen Familien geeignete Personen für die Betreuung ihrer Kinder finden können.
Wir werden den Rechtsanspruch und das Wahlrecht der Eltern durch ein Aus- und Neubauprogramm für Kitas umsetzen. Das Land Berlin muss vom Bund die durch den Wegfall des Betreuungsgeldes frei werdenden Mittel für die Verbesserung der Berliner Kitas einfordern. Berlin braucht in den nächsten Jahren mehr als 18.000 Kita-Plätze, um den Rechtsanspruch und das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern zu erfüllen: Wir fordern ein Aus- und Neubauprogramm, das wir mit mindestens 200 Mio. € aus Landesmitteln finanzieren und mit Bundesmitteln aufstocken wollen. Das Programm muss so ausgestaltet sein, dass auch für Flüchtlingsjnkinder ausreichend Plätze geschaffen werden.
Viele der Erstaufnahmeeinrichtungen, die das Land derzeit als Notmaßnahmen einrichtet, sind für Kinder völlig ungeeignet. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) muss insbesondere Familien mit Kindern möglichst rasch in kleineren Einrichtungen unterbringen und gezielt dort zuweisen, wo es Spielflächen in der Nähe gibt. Geflüchtete Familien brauchen Brücken in das Berliner Bildungssystem – zum Beispiel in Form aufsuchender Hilfen in den Wohnheimen: Für Flüchtlingskinder, die noch in Wohnheimen leben, wollen wir mobile Kitas einrichten.

Gutes Aufwachsen in der Schule
Schulen sollen für alle Kinder und Jugendlichen sinnstiftende Lern- und Lebensorte sein. Orte, an denen niemand zurückgelassen und niemand diskriminiert wird. Orte, an denen jede und jeder entfalten kann, was in ihr oder ihm steckt. Schüler*innen sollen sich wohl fühlen und die Eltern sollen wissen, dass ihre Kinder in unseren Schulen gut aufgehoben sind – gerade im Ganztag. Dafür werten wir die Arbeit der Grundschullehrkräfte auf. Die Kleinsten brauchen die besten Bildungsangebote. Wir geben jeder Schule ein echtes eigenverantwortliches Schulbudget: Lehrkräfte, Erzieher*innen, Eltern und Schüler*innen wissen selbst am Besten, was ihre Schule vor Ort braucht. Wir verschaffen allen Schulen Teamzeit: Am guten Aufwachsen sind viele Berufssparten beteiligt, da braucht es Zeit für Koordination, Absprachen und gemeinsame Konzeptentwicklung. Zusätzlich braucht Berlin eine dauerhafte Finanzierung für den Erhalt und Unterhalt der Schulen. Wir stehen für:

  • Eine bessere Entlohnung und fachliche Anerkennung der Grundschullehrer*innen. Wir passen das Gehalt der Grundschullehrkräfte an das in den Oberschulen an und machen damit deutlich, dass sich die Arbeit zwar inhaltlich, aber nicht von Anspruch und Bedeutung her unterscheidet.
  • Teamzeit für die Kollegien. Wo Lehrer- und Erzieher*innen, Sozialarbeiter*innen, pädagogische Unterrichtshilfen und Betreuer*innen, Schulpsycholog*innen, Therapeut*innen, Berufsberater*innen und – gerade im Ganztag – noch manch andere Profession tätig ist, da braucht es Absprachen und Koordination, da sollten Konzepte erarbeitet und die eigene Arbeit auch immer wieder kritisch reflektiert werden.
  • Ein eigenes Schulbudget. Wir möchten den Schulen mehr Entscheidungsspielraum vor Ort verschaffen und sie dafür entsprechend ausstatten. Wir wünschen uns dazu eine lebendige demokratische Schulkultur  vor Ort, wo transparent darüber entschieden wird, wie die Mittel verwendet werden sollen.
  • Ein Schulsanierungs- und Neubauprogramm, mit dem der Platzbedarf gedeckt und zugleich die Innenräume zu anregenden Lern- und Arbeitsumgebungen umgestaltet werden. Wir fordern ein umfangreiches Neubauprogramm für Grund- und Oberschulen. Wir lehnen die vermeintlich bequeme und schnelle Lösung von modularen Ergänzungsbauten als Antwort auf die Fragen nach einer modernen Bildung ab. Gute Bildung hängt auch mit guten Gebäuden zusammen. Wir Grünen fordern ein Sofortprogramm für die Sanierung der maroden Gebäude und erkennbare, nachvollziehbare Pläne für neue Schulen.
  • Die personelle Aufstockung der bezirklichen Bauämter, sodass wir bestehende Immobilien sanieren und neue Gebäude bauen können.

