Ein Bekenntnis zur Kultur: Gegen den schwarz-roten Kultur-Kahlschlag!

01.10.25 –

Beschluss auf dem Landesausschuss:

Die massiven Einsparungen im Kulturhaushalt sind absolut unverantwortlich. Sie missachten die Kulturrendite und schaden dieser Stadt. Sie sind sozialpolitisch ungerecht, denn sie treffen vor allem die kulturelle Bildung und dadurch Projekte, von denen Menschen aus allen Lebenslagen profitieren. Die radikalen Kürzungen im Kulturhaushalt sind aber nicht nur sozialpolitisch ungerecht, sie gefährden auch den demokratischen Zusammenhalt in dieser Stadt. Denn es ist die Vielzahl der kleinen und großen Bühnen, die vielen Bibliotheken, Musikspielstätten und die unzähligen Projekte freischaffender Künstler*innen, die ein sichtbares Zeichen setzen gegen Diskriminierung, Menschenfeindlichkeit und die Verrohung des politischen Diskurses. Wer in diesem Umfang an Kultur spart, zerstört damit unser demokratisches Gemeinwesen. Bündnis 90/Die Grünen bekennt sich dagegen zur Kulturmetropole Berlin und macht sich stark für eine auskömmliche Finanzierung unseres Kulturlebens!

Wir fordern:

1. Mehr Raum für die Kultur!

An der Raumfrage hängt die Zukunft der Kulturstadt Berlin. Um kreativ arbeiten und Berlin zu einer Kulturmetropole machen zu können, benötigen unsere Kulturschaffenden dringend mehr Arbeitsräume!

Gentrifizierung, steigende Mieten und Immobilienspekulationen machen es aber immer schwerer, bestehende Räume zu sichern. Die radikalen Mittelkürzungen für das Arbeitsraumprogramm und das Kulturraumbüro sind deshalb eine kulturpolitische Bankrotterklärung, die die Zukunft des Kulturstandortes Berlin gefährden.

Wir fordern 3.000 zusätzliche, geförderte Arbeitsräume. Wir fordern viel mehr Möglichkeiten zur temporären Nutzung von Produktions- und Proberäumen. Wir fordern die kulturelle Zwischennutzung leerstehender Gewerberäume. Auch deshalb ist die auskömmliche Finanzierung der bestehenden Raumprogramme und eine nachhaltige Kulturraumstrategie der Senatsverwaltung, die die Zukunft des Kulturstandorts Berlin sichert, unverzichtbar.

2. Freie Szene stärken! Neben den etablierten Kultureinrichtungen sind es vor allen Dingen die vielen Tausend freischaffenden Künstler*innen, die das kulturelle Leben in dieser Stadt maßgeblich prägen. Es sind tausende von Soloselbstständigen, die in Berlins wichtigstem Wirtschaftszweig, der Kreativwirtschaft, über 10 % der Einnahmen des Landes erwirtschaften. Unter oftmals prekären Bedingungen eröffnen sie uns neue ästhetische Horizonte, setzen Zeichen gegen Menschenfeindlichkeit und engagieren sich für das Gemeinwohl. Es ist deshalb skandalös, dass es einmal mehr die Freischaffenden besonders hart trifft! Zahlreiche Projekte werden zusammengespart oder fallen der schwarz-roten Einsparungswut zum Opfer! Auch das Arbeitsraumprogramm, das für viele Kulturschaffenden Arbeitsräume sichert, darf weder gekürzt noch gestrichen werden. Indem der Senat die Bedürfnisse der Freien Szene nicht berücksichtigt, gefährdet er die Zukunft der Kulturmetropole Berlin.

Wir fordern deshalb den Senat auf, die Interessen der Freien Szene insbesondere bei Fragen der Kulturraumplanung stärker zu berücksichtigen. Geförderte Künstler*innen und Kulturschaffende benötigen Planungssicherheit: Entbürokratisierung, transparente Förderentscheidungen und belastbare sowie zeitnahe Förderentscheide sind dafür unerlässlich.

