Vattenfalls Ausweitung der Holzverbrennung stoppen

03.06.23 –

Beschluss auf der Landesdelegiertenkonferenz:

Die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung in Berlin ist einer der größten Herausforderungen und Transformationen der nächsten Jahre in Berlin. Dabei setzen wir auf einem Mix aus unterschiedlich erneuerbaren Quellen und Technologien, wie z.B. (Groß)Wärmepumpen, Solarthermie, Abwärme aus beispielsweise Rechenzentren oder Abwasser - jede Technik am richtigen Ort. Neben Nahwärmenetze wird die Fernwärme weiter eine wesentliche Rolle bei der Wärmeversorgung unserer Stadt spielen. Aus diesem Grunde verfolgen wir die Dekarbonsierungsstrategie Vattenfalls besonders kritisch. Die von der Vattenfall Wärme Berlin in diesem Zusammenhang angestrebte Ausweitung der Nutzung von Biomasse für die Fernwärme lehnen wir ab. Für den Fall einer möglichen Rekommunalisierung der Fernwärme muss der Berliner Senat eine Kurkorrektur vornehmen.

Holzverbrennung ist weder klimaneutral noch CO2-neutral. Obwohl bereits jetzt die Berliner Heizkraftwerke mehrere Tonnen CO2 pro Jahr aus Holzverbrennung emittieren, weisen die Energie- und CO2-Daten des Amt für Statistik Berlin-Brandenburg Brennholz als CO2-neutral aus. Pro produzierte

Wärmeeinheit können die CO2-Emissionen bei Holz bei nicht-nachhaltiger Nutzung und ohne Wiederaufforstung und Berücksichtigung der Liederkette um den Faktor 10 ansteigen und erreichen fast die Werte von Kohle oder Gas. In Deutschland wurden im Jahr 2022 ca. 14 Mio. Kubikmeter Holz für die Energieerzeugung eingeschlagen, das sind 32 Prozent mehr als im Durchschnitt der Jahre 2012-2021. Der Holzeinschlag zur Energieerzeugung hat den höchsten Wert seit der deutschen Vereinigung erreicht1. Der Anteil von sog. „Schadholz“ am gesamten Holzeinschlag liegt bei 56 Prozent, ein großer Teil davon geht in Heizkraftwerke.

Holz zur energetischen Nutzung stammt auch aus Berliner Wäldern. Nach dem Berliner Landeswaldgesetz und der Berliner Waldbaurichtlínie dienen die Berliner Waldflächen in erster Linie als Bürgerwald zur Erholung und zum Zweck der Erhaltung von Ökosystemleistungen wie Kühlung, Beschattung, Reinhaltung der Luft, Erhalt und Erhöhung des Wasserspeicherrs, Erhalt und Erhöhung der Biodiversität und der Artenvielfalt, ober- und unterirdische Kohlenstoffsenken. Der forstwirtschaftlichen Nutzung wird eine nachgeordnete Rolle eingeräumt. Aufgrund des Klimawandels sind sie in einem bedenklichen Zustand. Damit die Wälder nicht kollabieren, sondern ihre Fähigkeit zur CO2-Entnahme aus der Atmosphäre und CO2-Speicherung als Gegenmittel gegen das Fortschreiten des Klimawandels entfalten können, sollte möglichst wenig Holz entnommen werden, wobei das Primat gilt: Der Lebenszyklus von Holz als Kohlenstoffspeicher muss so weit wie möglich erhalten bleiben.

Nach den Plänen der Energiewirtschaft, besonders der Vattenfall Wärme Berlin AG unter Billigung des Senates, sollen die in den Berliner Kraftwerken zu verbrennenden Holzmengen vervielfacht werden,, womit die CO2-Emissionen weiter in die Höhe steigen. Holz ist keine erneuerbare Energiequelle, wenn die großen Mengen an Bäumen nicht in kurzer Zeit nachwachsen können. Holzverbrennung sollte sukzessive heruntergefahren und beendet werden.

Wir fordern deshalb,

 1. dass die CO2-Emissionen aus der Holzverbrennung in den Berliner Heizkraftwerken ab sofort in die Berliner Energie- und CO2-Bilanzen aufgenommen werden und Holzverbrennung nicht wie bisher als CO2-neutral in Verträgen des Landes Berlin, in Gesetzen, Verordnungen und Statistiken ausgewiesen wird.

2. dass der Senat alles in die Wege leiten wird - u.a. auch bestehende Vereinbarungen zurücknehmen - damit Vattenfall Wärme Berlin AG die in den vergangenen Jahren begonnene Holzverbrennung in den Berliner Heizkraftwerken beendet. Dies geschieht unabhängig davon, ob das Holz aus Berlin, Brandenburg und anderen Bundesländern oder von internationalen Märkten stammt. Bestehende Berliner Kraftwerke dürfen nicht auf Holzverbrennung umgestellt werden, ebenso sind Neubauten von Anlagen zur Holzverbrennung auszuschließen.

3. dass der Berliner Senat seinen Verpflichtungen nachkommt und die Offenlegung und Überprüfung der Lieferketten von Holz veranlasst. Dies hat auch das Ziel, dem ausufernden nationalen und internationalen Holzdiebstahl und -schmuggel Einhalt zu gebieten und ermöglicht die CO2 Emissionen aus der Holzverbrennung korrekt anzugeben.

4. dass die Berliner Forsten beauftragt werden, die Verwertung von Holz aus Berliner Wäldern anders als bisher selbst zu kontrollieren, zu steuern und dabei dessen Verbrennung in Heizkraftwerken zu unterbinden. Dazu muss der Senat eine Verwaltungsrichtlinie gem. des Berliner Vergaberechts erlassen.

5. dass bis zur Beendigung der Holzverbrennung Holz aus Wäldern zur Energiegewinnung in den Berliner Heizkraftwerken nachrangig nach Prüfung einer möglichen stofflichen Nutzbarkeit und unter strengen Kontrollen von Herkunft und Art des Holzeinschlags genutzt wird. Angesichts der Gefährdung der Wälder durch Klimawandel und Dürreperioden müssen so viel Bäume und so viel Totholz (Biotopholz) wie möglich in den Wäldern belassen werden, um ihre Widerstandskraft und Überlebensfähigkeit zu stärken.

6. dass Holz aus Kurzumtriebsplantagen (KUP) nur in einem Umfang genutzt werden darf, der den Beitrag der Landwirtschaft zur Ernährungsversorgung nicht signifikant einschränkt. Die Orte des Anbaus von KUPs sind so zu wählen, dass der hohe Wasserbedarf der Plantagen den Wasserhaushalt im Boden nicht gefährdet. Der Einsatz von Herbiziden und Pestiziden ist zu vermeiden. Diese landwirtschaftlichen Flächen können energieeffizienter für AGRI-Photovoltaik statt als KUP genutzt werden, dafür sollten Anreize bei Verpächtern geschaffen werden.

Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein

7. dass die nationale Umsetzung der (EU-) Erneuerbaren-Energien-Richtlinie RED III die Möglichkeiten der Holzverbrennung deutlich stärker einschränkt als die Mindestvorgabe von RED III vorsieht. Entsprechend muss die Biomasse-Strom-Nachhaltigkeitsverordnung bei der energetischen Nutzung von Waldholz verschärft werden.

8. dass, wie vom Umweltbundesamt gefordert, der Ausstieg aus der energetischen Nutzung von Holz vollzogen und die entsprechende Förderungbeendet wird.

1 Statistisches Bundesamt v. 14.04.2023

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Lebenswerte Stadt