27.09.19 –
KLIMAGERECHTIGKEIT JETZT – KLIMANOTSTAND IN BERLIN!
Wir müssen die Realität beim Namen nennen und dementsprechend handeln: Der Klimawandel ist die größte Krise der Menschheit und eine Überlebensfrage für unsere und alle nachfolgenden Generationen. Wir steuern auf eine Katastrophe zu und haben weniger als 10 Jahre, um das schlimmste abzuwenden. Dafür reichen nicht ein paar einzelne Gesetze, dafür müssen wir das große Ganze in den Blick nehmen.
Die Frauen*Konferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Berlin fordert deshalb das Berliner Abgeordnetenhaus, sowie die Bezirksverordnetenversammlungen der Bezirke auf, den Klimanotstand (engl. "climate emergency") auszurufen und damit die menschengemachte Klimakrise offiziell anzuerkennen sowie Klimaschutzmaßnahmen wie im Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK) 2030 beschlossen höchste Priorität einzuräumen und schnellstmöglichst umzusetzen. Wir wollen in Berlin nicht mehr darüber diskutieren, ob und wie schnell wir Klimaschutzmaßnahmen umsetzen, sondern wie wir alle den Prozess unterstützen können.
Der Klimakrise gemeinsam entgegentreten!
Beim Klimanotstand geht es uns darum, die Realität beim Namen zu nennen und anzuerkennen, dass Klimagerechtigkeit in allen Politikfeldern höchste Priorität haben muss. Der Begriff Notstand ist in Deutschland juristisch festgelegt und gibt normalerweise Regierungen die Möglichkeit, die Gesellschaft von politischen Entscheidungsprozessen auszuschließen. Im Gegensatz dazu soll beim Klimanotstand die Gesellschaft nicht in ihren Rechten eingeschränkt, sondern aktiv mitgenommen werden. Wer meint, die Klimakrise könnte alleine durch politische Entscheidung ohne Unterstützung der Gesellschaft eingedämmt werden, hat das Ausmaß unserer aktuellen Situation nicht verstanden. Die tiefgreifende Veränderung unserer Lebensweise, der es bedarf, um eine klimagerechte Welt zu schaffen, ist ohne den Rückhalt der Gesellschaft nicht zu schaffen.
Wir verstehen die Ausrufung des Klimanotstands als einen Appel, der die Möglichkeit hat, mehr Menschen für das Thema zu sensibilisieren. Denn heute können wir noch mitentscheiden, wie sich die Welt verändert. In 10 Jahren, wenn weitere Kipppunkte erreicht werden, verändert sich die Welt, ohne dass wir etwas dagegen tun können. Allen Menschen muss klar werden, wie wichtig es ist, jetzt radikale Klimagerechtigkeitspolitik zu machen. Von den Folgen des Klimawandels sind diejenigen am meisten betroffen, die am wenigsten dazu beitragen. Dies gilt innerstädtisch sowie global. In Berlin leben etwa meist finanziell schwächer ausgestattete Menschen an vielbefahrenen Straßen oder in energetisch schlecht sanierten Häusern. Der Klimawandel ist somit auch eine soziale Gerechtigkeitsfrage, weil nur bestimmte Menschen über die Mittel verfügen, sich gegen die Folgen des Klimawandels zu wehren. Es geht uns nicht darum, dass wir den Berliner*innen grundlos Dinge wie das Autofahren oder das Fleischessen verbieten, sondern dass wir unser aller Lebensgrundlage erhalten wollen. Gesellschaftliche Veränderung können wir nur gemeinsam schaffen, indem wir uns über unsere Bedürfnisse austauschen und überlegen, wie wir diese gesellschafts- und umweltverträglich befriedigen können. Niemand soll ausgeschlossen oder benachteiligt werden. Klimaschutz und Sozialverträglichkeit müssen zusammen gedacht werden.
Keine Klimagerechtigkeit ohne Geschlechtergerechtigkeit
Die Klimakrise geht uns alle an, aber manche Menschen sind und werden vom Klimawandel stärker betroffen sein als andere. Durch die Klimakrise werden bestehende soziale Ungerechtigkeiten wie Sexismus oder Rassismus noch verstärkt.