3) Vereinbarkeit verbessern
Gemeinsam mit der IHK wollen wir Familien-Chartas entwickeln, damit die Betriebe sich stärker an den Bedürfnissen von Familien orientieren. Die öffentlichen Unternehmen der Stadt und der Öffentliche Dienst sollen mit gutem Beispiel vorangehen: Die Übernahme von Erziehungs- oder Pflegearbeit darf kein Karrierehindernis mehr sein, sie soll zu einem Beförderungskriterium werden. Befristete Verträge, oft mit sehr kurzen Laufzeiten, haben vor allem im Berliner Wissenschaftsbetrieb überhandgenommen. Das wollen wir ändern, denn Familienfreundlichkeit macht sich gerade an Hochschulen nicht nur daran fest, ob Wickelräume vorhanden sind, sondern auch daran, ob die Beschäftigungsbedingungen eine Familiengründung überhaupt ratsam erscheinen lassen. Daher fordern wir:

  • Familien-Chartas für eine andere Arbeitskultur in Berliner Betrieben
  • Erziehungs- und Pflegearbeit als ein Beförderungskriterium verankern
  • Mehr Sicherheit durch unbefristete Arbeitsverträge

Wir wollen Gründer*innenzentren und Coworking Spaces belohnen, die kooperative Angebote für Familienfreundlichkeit bieten – sei es eine gemeinsame Betriebskita, Unternehmer*innen-Tandems für Erziehungs- und Pflegezeiten oder auch Hilfen bei der Rückkehr in gesicherte, abhängige Beschäftigung. Mit prominenter Einbindung in die Wirtschaftsfördermaßnahmen des Landes Berlin wollen wir Gründer*innenzentren und Unternehmen honorieren, die Selbstständigen echte Vereinbarkeit ermöglichen. Zur Stärkung der Alleinerziehenden setzen wir uns für folgende Maßnahmen ein:

  • Berufsbegleitendes Coaching und Beratung
  • Mehr Teilzeitausbildungen – auch im Öffentlichen Dienst
  • Unbefristete Auszahlung von Unterhaltsvorschüssen
  • Frühe Beratung in Trennungskonflikten
  • Ergänzende Kinderbetreuung auch für die Notfälle des Lebens

 

4) Familienfreundliche Verwaltung und mehr Personal für Kinderschutz
Der Personalabbau in den Bezirken hat enorme Auswirkungen auf die Service-Angebote für alle Bürgerinnen und Bürger. Die Schlangen vor den Bürgerämtern, der Bearbeitungsstau in den Elterngeldstellen und vielen anderen Bereichen zeigen, dass gerade Familien unter dem Spar-Diktat des Senats leiden müssen. Wir setzen uns für eine moderne Struktur in den Bezirken ein, die Familien die Chance gibt, alle Leistungen an einer Stelle zu bekommen. Wir Grünen wollen Familien-Service-Büros in allen Bezirken, in denen gut ausgebildetes Fachpersonal die Familien mit Rat und Hilfe unterstützt – und das bei Öffnungszeiten, zu denen berufstätige Eltern auch Zeit haben. Die Familienbüros sollen bei den Jugendämtern der Bezirke angesiedelt sein und zwar in Räumlichkeiten, die ein niedrigschwelliges Angebot ermöglichen. So wie es im grünregierten Kreuzberg-Friedrichshain heute schon der Fall ist. Die Jugendämter sollen mit freien Träger*innen oder anderem Fachpersonal kooperieren, damit nicht nur eine Antragsberatung, sondern auch erste sozialpädagogische Beratungen, die Vermittlung von Elternkursen und ähnliches stattfinden können. Familien sollen mit ihren verschiedensten Anliegen und Fragen zu einer Anlaufstelle kommen können, sodass der Alltag nicht durch unnötiges Suchen nach der passenden Beratung erschwert wird. Zusätzlich wollen wir Onlineangebote wie das Berliner Familienportal vereinfachen und weiterentwickeln.
Jugendämter sollen nicht nur Elterngeldanträge und Kitagutscheine rasch bearbeiten, sondern auch den Kinderschutz gewährleisten und sich um minderjährige unbegleitete Geflüchtete kümmern können. Damit die Jugendämter ihren gesetzlichen Aufgaben auch bei einer wachsenden Bevölkerung nachkommen können, brauchen sie allerdings mehr Personal – über die jetzt bewilligten Stellen hinaus. Besonders diejenigen, die im Kinderschutz tätig sind, können ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen. Aber auch alle anderen Bereiche der öffentlichen Jugendhilfe sind unterausgestattet. Wir brauchen deutlich mehr Personal in den Jugendämtern, vor allem bei den Regionalen Sozialen Diensten muss die Fallzahl endlich den fachlichen Standards entsprechen. Wir fordern daher:

  • Familien-Servicebüros in den Jugendämtern
  • Mehr Personal für die Jugendämter
  • Familienfreundliche Öffnungszeiten

5) Familienkompotenzen stärken und Familienzentren aufbauen
Die Familie ist der erste und entscheidende Bezugsrahmen eines Kindes. Kinder erleben hier Nähe und Sicherheit, wenn Familienleben und Erziehung gelingen. Um den Anforderungen an eine gute Erziehung gerecht zu werden, brauchen viele Familien irgendwann Rat und Unterstützung. Wir Grüne wollen, dass in allen Berliner Bezirken ein bedarfsorientiertes Angebot an Familienzentren entsteht. Berliner Familienzentren sollen niedrigschwellige Räume des Austauschs, der Begegnung und der umfassenden Beratung für alle Familien – ob Regenbogen-, Pflege- oder Großfamilie – sein. Dafür braucht es eine Anschubfinanzierung vom Land, denn den Bezirken fehlt heute schon Geld und Personal für die dringendsten Aufgaben. Unser Ziel ist eine inklusive Gesellschaft, die der Vielfalt der Berliner Familien Rechnung trägt und allen Menschen gleiche Chancen und Teilhabe ermöglicht. Für Kinder mit besonderen Bedarfen und ihre gesamte Familie wollen wir ein Lotsensystem anbieten, um sie aus dem Dschungel der Rechtssysteme zu führen. Es kann bei den geplanten schulpsychologischen und inklusionspädagogischen Beratungszentren angesiedelt sein. Außerdem wollen wir nach dem Modell des Netzwerk Kinderschutz ein Netzwerk Inklusion unter Federführung der Senatsverwaltung für Jugend und Familie schaffen, um alle Berliner Akteur*innen einzubinden. Kinder mit zusätzlichem Unterstützungsbedarf brauchen auch weiterhin Hilfe im Alltag. Dafür sind endlich landesweite Vereinbarungen mit den Leistungserbringern nach den § 53 und 54 SGB XII zu erzielen. Alle Kinder müssen sich auf die UN-Konventionen über Kinderrechte und Inklusion verlassen können. Sie haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung, auf Bildung und eine geschützte Kindheit. Dem Netzwerk Kinderschutz fällt dabei eine zentrale Rolle zu. Unsere Projekte sind daher:

  • Anschubsfinanzierung für Ausbau von Familienzentren
  • Netzwerk Inklusion aufbauen und Netzwerk Kinderschutz stärken
  • Erhalt des Regenbogenfamilienzentrums und Überführung in eine Regelfinanzierung

6) Kinder- und Jugendarbeit fördern und Beteiligung von Kindern und Jugendlichen aufbauen
Junge Menschen brauchen Räume und Aktionsmöglichkeiten jenseits von Familie. Ihnen zuzuhören und ihre Perspektive in alle sie betreffenden Themen einzubeziehen, ist eine grüne Kernforderung. Kinder und Jugendliche sollen ihre Umwelt und ihre Freiräume mitgestalten können. Und sie brauchen Orte ohne Erwachsene und außerhalb der Institutionen, in denen sie einen Großteil ihres Alltags verbringen. Wir unterstützen daher Jugendverbände und die bezirklichen Kinder- und Jugendfreizeitstätten und fordern, dass den Bezirken mehr Geld für die offene Kinder- und Jugendarbeit zur Verfügung gestellt wird. Wir setzen uns dafür ein, dass die altersgerechte Kinder- und Jugendbeteiligung in allen Institutionen gestärkt wird – insbesondere in Kita und Schule. Kinder und Jugendliche sollen nicht nur an der Gestaltung von Schulhöfen und Spielplätzen beteiligt werden, sondern in allen sie betreffenden Themen mitbestimmen. Von Spielplatzausstattung über Stadt- und Verkehrsplanung bis hin zur Gestaltung des öffentlichen Raumes: Wir brauchen mehr Strukturen für Beteiligungsprozesse von Kindern und Jugendlichen auf Augenhöhe und eine Verwaltung, die offen für solche Prozesse ist. Konkrete Beteiligungsstellen in allen Bezirken – ob Kinder- und Jugendparlamente oder Kinder- und Jugendbüros - wollen wir querfinanzieren und so fest verankern. Nur mit ernstgemeinten und nachhaltigen Beteiligungsstrukturen haben junge Menschen die Chance, bereits frühzeitig Selbstwirksamkeit zu erfahren und zu selbstbewussten Persönlichkeiten heranzuwachsen. Wir fordern daher:

