Wir werden keinem Koalitionsvertrag zustimmen, der den Weiterbau der A100 festschreibt

28.09.11 –

In den Sondierungsgesprächen war ein möglicher Weiterbau der A 100 ein dicker Brocken der Verhandlungen. Denn beide Seiten haben sich vor der Wahl festgelegt. Der Regierende Bürgermeister hat sich deutlich für den Weiterbau und die damit verbundenen Investitionen in Berlins Infrastruktur ausgesprochen. Wir hingegen haben deutlich gemacht, dass wir keinem Koalitionsvertrag zustimmen werden, der den Weiterbau der A100 festschreibt. Wir haben letztlich einen Kompromiss errungen, der die Kernanliegen beider Partner berücksichtigt und eine neue Option schaffen wird.

Sollte es zu einer Regierung aus SPD und uns kommen, gäbe es eine Kehrtwende in der A 100-Politik des Senats: Das neue vorrangige Ziel wäre es, die Bundesmittel für den Weiterbau der A 100 umzuwidmen und das Geld nicht für einen Neubau sondern für andere Infrastrukturmaßnahmen zu verwenden. Faktisch bedeutet das ein Moratorium für die Autobahnverlängerung.  

Soweit zum Inhalt des Kompromisses, den wir mit der SPD vereinbart haben. Was wir NICHT vereinbart haben ist eine Forderung, die die SPD am Dienstag in die Welt gesetzt hat: „Falls eine Umwidmung der Bundesmittel nicht möglich sei, wird gebaut.“ Dem haben wir nicht zugestimmt und dem werden wir auch niemals zustimmen,

Wir sehen als Grüne durch den Kompromiss mit der SPD eine große und realistische Chance, den Weiterbau der A100 ein für alle Mal zu kippen. Es ist allerdings eine Chance, für die wir kämpfen und uns anstrengen müssen.

Was macht uns so optimistisch?

Zunächst einmal ist der Planfeststellungsbeschluss zur A100 noch gar nicht rechtskräftig. Erst im nächsten Jahr wird das Bundesverwaltungsgericht über die Klagen vom BUND und dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit seinem grünen Bürgermeister Franz Schulz gegen den Weiterbau entscheiden. Sollte das Gericht den Planfeststellungsbeschluss kippen, ist das Projekt ohnehin tot.

Anderenfalls stellt sich immer noch die Frage nach der Finanzierung. Im Bundeshaushalt für 2012 sind die Mittel für den Weiterbau der A100 gar nicht eingestellt. Viele Experten vertreten die Einschätzung, das Geld wird aufgrund der Finanz- und Infrastrukturkrise des Bundes vor 2014 auf keinen Fall kommen, wenn überhaupt jemals.

Aber wenn die Mittel fließen, ist unser Kompromiss mit der SPD die Grundlage für das politischen Handeln und die Zielsetzung eines rot-grünen Senats: Wir wollen aktiv eine Umwidmung der Gelder betreiben und dafür sehen wir eine große Chance.

Verkehrsminister Ramsauer (CSU) hat auch deshalb nicht Recht, wenn er behauptet, eine Umwidmung sei gar nicht möglich. Schließlich gibt es Beispiele aus anderen Bundesländern, in denen genau das gemacht wird, was wir vorhaben. Dafür müsste Berlin lediglich andere Investitionen in den Erhalt der bestehenden Infrastruktur (Sanierung und Lärmschutz) anmelden. Die Absicht des CSU-Ministers ist allzu durchsichtig: Er verfolgt das Ziel, Rot-Grün zu verhindern und seine Freunde in der Berliner CDU an die Macht zu bringen. Unser Ziel ist Erhalt statt Neubau – übrigens ein Ziel, das Minister Ramsauer noch vor kurzem zu seiner politischen Maxime erhoben hat.

Die SPD hat aber auch mit der CDU Gespräche geführt. Die Entscheidung vor der Berlin steht, ist daher entweder eine Koalition aus SPD und CDU – der Beton- und Bankskandal-Koalition der 90er Jahre - oder eine Koalition aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Chance auf eine ökologisch-soziale Erneuerung Berlins. Von der Bildungspolitik über die Integration oder die Wirtschaftspolitik bis zur Klima- und Verkehrspolitik sind grüne Kernanliegen und Projekte mit der SPD umsetzbar.

In den Kitas und Schulen entscheidet sich die soziale Frage des 21. Jahrhunderts. Gemeinsam können wir Vertrauen in die Schulen zurückgewinnen und sie zu den Lernorten machen, auf die unsere Kinder und Jugendlichen einen Anspruch haben, den Ganztagsbetrieb ausbauen, diejenigen Schulen gezielt stärken, die es am meisten brauchen, und die Reformen so umsetzen, dass sie erfolgreich sind.

Wir wollen Mietsteigerungen begrenzen sowie bezahlbaren Wohnraum in der ganzen Stadt erhalten bzw. neu schaffen, mit den  Wohnungsbaugesellschaften und allen anderen Akteuren für dieses Ziel arbeiten und daran auch Berlins Liegenschaftspolitik neu ausrichten. Unser Klimastadtwerk kann zu einem Modellprojekt für die ökologisch-soziale Modernisierung von Berlins öffentlichem Gebäudebestand werden. Gekoppelt mit einem Klimaschutzgesetz, das ökologischen und sozialen Zielen verpflichtet ist, können wir in Berlin zeigen, wie Klimaschutz, die Anliegen von Mieterinnen und Mietern und eine zukunftsweisende Investitions- und Wirtschaftspolitik in Großstädten zusammengehen können.

Insgesamt sagen wir: Beim Thema A 100 und in vielen anderen Bereichen ist gemeinsam mit der SPD ein Aufbruch für Berlin möglich. Es besteht die Chance, Berlin ökologischer und sozialer zu machen. Und dafür sind wir bei der Wahl angetreten.


Mit freundlichen Grüßen,

Bettina Jarasch und Daniel Wesener, Landesvorsitzende