30.05.13 –
Roma und Sinti sind weder in Deutschland noch in Europa als gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger anerkannt. Darauf hat Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Ende April in seiner Gastrede auf dem Parteitag von Bündnis 90/Die Grünen in Berlin zu Recht verwiesen. Immer wieder sind sie Ausbeutung, sozialer Ausgrenzung und rassistischen Anfeindungen ausgesetzt. Das ist nicht nur eine Herausforderung für Sozialarbeit und Integrationspolitik, sondern für uns alle: Wenn Minderheiten Rechte vorenthalten werden, bedroht das langfristig das Fundament unseres demokratischen Rechtstaats. Um die systematische Ausbeutung und Diskriminierung der Roma zu beenden, müssen ihre Rechte endlich ebenso ernst genommen und durchgesetzt werden wie die aller anderen Bürgerinnen und Bürger.
Im November 2012 veranstalteten Bündnis 90/Die Grünen Berlin ein Fachgespräch mit dem Titel „Roma kommen, wo es Schrottimmobilien gibt.“ Ziel war es, das Geschäft mit der Armutsmigration politisch auf die Agenda zu heben und nach Wegen zu suchen, wie die Rechte von Roma und Sinti in Berlin durchgesetzt und ausbeuterische Verhältnisse bekämpft werden können.
In Metropolen wie Berlin, in denen es steigende Mietpreise und zugleich Schrottimmobilien gibt, werden Roma immer wieder Wohnungen bzw. Schlafplätze in Wohnungen, die sich in katastrophalem Zustand befinden, von dubiosen Vereinen und Trägern zu Wucherpreisen vermietet. Die Zwangslage, in der sich neu zugewanderte Roma häufig befinden, wird dann ein zweites Mal missbraucht, indem die Wohnungen geräumt werden, sobald die Immobilie für andere Zwecke verwendet werden soll. Dabei kommt es immer wieder auch zu offensichtlich rechtswidrigen Zwangsräumungen – ohne Vollstreckungstitel und Gerichtsvollzieher, wie 2012 in Berlin-Moabit geschehen.
Was sich dagegen tun lässt, diskutierten auf Einladung der grünen Landesvorsitzenden Bettina Jarasch: Barbara Lochbihler, menschenrechtspolitische Sprecherin der Grünen Fraktion im Europaparlament, Dr. Susanna Kahlefeld, Sprecherin für Partizipationspolitik der grünen Fraktion im Abgeordnetenhaus , Slovodan Savic, Sozialarbeiter in Berlin-Mitte, Benjamin Marx von der Aachener Siedlungs-und Wohnungsgesellschaft, Wibke Werner vom Berliner Mieterverein und Daniel Ibramovic von der Ambulanten sozialpädagogischen Erziehungshilfe AspE e.V. Barbara Lochbihler betonte, dass Roma in Deutschland wie in vielen europäischen Ländern ihre Rechte einfach verwehrt werden und es in den meisten Fällen keine Akteurinnen und Akteure gibt, die sich für sie stark machen. Sowohl Benjamin Marx als auch Daniel Ibramovic bestätigten, dass der Fall in Moabit kein Einzelfall ist. Roma müssten dazu ermutigt und befähigt werden, ihre Rechte als Mieterinnen und Mieter notfalls auch einzuklagen. Aufgabe der Politik sei es, auch bei den beteiligten Behörden ein Bewusstsein für die rechtliche Problematik und für ihre Verantwortung zu schaffen.
Um Fälle wie den in Moabit zu verhindern, haben die Grünen mittlerweile Informationsveranstaltungen mit den ebenfalls von Zwangsräumung bedrohten Bewohnerinnnen und Bewohnern der Scharnweberstraße 111 in Reinickendorf veranstaltet. Dabei wurde vor allem deutlich, dass Roma-Familien für die Durchsetzung ihrer Rechte eine fachanwaltliche Vertretung gegen die Vermieter benötigen.
Der politische Wille fehlt
Im neuen „Aktionsplan zur Einbeziehung ausländischer Roma“ des Berliner Senats ist wenig zu spüren von echtem Willen, diese Probleme zu lösen. Von illegalen Ver- und Entmietungen ist darin kaum die Rede, obwohl die Wohnungsproblematik eines der Kernanliegen war, das Senatorin Kolat angehen wollte. Einziges konkretes Vorhaben des Senats dazu ist die Errichtung einer Notunterkunft für Familien mit Kindern. Bündnis 90/Die Grünen fordern koordinierte Maßnahmen gegen die Vermietung ohne gültige Verträge und die illegalen Räumungen sowie eine ernsthafte Beteiligung der betroffenen Roma und ihrer Selbsthilfeorganisationen an der Erarbeitung von Lösungen und konkreten Maßnahmen.