3. Mindesthonorare sichern!

Die große Mehrheit der freischaffenden Künstler*innen in Berlin arbeitet und lebt unter prekären Bedingungen. Kulturarbeit bedeutet in vielen Fällen Selbstausbeutung! Die Absenkung der Haushaltsmittel für Mindesthonorare ist deshalb nicht nur sozialpolitisch ungerecht – sie ist eine Ohrfeige für die freischaffenden Kreativen in dieser Stadt. Es darf nicht sein, dass hochqualifizierte Selbstständige durch Berlin unterhalb jedes Mindestlohns beschäftigt werden.

Wir fordern deshalb die Finanzierung von Mindesthonoraren für Kulturschaffende, die sich in landesgeförderten und bezirklichen Kultureinrichtungen und Projektenengagieren.

4. Kulturelle Bildung retten! In Zeiten der gesellschaftlichen Polarisierung ist es wichtiger denn je, die außerschulische Demokratie- und Bildungsarbeit zu stärken. Die Kulturelle Bildung leistet hierzu einen wichtigen Beitrag. Entgegen den Ankündigungen im schwarz-roten Koalitionsvertrag wird die Kulturelle Bildung aber nicht ausgebaut, sondern ist von der Kürzungswelle besonders stark betroffen. Projekte wie der „KinderKulturMonat“, „Bauereignis Schule“ und viele andere sind gefährdet. Damit trifft es vor allem Projekte, die wichtige Bildungsarbeit für Kinder und Jugendliche aus allen sozialen Milieus leisten.

Wir fordern deshalb einen Ausbau der kulturellen Bildungsarbeit in Berlin über den bisherigen Umfang hinaus und eine langfristige Sicherung und Stärkung etablierter Projekte.

5. Keine Scheinselbstständigkeit der Musikschul-, Volkshochschul- und Jugendkunstschullehrer*innen!

Es ist skandalös, dass Berlin nach dem Herrenberg-Urteil im Jahr 2022 und der Urteilsbegründung 2023 noch immer keine Lösung für die vielen, oftmals scheinselbstständig angestellten Lehrer*innen gefunden hat. Stattdessen arbeitet noch immer ein Großteil der Betroffenen unter prekären Bedingungen und ohne soziale Absicherung. Das ist sozialpolitisch ungerecht und schadet der Bildungs- und Kulturarbeit in den Bezirken.

Wir fordern genügend Geld in den Haushalten, um alle Lehrer*innen legal beschäftigen zu können, egal ob in Vollzeit, Teilzeit oder als Selbstständige.

6. Kulturelle Grundversorgung, kulturelle Teilhabe sichern!

Eine vielfältige, kulturelle Grundversorgung ist Daseinsvorsorge und für unsere demokratische Gesellschaft unerlässlich. Kulturelle Teilhabe und der Zugang zu Kultur sind unverzichtbare Bestandteile unserer Demokratie. Die Kürzungsmaßnahmen des schwarz-roten Senats schaden folglich nicht nur der enorm wichtigen Kulturarbeit in den Bezirken, sie beschädigen unsere Demokratie. Wichtige Finanzierungsinstrumente wie die „Zielvereinbarung Öffentliche Bibliotheken“ wurden drastisch zusammengekürzt. Die Bezirksbibliotheken, kommunalen Galerien, Kinder- und Jugendtheater, Volkshoch-, Musik- und Jugendkunstschulen, aber auch soziokulturelle Zentren sind von der Kürzungsorgie direkt oder indirekt betroffen. Komplette Streichungen der Mittel, Veränderungen der Zielvereinbarungen und massive Einschnitte wie z.B. beim „FABiK“-Fonds zur Finanzierung von Ausstellungshonoraren treffen die bezirkliche Kulturarbeit empfindlich! Damit trifft es jene Kulturorte besonders, die auf die kulturelle Teilhabe aller hier lebenden Menschen abzielen. Gerade die vielen bezirklichen und projektgeförderten Kulturakteur*innen schaffen kostengünstige Angebote, die auch von Menschen genutzt werden können, die sonst von kultureller Teilhabe ausgeschlossen sind. Kulturelle Teilhabe darf nicht vom Geldbeutel abhängen!

