Grüne im Südosten Berlins gehen Zählgemeinschaft mit SPD und CDU ein

19.12.11 –

von Andrea Gerbode und Peter Groos

(Stachlige Argumente Winter 2011, Nr. 184, Seite 37)

Wir Bündnisgrünen in Treptow-Köpenick haben in der vergangenen Wahlperiode selbst- und strategiebewusst Politik gemacht, waren uns unserer Oppositionsrolle gewahr und haben den politischen Gestaltungsspielraum genutzt, den die Konstellation in unserem Bezirk bietet:

SPD und Linke blieben auch in Zeiten des Rot-Roten Senats kooperationsunwillig, die Zusammenarbeit von SPD und CDU war von Anfang an mehr als holprig. Nicht selten und zunehmend konnten wir Mehrheiten finden oder entscheidend beeinflussen. Mit entsprechend breiter Brust und großen Erwartungen gingen wir in den Wahlkampf. Unser Ergebnis vom

18. September entsprach dem in anderen Bezirken. Einerseits konnten wir bei Stimmen und Prozenten ein deutliches Plus verzeichnen, die Fraktion wuchs von vier auf sechs Mitglieder. Andererseits sind wir weiterhin nicht im Bezirksamt vertreten und viertstärkste Fraktion geblieben. Der sehnlichst erhoffte große Schritt nach vorne, der strukturelle Einbruch in die bezirkspolitischen Machtverhältnisse, auf den wir fünf Jahre lang mit aller Kraft hingearbeitet haben, ist uns nicht gelungen.

Es war daher nicht einfach, in einer auch emotional so schwierigen Gemengelage die strategischen Möglichkeiten des Wahlergebnisses auszuloten und energisch in Verhandlungen zu treten. Schnell wurde klar, dass die einzige realistische Option eine Zählgemeinschaft mit SPD und CDU sein würde. Wir Grünen sind in die entscheidenden Gespräche mit einem inhaltlichen Papier gegangen, mit dem wir zu wichtigen Bereichen wie Haushalt und Immobilien, Bürgerbeteiligung, Verkehr, Bauen und Stadtplanung und Tourismus präzise Positionen bezogen. Wir haben deutlich gemacht, dass unsere Zusammenarbeit auf bestimmte wichtige Probleme und Projekte begrenzt sein sollte. Diesen Geist atmet auch die schließlich am 24. Oktober unterzeichnete Vereinbarung. Die Unterschiedlichkeit der Politikansätze von Grünen, SPD und CDU bleibt auch bei einer bezirklichen Zählgemeinschaft bestehen. Aber: Die Partner vereinbaren gemeinsame Ziele auf klar benannten Feldern, sichern sich einen kooperativen und kollegialen Umgang zu und gehen davon aus, dass die so konstruierte Vertrauensbasis groß genug ist, um als Zählgemeinschaft auch die sachliche Konfrontation bei nicht gemeinsam vertretenen Themen auszuhalten. So haben wir mit der Arbeit begonnen, den bisherigen Fraktionsvorsitzenden der SPD, Oliver Igel, zum Bezirksbürgermeister und die übrigen Kandidaten von SPD und CDU zu Stadträten gewählt. Dass wir Grünen keinerlei Absicht haben, uns in der Zählgemeinschaft einzumauern, machten wir dadurch deutlich, dass wir auch die Kandidaten der Linken unterstützten.

Von der Zählgemeinschaft erwarten wir, neben deutlich besseren Erfolgsaussichten bei zentralen grünen Anliegen wie dem Radverkehr und der Bürgerbeteiligung und der ständigen Einbindung in die Arbeit des Bezirksamtes, auch eine viel stärkere öffentliche Wahrnehmung der gewachsenen Bedeutung unserer Partei im Bezirk. Deshalb haben wir hart um das Amt des BVV-Vorstehers verhandelt, das wir in der Mitte der Wahlperiode von der SPD übernehmen werden. Daneben behalten wir den Vorsitz im Haushaltsausschuss und werden Bürgerdeputierte in zwei Ausschüsse stellen, die uns nach dem Wahlergebnis nicht zustanden.
Mit diesem Verhandlungsergebnis können wir sehr gut leben!

Die Autorin und der Autor sind die Fraktionsvorsitzenden in der BVV Treptow-Köpenick