  • Kinder- und Jugendbüros und -parlamente in allen Bezirken
  • Stärkung der Kinder und Jugendförderung durch gut ausgebildetes Personal
  • Förderung von Demokratie in der Kinder- und Jugendarbeit durch eine nachhaltige Finanzierung von Programmen wie dem Jugend-Demokratiefonds
  • Offene Kinder- und Jugendarbeit in den Bezirken strukturell ausfinanzieren

7) Gesund, gut versorgt und eingebunden: vom Kind bis zur Oma
Eine Gesundheitsbegleitung für die ganze Familie umfasst alle Lebensphasen von einer optimal versorgten Geburt bis hin zu einer echten Entlastung für pflegende Angehörige:

  • Die Begleitung durch Hebammen und Entbindungspfleger rund um die Geburt ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen gesunden Start ins Leben. Wir kämpfen für eine Lösung bei der sich zuspitzenden Berufshaftpflichtproblematik, die die berufliche Existenz vieler Berliner Hebammen und Entbindungspfleger gefährdet. Dabei favorisieren wir einen staatlichen Fonds zur Deckelung der Versicherungsbeiträge.
  • Durch aktive Gesundheitsförderung werden aus Kindern gesundheitsbewusste Erwachsene. Das beginnt beim guten und gesunden Essen in Kita und Schule. Außerdem wollen wir den Öffentlichen Gesundheitsdienst besser finanzieren.
  • Für uns ist es zentral, ältere Menschen und ihre Angehörigen bei der Pflege besser zu unterstützen. Wir setzen dabei unter anderem auf Pflegestützpunkte und Mobilitätshilfedienste. Außerdem braucht es bessere Rahmenbedingungen für Ausbildung, Arbeit und Qualität in der Pflege. Das ist umso wichtiger, wenn keine Familienangehörigen vor Ort sein können. Des Weiteren setzen wir uns für mehrsprachige Brückenbauer*innen ein, damit Pflegeangebote auch von Menschen mit Migrationshintergrund wahrgenommen werden können.
  • Die Anzahl der Menschen mit Behinderung steigt im höheren Lebensalter deutlich an. Ziel aller beteiligten Institutionen muss sein, diese Menschen mit hohem Hilfebedarf bei der Gestaltung ihres selbstbestimmten Lebens zu unterstützen. Dafür braucht es die Vernetzung von Behindertenhilfe, Altenhilfe und Gesundheitswesen sowie ein Übergangsmanagement.
  • Um die Solidarität zwischen den Generationen zu fördern und Menschen vor Vereinsamung zu bewahren, setzen wir auf wohnortnahe Treffpunkte, die Stärkung der Stadtteilzentren sowie die Förderung von Verantwortungsgemeinschaften und Patenschaften zwischen jüngeren und älteren Menschen.

8) Bezahlbares Wohnen in familienfreundlichen Stadtteilen
Familien sind genau wie alleinstehende ältere Menschen besonders auf das Wohnen und Leben im Viertel angewiesen. Sie brauchen zukunftsfähige und bezahlbare Wohnungen und ein Wohnumfeld, das soziales Miteinander ermöglicht, Räume für Spiel, Sport und Bewegung bietet sowie sichere Wege, Freiräume und Freiflächen, die gemeinsam gestaltet werden. Durch steigende Mieten werden immer häufiger auch soziale Träger verdrängt, die Kitas und Begegnungszentren betreiben. Wir wollen das Zusammenleben der Generationen zur Basis für die Stadtplanung machen: Kitas und Schulen könnten künftig neben Altersheimen entstehen, Nachbarschaftsgärten als Orte der Begegnung fungieren. Solche Anforderungen müssen in Neubau-Richtlinien verankert werden. Denn Stadtpolitik muss die Lebensqualität in den Stadtteilen sichern und verbessern und außerdem einen ökologischen Beitrag für die Zukunft leisten. Durch die energetische Erneuerung des Wohnungsbestandes wollen wir nicht nur das Klima retten, sondern Familien helfen, dauerhaft Heizkosten einzusparen. Wohnungspolitik ist für uns aber vor allem Daseinsvorsorge. Sie soll den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Stadt stärken anstatt Unterschiede zu zementieren:

