Grüne Positionen für eine Richtlinie zum Berliner Wald

10.12.25 –

Vorläufiger Beschluss auf dem Landesausschuss:

Grüne Positionen für eine neue Richtlinie zu den Berliner Wäldern

Warum ein weiteres Positionspapier zum Berliner Wald nach dem Beschluss unseres Papiers „Die Berliner Wälder in der Klimakrise“ auf der LDK im Mai 2024?

Angesichts der fortgesetzten Verschlechterung des Zustands der Berliner Wälder, wie sich dies auch wieder in den Waldzustandsberichten der letzten Jahre gezeigt hat, wird von den regierenden Parteien, den Berliner Forsten und auch den Umweltverbänden eine Neubearbeitung der bisherigen Waldbaurichtlinie für notwendig gehalten. Von den Berliner Forsten wird das intern und gemeinsam mit der Senatsverwaltung bereits angegangen.

Wir Grüne denken, dass sich die forstliche Praxis grundsätzlich verändern muss. Sie darf den Waldbau nicht mehr in den Mittelpunkt stellen und nicht auf Holzwirtschaft ausgerichtet sein. Zur Erhaltung unserer Wälder und zur Verbesserung ihres Zustands muss der Umgang mit ihnen in der Praxis jetzt sofort auf die großen klimatischen Veränderungen und den massiv drohenden Verlust der Biodiversität ausgerichtet werden. Darüber hinaus stellen sich viele weitere Fragen zur Förderung einer natürlichen, selbstbestimmten Entwicklung des Waldes, zum Schutz und der Förderung biologischer Vielfalt und gerade auch in Berlin zu seiner Erholungsfunktion.

Dies muss auch in einer grundsätzlich neuen Richtlinie zum Handeln im bzw. zum Umgang mit dem Wald zum Ausdruck kommen. Hierzu haben wir unsere Positionen übersichtlich in einigen wichtigen Leitlinien und daraus folgenden Maßnahmen zusammengefasst, um sie in die zurzeit stattfindenden Diskussionen einzubringen.

Was sollte in einer Richtlinie zum Umgang mit dem Berliner Wald enthalten sein:

Allgemeine Ziele/ Leitlinien:

  1. Unsere Berliner Wälder als unsere „grüne Lunge“ und natürliche Klimaanlage, als Lebensraum für zahllose Arten, als Kohlenstoffspeicher, Wasserspeicher und als Erholungsort erhalten
  2. Förmliche Sicherung des Berliner Waldbestandes per Gesetz sowie eine Ausweitung des Bestandes, insbesondere durch Ankauf außerhalb der Landesgrenze
  3. Im Lichte der sich verstärkenden Klimakrise Widerstandsfähigkeit und Überlebensfähigkeit der Wälder sichern
  4. Dem Rückgang der Biodiversität aktiv entgegenwirken und die Artenvielfalt stärken (Renaturierungsmaßnahmen gemäß des EU-Gesetzes zur Wiederherstellung der Natur und des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz zügig voranbringen)
  5. Um die Doppelkrise Biodiversitätsverlust und Klimawandel wirksam zu bewältigen, Entwicklungen hin zu natürlichen und vielfältig strukturierten Wäldern zulassen und wo erforderlich unterstützen
  6. Natürliche Prozesse und Interaktionen der vielfältigen Lebensgemeinschaften über und unter der Erde müssen berücksichtigt werden, da sie in enger Wechselwirkung stehen und voneinander abhängig sind. Eingriffe in eines dieser Elemente können langfristige negative Folgen für das gesamte Waldökosystem haben.
  7. Dabei ist insbesondere der immense Umfang der verborgenen/unentdeckten Biodiversität und deren Folgen hinsichtlich der Stabilität der verschiedenen Waldökosysteme zu beachten
  8. Menschengemachte schädliche Einwirkungen auf das Ökosystem Wald minimieren

Daraus sich ergebende konkretere Ziele und Maßnahmen:

Schutzgebiete ausweiten

  • Mehr Waldgebiete unter strikten und rechtlich gesicherten Schutz stellen, d.h. mehr und größere Naturschutzgebiete schaffen, die auch tatsächlich den Anforderungen entsprechen. In den Natura 2000-Gebieten mit 15 FFH-Gebieten und 5 Vogelschutzgebieten die Naturqualität und Biodiversität bis 2030 merklich und sichtbar verbessern (wie es auch das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur fordert)
  • Die Naturwald-Entwicklungsflächen (ehemals Referenzflächen) mittels eines engmaschigen Monitorings beobachten und mit den anderen Waldflächen vergleichen
  • Ökokorridore zur Vernetzung von Ökosystemen/wertvollen Biotopen erweitern bzw. schaffen, die isolierte Gebiete miteinander verbinden und die Migration von Tieren, den genetischen Austausch zwischen Populationen sowie die Erhaltung der Biodiversität ermöglichen