Von Umweltkatastrophen sind Frauen* stärker betroffen, weil sie zum Beispiel nicht schwimmen gelernt haben, sie sich im Gegensatz zu den Männern Zuhause aufhalten, wo es keine Frühwarnsysteme gibt oder sie zusätzlich für Kinder oder älteren Verwandte verantwortlich sind. Frauen* haben oft geringere CO2-Fußabdrücke als Männer, wenn sie sich aufgrund geringerer finanzieller Möglichkeiten zum Beispiel kein Auto leisten können.
Diese ungerechten Verhältnisse wollen wir beenden. Deshalb sprechen wir auf unserer Frauen*Vollversammlung unsere Solidarität mit Frauen* weltweit aus und verdeutlichen damit, dass Feminismus und Klimagerechtigkeit zusammen gedacht werden müssen.
Der Klimanotstand muss Folgen haben und darf nicht einfache Symbolpolitik bleiben!
Höchstes Ziel muss es sein, das 1,5 Grad Ziel, auf das sich bei der Klimakonferenz 2015 in Paris geeinigt wurde, einzuhalten. Im Koalitionsvertrag wurde sich geeinigt, die Berliner Klimaziele an die von Paris anzugleichen. Diese Vereinbarung muss schnellstmöglichst umgesetzt werden. Um das 1,5 Grad Ziel zu erreichen, müssen wir uns jetzt überlegen, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, damit Berlin schnellstmöglich seine Treibhausgasemissionen auf ein Netto 0 reduziert, die Verkehrswende gelingt und wir aus der Kohle aussteigen.
Im ersten Schritt fordern wir...
1. Alle von der Stadt Berlin eingeleiteten Maßnahmen werden ab sofort unter einen Klimavorbehalt gestellt, das heißt Auswirkungen auf das Klima müssen bei Entscheidungen prioritär mitberücksichtigt werden. Im Falle von erhöhter Klimabelastung, muss eingehend nach Alternativen gesucht und falls unumgänglich, Kompensationsmaßnahmen festgelegt werden.
2. In allen Berliner Bezirken sollen Klimaschutzbeauftragte (sogenannte Klimamanager*innen) angestellt werden, die die Umsetzung des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms (BEK) 2030 auf Bezirksebene koordiniert und dessen Fortschritt überprüft.
3. Klimaräte sollen in den Bezirken einberufen werden, die die*den Klimabeauftragte*n unterstützen, dazu beitragen, Maßnahmen bekannt zu machen und deren Folgen und Notwendigkeiten der Bevölkerung näher zu bringen. Dieses Gremium soll divers sein und verschiedene Perspektiven abbilden.
4. Die Zahlen für die Treibhausemissionen für verschiedene Sektoren müssen vollständig erfasst und veröffentlicht werden. Für landeseigene Unternehmen gibt es erfreulicherweise bereits Fahrpläne, um CO2 Emissionen schnellst möglichst zu reduzieren. Zu der Erarbeitung dieser Fahrpläne sollen auch weitere der Haupt-CO2-Emmitenten verpflichtet werden.
5. Berlin und Brandenburg sollen als Energieregion stärker zusammen gedacht werden. Der Berliner Ausstieg aus fossilen Energieträgern ist nur konsequent, wenn auch Brandenburg ausschließlich erneuerbare Energie produziert. Die Gespräche zwischen den beiden Ländern sollen deshalb intensiviert werden. Thema soll auch sein, wie Berlin Brandenburg beim Ausstieg unterstützen kann.
6. Um Klimaschutz auf Landesebene transparent und öffentlichkeitswirksam zu gestalten, soll eine Website eingerichtet werden, die über kommunale Klimaschutzmaßnahmen informiert und Möglichkeiten zur Mitwirkung darstellt. Diese Informationen sollen in einfacher Sprache sowie mehrsprachig zugänglich sein. Außerdem soll die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in Kooperation mit der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie damit beauftragt werden, ein Konzept zu erarbeiten, wie alle Berliner*innen dabei unterstützt werden können, zur sozial-ökologischen Transformation beizutragen.
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