Gestern habe ich wieder was gelernt - Fundis gefunden

21.12.11 –

von Wolfgang Seelbach

(Stachlige Argumente Winter 2011, Nr. 184, Seite 50)

Es gibt jetzt in Berlin keine Grünen mehr, sondern nur noch Linke und Realos.
Mao hat das übrigens schon vorausgesagt: "Eins teilt sich in zwei", hat der mal gesagt.  Nun sind wir zwei. Zwei Parteien mit zwei getrennten Pressekonferenzen. Nun können wir endlich unser Lieblingsspiel spielen, dass Wowi, der Spielverderber, mit uns nicht wollte: Koalitionsverhandlungen - stopp: vorher machen wir Sondierungsgespräche. Und mit Inhalten geben wir uns erst gar nicht ab. Es geht gleich um Posten, das ist ja sowieso das Wichtigste. Wie die Piraten machen wir das jetzt auch alles schön transparent und öffentlich.

Bis gestern war ich Grüner. Nun muss ich mich entscheiden: Linker oder Realo? Dazu muss ich wissen, was der Unterschied ist. Einen Unterschied habe ich sofort verstanden: die Realos wollen 2 Sprecherposten, die Linken nur einen. Das hilft mir aber erst mal nicht weiter. Ach ja  da fällt mir doch noch ein Inhalt ein: der Realo-Sprecher hat 3 Tage vor den Wahlen die A100 als unverhandelbar erklärt. Das war ein guter Trick, denn Wowereit wollte ja unbedingt persönlich die A100.

Damit war schon mal klar, dass wir in der Opposition bleiben.
Früher nannten wir solche Leute Fundis. Aha, die Berliner Realos sind also Fundis, Realo-Fundis sozusagen. Und die Linken? Die haben einen Bezirks-Bürgermeister, der aus der Partei austritt, wenn die  A100 kommt. Also auch Fundis, Linke in den Fundis sozusagen.
Und die Bürgermeisterkandidatin? Die hat kurz vor der Wahl erklärt, mit der CDU geht gar nicht, kurz nach der Wahl, das vergessen wir der SPD nie (Wer hat uns verraten - ...). Die ist also jetzt  auch ein Fundi, eine neue Bundes-Fundi sozusagen - zumindest so lange, bis wir mit den Piraten die Mehrheit haben.

Und was wird nun aus mir?
Bis gestern war ich einfach nur grün. Jetzt habe ich ein Problem. Denn ich war nie Flügel, sondern Rumpf. Manchmal aber auch Flügel mal so, mal so. Mit Kosovo und Afghanistan hatte ich so meine Probleme - linksaußen also. Dass die Hartzer arbeiten sollen, fand ich gut - rechtsaußen also. Außerdem: Was ist eigentlich mit den ganzen anderen Flügeln, Strömungen, peer-groups usw., den Original-Fundis, den Öko-Libertären, den Ökosozialisten, den Christen in den Grünen ... Dürfen die denn jetzt auch mitverhandeln? Darf ich mich denen denn  jetzt gar nicht mehr zuordnen?

In meiner Verzweiflung habe ich den Kaiser angerufen. Der wusste Rat: "Geht's naus un spuit's Fussball! Dann schau'n mer mal!"

Liebe Leute, das ist es: Geht's raus und macht grüne Politik!

Der Autor ist der Sprecher der LAG Bildung im Landesverband Brandenburg