WIDERSETZEN – das ist unsere Stadt!

12.04.18 –

Von Werner Graf, Katrin Schmidberger und Lisa Paus

Über 200 Initiativen und Verbände rufen für Samstag, den 14. April 2018, zu einer stadtweiten Demonstration mit vorangegangener Aktionswoche auf, um lautstark und bunt einen Paradigmenwechsel in der Wohnungspolitik einzufordern: Die Bundesregierung muss ihre Verweigerungshaltung endlich aufgeben und die Städte unterstützen statt sie weiter sozial zu spalten!

Wohnen ist ein Grundbedürfnis und das Recht auf angemessenen Wohnraum hat in Berlin Verfassungsrang. Aber seit Jahren steigen die Miet- und Wohnkosten dramatisch. Immer mehr Berliner*innen müssen einen immer größeren Anteil ihres Haushaltseinkommens für die Miete ausgeben und können sich immer weniger eine Wohnung leisten. Die Wohnungsnot hat alle Mieter*innen erreicht, der Mietvertrag ist zum Wertpapier geworden. Das ist fatal für die Berliner*innen. Denn hier sind 25 Prozent der Menschen arm oder armutsgefährdet. Und auch gutverdienende Familien finden kein neues Zuhause mehr. Die Wohnungs- bzw. Raumfrage ist zu der sozialen Frage geworden. Daran wird sich entscheiden, ob Berlin eine solidarische Stadt bleibt.

Verdrängung, soziale Spaltung und zunehmende Wohnungslosigkeit sind keine Naturgesetze in einer wachsenden Stadt. Und die Wohnungsmisere ist nicht einfach nur als Marktversagen abzutun, nein, es ist auch Politikversagen. Wir verlieren immer noch jede Menge Wohnungen im bezahlbaren Rahmen durch Luxusmodernisierungen, Umwandlungen in Eigentumswohnungen, Share Deals, durch den Missbrauch der energetischen Sanierung, durch die zu schwachen Schutzmechanismen des Milieuschutzes, die Zweckentfremdung von Wohnraum oder durch einen lückenhaften Kündigungsschutz. Und die Bundesregierung lässt die Städte im Stich, wenn sie versuchen, eine aktive Wohnungspolitik zu machen.

Für uns Grüne ist es zentral, das Primat des Gemeinwohls in der Mieten- und Wohnungspolitik wieder herzustellen. Grüne Stadträt*innen gestalten bereits seit einigen Jahren die Wohnungspolitik in den Bezirken Pankow, Friedrichshain-Kreuzberg, Tempelhof-Schöneberg, Neukölln und Charlottenburg-Wilmersdorf. Aber in der Wohnungspolitik stoßen die Bezirke schnell an Kompetenz- und Ressourcengrenzen.

Während die Bundesregierung sich seit Jahren für eine lückenhafte Mietpreisbremse feiert, setzen wir uns von den Bezirken bis zum Bund für tiefgreifende Veränderungen ein und reizen dabei die Bezirkskompetenzen so gut es geht aus. Doch gleichzeitig legen Investor*innen seit der Finanzkrise ihr Geld verstärkt in Immobilien an, mit überhöhten Renditeerwartungen. Der Trend zum Wachstum einzelner Akteure ist ungebrochen. Dabei zeigt sich der Einfluss des Bundes durch das Miet- und Baurecht auf die Bezirke und das Land immer deutlicher. Und somit treten auch immer mehr Schlupflöcher zu Tage, die dringend geschlossen werden müssen.

Wir Grüne haben weitreichende Forderungen im Bereich des Miet- und Baurechts für den Bund, die die Berliner*innen dringend brauchen. Für eine grundlegende Wende in der Wohnungspolitik und einen Aufbruch für nachhaltigen Neubau brauchen wir auch eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit, mit der wir die Wohnungsnot abbauen und die soziale Spaltung verhindern können. Sie soll dafür sorgen, dass öffentliche geförderte Wohnungen wieder dauerhaft sozial gebunden werden nach dem Vorbild von Österreich und der Niederlande.

Dazu fordern wir Grüne auf allen drei Ebenen konkret:
- einen echten Aufbruch für bezahlbaren Wohnraum durch Einführung der grünen neuen Wohnungsgemeinnützigkeit
- einen wirksamen Schutz von Mieter*innen und Mieter durch:
    ·   die Schließung der Lücken im Miet- und Baurecht
    ·   die Weiterentwicklung des Milieuschutzes zu einem Mieterschutzinstrument
    ·   Die Einführung eines Verbandsklagerechts sowie kollektiver Mieter*innenrechte
-  eine Eindämmung der Spekulation mit Wohnraum durch Abschaffung der Share Deals und Stärkung des Vorkaufsrechts

Eine solidarische Stadt muss unsere Vision bleiben. Deshalb dürfen wir Berlin nicht der unsichtbaren Hand des Marktes überlassen. Berlin darf nicht den gleichen traurigen Weg wie andere europäischen Metropolen gehen. Die Berliner Mischung gilt noch als europaweites Vorbild. Das ist nicht einfach vom Himmel gefallen, sondern wurde hart erkämpft - von den Mietenbewegungen, Besetzer*innen, Migrant*innen und uns Grünen. Wir können und müssen als Stadtgesellschaft gegensteuern.

Deshalb stehen wir Bündnisgrüne an der Seite der Initiativen. Wir verstehen uns als Teil der Mieter*innenbewegung und unterstützen die Demonstration. Auch weil der Mietenkampf nur zu gewinnen ist, wenn die Initiativen und die Politik zusammen arbeiten. Und deshalb lasst uns ALLE gemeinsam WIDERSETZEN und mit den Initiativen und Mieterverbänden zusammen um unsere Kieze und Stadtteile kämpfen!

Katrin Schmidberger, wohnungs- und mietenpolitische Sprecherin der grünen Fraktion im Abgeordnetenhaus
Werner Graf, Landesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen Berlin
Lisa Paus, MdB