 

Gezielte Ökologisierungsstrategie in allen Berliner Wäldern

  • Für die Berliner Wälder innerhalb wie außerhalb der Stadtgrenzen eine Strategie zur Stärkung der biologischen Vielfalt und der vorhandenen Arten erarbeiten, die für alle Waldreviere gemäß den besonderen Gegebenheiten vor Ort ausgestaltet wird
  • Konsequenter Erhalt von Altbäumen auf allen Waldflächen
  • Baumartenzusammensetzung in Laubmischwäldern der natürlichen Entwicklung überlassen
  • Erneuerung durch Naturverjüngung
  • Auf standortheimische Baumarten setzen
  • Den Fraß oder die Beschädigung von Trieben und jungen Bäumen durch ein differenziertes und evidenzbasiertes Wildtiermanagement reduzieren
  • Stehendes sowie liegendes Totholz im Wald belassen. Ausnahmen sind zu begründen.
  • Um Waldböden zu erhalten, einen Maßnahmenkomplex entwickeln, der die anthropogene Belastung verringert, natürliche Bodenbildungsprozesse bewahrt und das biologische Gleichgewicht unterstützt
  • Auf den Einsatz schwerer, bodenverdichtender Maschinen im Wald verzichten
  • Untersuchungen der Waldböden durchführen, um die Anreicherung von Schadstoffen (aus dem Verkehr, aus Kraftwerken, Industrie- und landwirtschaftlichen Betrieben sowie privaten Holzöfen) zu prüfen und Maßnahmen zur Reduktion einzuleiten
  • Im Fall von Waldbrand auf Regeneration der betroffenen Flächen vorwiegend aus eigener Kraft im Schatten des geschädigten Baumbestands setzen
  • Im Vorgehen, um in verdichteten Kiefernreinkulturen einen resilienten Wald entstehen zu lassen, laufend neue Erkenntnisse berücksichtigen, auch bezüglich der verschiedenen Standorte

Wasser und Moore im Wald

  • Entwässernde Infrastruktur in und an den Wäldern zurückbauen
  • Noch bestehende Waldmoore erhalten und renaturieren; ein Programm zur Wiedervernässung, zum Entkusseln und Freistellen der Moore aufsetzen; die Trinkwassergewinnung im Umkreis der Moore dementsprechend angleichen

Holzwirtschaft

  • Den Holzeinschlag auf ein Minimum reduzieren und dann nur in verdichteten Kiefernmonokulturen, mit dem Ziel einer Verdoppelung des in den Berliner Wäldern unterdurchschnittlichen Holzvorrats
  • Fällungen nur einzelner Bäume; Transport darf nur geringste Bodenschäden verursachen, deshalb den Einsatz schwerer Maschinen schnellstmöglich beenden
  • Vermarktung als Wertholz direkt durch die BF unter Ausschluss von Holzverbrennung

Fachkräfte und Monitoring

  • Kontinuierliche Weiterbildung der im Wald tätigen Menschen hinsichtlich der Ökologisierung des Waldes
  • Zusätzlich zu den Förstern auch vermehrte Mitarbeit von Waldökologen
  • Regelmäßiges satellitengestütztes Monitoring durchführen, das auch den Zustand der Waldböden einschließt
  • Stadt, Bevölkerung und Umweltbildung
  • Stärkung und Ausbau der Umweltbildungszentren und Waldschulen, um Umweltbildung und Bewusstsein für Waldpflege zu fördern
  • Jährliche „Waldtage“ mit öffentlicher Beteiligung organisieren; Schulprogramme zur aktiven Beteiligung an der Waldpflege ausbauen
  • Internationale Kooperationen und Bildungsprojekte zum Schutz der Wälder fördern
  • Verkehrsbeschränkungen auf den Waldwegen
  • Waldprävention ausbauen

Daraus folgend dürfen selbstverständlich folgende Maßnahmen nicht sein:

  1. Kahlschläge
  2. Durchforstungen und Ringeln von Bäumen
  3. Sprengungen der Bäume mit Dynamit
  4. Einbringen von gentechnisch veränderten Pflanzen
  5. Anpflanzen von nichtheimischen Bäumen
  6. Anlegen von Monokulturen
  7. Entwässern von Feuchtgebieten
  8. Verdichten des Bodens (z.B. durch Arbeiten mit Harvestern)
  9. Füttern von Wildtieren
  10. Rücksichtsloses Verhalten der Bürger bezüglich der Bedürfnisse des Waldes (z.B. Befahren außerhalb der dafür vorgesehenen Wege, freies Laufenlassen von Hunden, Müll hinterlassen etc.)

Kategorie

Grüne Stadt. Für alle.