Wir fordern deshalb den schwarz-roten Senat auf, die bezirkliche Kulturarbeit finanziell sicherzustellen.

7. Kulturelle Infrastruktur sichern!

In einer vitalen Kulturmetropole ist eine funktionierende, barrierefreie Infrastruktur, kritische Infrastruktur. Die mangelhafte Finanzierung unserer öffentlichen Infrastruktur in den letzten Jahrzehnten steht dem leider entgegen. Unsere Spielstätten, Museen oder Bibliotheken befinden sich deshalb allzu oft in einem beklagenswerten Zustand. Statt die kulturelle Infrastruktur wirklich zukunftsfähig zu machen, setzt der Senat auf halbgare Finanzierungsmodelle wie die Beleihung von Grundstücken oder Transaktionskredite. Solche finanzpolitischen Taschenspielertricks sind nicht geeignet, um der aktuellen Situation auch nur ansatzweise gerecht zu werden.

Wegweisende Infrastrukturprojekte wie die Sanierung der Komischen Oper müssen nachhaltig finanziert und haushälterisch abgesichert werden.

Wir fordern den Senat auf, kulturelle Infrastruktur als kritische Infrastruktur zu behandeln und auch Bundesmittel dafür zu verwenden.

8. Vielfalt hochhalten!

Ganz gezielt schaden die schwarz-roten Kürzungen insbesondere solchen Förderstrukturen, die die Diversität stärken und sichtbar machen sollen. Wegweisende Förderinstrumente wie die Einrichtung „Diversity, Arts, Culture“ sind bedroht. Damit zerstört der schwarz-rote Senat Förderstrukturen, für die der Kulturstandort Berlin international geschätzt wird. Es muss deshalb unser Anspruch sein, die Vielfalt unserer Kulturszene sichtbar zu machen, die Antidiskriminierungsarbeit zu stärken und Betroffene zu unterstützen.

Die drastischen Kürzungen bei der Diversitäts- und Antidiskriminierungsarbeit müssen deshalb zurückgenommen werden!

9. Vielfältiges Erinnern für eine vielfältige Stadt!

Um der kulturellen Vielfalt dieser Stadt gerecht zu werden, fordern wir eine Erinnerungskultur, die den verschiedenen Perspektiven aller Menschen in dieser Stadt gerecht wird. Hierzu gehört insbesondere die Erinnerung an den Kolonialismus, dessen Spuren bis heute nachwirken – und die noch immer überall in Berlin sichtbar sind. Einsparungen dürfen deshalb nicht zu Lasten der Erinnerungskultur gehen! Nach dem Ende des Modellprojekts „Dekoloniale“ ist der Senat in der Pflicht, weitere (de-)koloniale Projekte zu unterstützen und Erinnerungsorte sichtbar zu machen.

Wir fordern, die Erinnerungspolitik, insbesondere in den Bezirken, zu stärken.

10. Ein Bekenntnis zur Kultur – Kulturfördergesetz jetzt!

Der schwarz-rote Senat beweist mit seiner planlosen Finanzpolitik, dass ihm das kulturelle Leben und die Kulturschaffenden in dieser Stadt egal sind. Damit muss Schluss sein! Der Senat muss sich endlich zum großen Wert der kulturellen Arbeit in Berlin bekennen! Der bedarfsgerechte Ausbau der räumlichen Infrastruktur für kulturelle Zwecke muss in einem Kulturfördergesetz ebenso verankert werden wie stabile Förderstrukturen für etablierte Projekte und Kultureinrichtungen. Das Gesetz soll sich dabei zur ökologischen Nachhaltigkeit von Projekten und Einrichtungen ebenso bekennen wie zur Förderung von Transparenz und Diversität. Auch die soziale Absicherung von Kulturschaffenden und eine faire Bezahlung gehören in ein Kulturfördergesetz.

Wir fordern deshalb zeitnah ein Kulturfördergesetz, das die Vielfalt des kulturellen Lebens in Berlin langfristig sichert und weiterentwickelt.