Tegel wird lange auf Nachnutzung warten

22.06.12 –

Im Ostteil des Tegeler Flugfeldes sollte eine neue Wohnsiedlung mit viel Grün entstehen. Doch auf Druck der IHK und des Bezirks Reinickendorf sieht der neue Flächennutzungsplan nun dort 200 ha Industrie-und Gewerbefläche für „Zukunftstechnologien“ vor. Etwa 260 ha sollen dem Tegeler Forst und dem Landschaftsraum zurückgegeben werden.

Die gute Anbindung an die Autobahn und der Arbeitsplatzbedarf in Reinickendorf sprechen durchaus für einen Technologiepark. Wir Grünen haben dies im Grundsatz auch unterstützt, wir haben aber gefordert, die Fläche auf das 90 ha große Abfertigungsgelände zu beschränken. Der Bebauungsplan wird auch jetzt auf dieses bereits versiegelte Areal begrenzt. Vielleicht hat unser Protest gegen die Versiegelung von Teilen des Flugfelds hier gewirkt. Denn natürlich hat die große Freifläche als Kaltluftsee und Klimaschneise für den Nordwesten Berlins eine große Bedeutung. Das Feld ist auch Trinkwassereinzugsgebiet für das Wasserwerk Tegel.

Keine konkreten Konzepte in Sicht
Für das Flughafenoktogon hat der Architekt Gerkan ein Umwelttechnologiezentrum gefordert. Die Beuth-Hochschule und die TU würden sich gerne dorthin mit einem Forschungscampus erweitern. Wahrscheinlich fehlt Berlin aber für all diese Wünsche das Geld. Es ist auch sinnvoller, dass sich die Hochschulen stadtintegriert entwickeln und vernetzen. Für die TU ist da guter Platz auf dem verödeten Riesenradgelände.

Ein großer Fehler ist, dass der Senat ebenso wie beim Tempelhofer Feld vor jeglicher Konkretisierung der Planung der Adlershof Projekt GmbH bereits die Trägerschaft für das Areal übergeben hat. Da wird nun Monat für Monat viel Geld verbraucht, ohne dass konkrete Umsetzungskonzepte in Sicht sind – zumal Tegel nun noch länger Flughafen bleibt.

Zu viele Gewerbe- und Industrieflächen im Land
Das Hauptproblem aber ist Berlins Überangebot an Gewerbe- und Industrieflächen. Berlin möchte sich als Industriestandort neu profilieren und bietet dafür 3 000 ha Flächen an.


Am Flughafen BER warten zusätzlich 1350 ha Gewerbeflächen. Für Zukunftstechnologien stehen in Adlershof noch 60 ha bereit, im „Clean Tech Business Park Marzahn“ 100 ha. Auf dem Tempelhofer Feld soll ebenso E-Mobility forciert werden wie in Tegel. Der Senat ist unfähig, klare Prioritäten zu setzen. Auch zeigt die Krise der Solarwirtschaft, dass die Bäume grüner Zukunftstechnik nicht in den Himmel wachsen, sondern sehr plötzlich nach Asien verlagert werden können.

Das wichtigste für Tegel ist aktuell ein Öffnungskonzept. Das wird hier komplizierter als in Tempelhof. Aber wenn der Flugbetrieb eingestellt ist, wollen wir nicht wieder Jahre warten. Darum muss die Einbindung des Flugfeldes in die Landschaft, die Anbindung für Fuß- und Radwege und die hier notwendige Abtrennung vom Abfertigungsgelände zügig vorbereitet werden. Später sollte es auch eine Fahrradbrücke über den Hohenzollernkanal zur Jungfernheide geben. Dann gewinnt der Nordwesten Berlins einen wunderbaren Erholungsraum.

Franziska Eichstädt-Bohlig

Zahlen und Fakten: Gesamtfläche 460 Hektar
„Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt hat aufbauend auf einer Grundlagenermittlung sowie der „Werkstatt Tegel“ 2009 und 2010 ein Strukturkonzept als Vorgabe für die Standortentwicklung Tegels erarbeitet als Basis für die Änderungen von Flächennutzungsplan und Landschaftsprogramm. Parallel dazu hat sich der Senat mit Beschluss vom 18.5.2010 auf die Koordinierung und Abstimmung der Aufgaben zwischen den Senatsressorts Stadtentwicklung, Wirtschaft, Finanzen und Wissenschaft verständigt, in enger Zusammenarbeit mit dem Bezirk Reinickendorf.“ senstadt