  • Wir wollen Familien vor Verdrängung schützen und werden daher auch weiterhin  für ein Mietrecht kämpfen, das den Anstieg der Wohnkosten spürbar dämpft. In Milieuschutzgebieten, in denen oft viele Familien und ältere Menschen leben, wollen wir wieder Mietobergrenzen einführen. Belegungsrechte für große Familien wollen wir unter anderem durch bessere Förderkonditionen für Vermieter*innen forcieren.
  • Wir wollen Wohnungstauschbörsen einrichten – für all die Fälle, in denen Familien in zu kleinen und Einzelne in zu großen Wohnungen leben. Denn gerade Familien mit mehr als drei Kindern haben es schwer, eine passende Wohnung zu finden.
  • Nach Freiburger Vorbild wollen wir bei der Neubauförderung auch ein Programm auflegen, das für die Bereitstellung großer Wohnungen für Familien besondere Förderkonditionen gewährleistet.
  • Wir arbeiten an der Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit auf Bundesebene: Dadurch fördern wir gemeinnützig agierende Wohnungsunternehmen, die besondere Bedarfsgruppen wie Familien mit preiswertem Wohnraum versorgen.
  • Obdachlose Familien darf es in Berlin nicht geben. Das wollen wir durch eine Erhöhung der Unterkünfte für einkommensschwache Familien erreichen und deren Kosten fairer ausgestalten. Darüber hinaus setzen wir uns ein für aufsuchende Hilfe und Beratung durch die Sozialämter bei Mietschulden und drohender Zwangsräumung.
  • Die landeseigenen Wohnungsunternehmen müssen ihre Zusage einlösen, das geschützte Marktsegment auszubauen. Die beim Flüchtlingsgipfel zugesagten Bundesmittel für sozialen Wohnungsbau müssen auch nach Berlin fließen.

 

Die neue Wohnungsbauförderung und die Liegenschaftspolitik müssen auch generationenübergreifendes Wohnen, gemeinschaftliche Wohnprojekte und Bauen in Selbsthilfe fördern: Instrumente dafür sind die Vergabe von Grundstücken im Erbbaurecht sowie eine kleinteilige Parzellierung, damit auch Familien und gemeinschaftliche Wohnprojekte Grundstücke erwerben können und nicht nur große Investoren. Gerade genossenschaftliches Wohnen zeichnet sich durch Bezahlbarkeit, Generationengerechtigkeit und Familienfreundlichkeit aus. Wir wollen deshalb Familien bei der Finanzierung von Genossenschaftsgründungen und -anteilen finanziell unterstützen.

9) Mobilität für die ganze Familie
Ziel grüner Verkehrspolitik ist es, Verkehrsplanung neu zu denken und auf Augenhöhe der Kinder zu betrachten und zu planen. Grüne Verkehrspolitik sorgt für gute Luft zum Atmen und weniger Verkehrslärm. Sie stärkt dadurch die Gesundheit gerade von kleinen Kindern. Von regelmäßigen Querungshilfen, nicht zugeparkten Eckbereichen und verkehrsberuhigenden Maßnahmen – nicht nur im Bereich von Schulen und Spielplätzen –  profitieren nicht nur die Kinder, sondern alle, die zu Fuß oder mit dem Rad oder dem Rollator unterwegs sind in Berlin:

  • Wir setzen uns für den Erhalt von Jugendverkehrsschulen und verkehrsberuhigenden Maßnahmen rund um Schulen, Kitas und Treffpunkte für Ältere ein. Breite Fahrradstreifen und ein barrierefreier ÖPNV sichern die Mobilität der ganzen Familie.
  • Der Straßenverkehr muss für Kinder deutlich sicherer werden. Nur dann können sie beispielsweise in der Stadt ungefährdet Fahrrad fahren. Breite und gut markierte Fahrradstreifen anstelle von kombinierten Fahrrad-, Bus- und Taxispuren sorgen für gute Sichtbarkeit. Jedes Elternteil, das über ein Netz aus Radschnellwegen und Fahrradstraßen zu Schule und Arbeit fahren kann, bedeutet ein „Elterntaxi“ weniger vor der Schule.
  • Wir wollen Barrierefreiheit im ÖPNV - für Kinderwagen wie Rollstühle. U- und SBahnhöfe müssen für alle erreichbar sein, in Busse wie Taxis müssen alle Fahrgäste leicht einsteigen können. Auch barrierefreie Taxis müssen endlich in Berlin Standard werden.
  • Viele Berliner*innen können sich die im Vergleich zum Einkommen hohen Fahrpreise nicht leisten. Deswegen müssen insbesondere die Preise für Schüler- und Sozialtickets sinken. Nur so wird Kindern und Familien die Teilnahme an zum Beispiel Schulausflügen oder Familientrips ermöglicht. Familiengerecht sind Angebote von Bus und Bahn nur, wenn sie bezahlbar, aber auch pünktlich, einfach, sicher und sauber sind.