Drogenpolitik der LAG im Wahlkampf

16.01.12 –

von Joachim Eul

(Stachlige Argumente Winter 2011, online)

"Wir wollen den Konsum von Alkohol, Tabak, Medikamenten und illegalen Drogen eindämmen.....“ stand  im Wahlprogramm der Berliner CDU!? – Weit gefehlt! – Das stand als einleitender Satz zum Abschnitt Drogenpolitik im Programmentwurf des grünen AH-Wahlprogramms, und sollte so durch die Berliner LDK im Frühjahr 2011 verabschiedet werden. Im Entwurf der Schreibkommission war noch zu lesen: "Der Konsum von Alkohol, Tabak, Medikamenten und illegalen Drogen ist gesellschaftliche Realität. Unsere Drogenpolitik setzt auf Prävention, Hilfe und Entkriminalisierung“ Das ging aber unserer grünen Oberbürgermeister-Kandidatin wohl zu weit, weil eine solche Aussage zu viele WechselwählerInnen zu den Grünen aus dem ehemaligen CDU und FDP-Lager abgeschreckt hätte, die aber für die Option stärkste Partei und Volkspartei mit Regierungsanspruch dringend gebraucht wurden. Die Berliner LAG Drogenpolitik machte darauf hin einem komplett neuen Wahlprogramm-Entwurf zur LDK, der zunächst an der LDK-Antrags-Kommission zu scheitern drohte. Schließlich unterbreitete Volker Ratzmann noch einen Kompromiss-Textvorschlag, welcher unter anderem die Punkte „rechtliche Gleichstellung von Cannabis mit den legalen Drogen“, sowie „Entkriminalisierung des Gebrauchs zu den übrigen Drogen“ enthielt und nach Zustimmung durch die zur LDK anwesende Vertretung der LAG Drogenpolitik und Übernahme durch die LDK Bestandteil des Wahlprogramms der Berliner Grünen wurde. Bis dahin schien zunächst drogenpolitisch auf grüner Landesebene noch alles in Ordnung, wenn auch im für die breite Öffentlichkeit bestimmten Kurzwahlprogramm das Thema Drogenpolitik mit den obigen Programmpunkten (da vermutlich wenig vereinbar mit einer grünen „Volkspartei“) wohl bewusst ausgeklammert wurde. Dieses Fehlen einer Aussage zu Drogen wurde aber doch zumindest von einem Redakteur der Zeitschrift Super-Illu am 21.07.2011 aufgegriffen, der in einem Interview mit Renate Künast monierte, dass die Grünen früher in deren Programmen stets die Legalisierung der (weichen) Drogen gefordert hätten, worauf diese antwortete: „In welchem Jahrhundert machen Sie eigentlich dieses Interview mit mir? Diese Zeiten sind längst vorbei. Mein Ziel ist es, dass die Menschen ein möglichst drogenfreies Leben führen...“ Drei Tage später gab es vom Führungskreis um Renate Künast die nächste Breitseite gegen alt hergebrachte grüne Drogenpolitik, diesmal war das Ziel das grüne BVV-Wahlprogramm Friedrichshain-Kreuzberg, wo auf Antrag des Autors dieses  Artikels steht: „Bei den illegalen Drogen befürworten wir eine Entkriminalisierung des Drogenbesitzes zum Eigengebrauch. Dies schließt auch einen Anbau von bis zu drei Hanfpflanzen auf Friedrichshain-Kreuzberger Balkonen mit ein.“ Angesprochen auf jene Textpassage übt dann auch in einem Artikel des Berliner Kuriers vom 24.07.2011 mit der Überschrift „Bekifftes Wahlprogramm - Grüne wollen Biermeile trockenlegen.“ sofort Andreas Schulze, Sprecher unserer damaligen grünen Spitzenkandidatin, scharfe Kritik an diesen Programm-Zeilen: „Hanf ist keine Bezirksangelegenheit. Unser Wahlprogramm gilt auch für Friedrichshain-Kreuzberg.“ Diese und ähnliche Statements aus offiziellen grünen Kreisen wurden dann über die sozialen Netzwerke und Foren im Internet (Facebook etc.) blitzschnell verbreitet. Auf der Hanfparade am 6. August 2011 und danach mussten sich die Mitglieder der LAG Drogenpolitik der Grünen folglich massive Kritik aus der Cannabis-freundlichen Bevölkerung Berlins vorwerfen lassen: „Euch (die Grünen), mit Eurer Renate Künast, werde ich diesmal bestimmt nicht mehr wählen ...“ Das haben jene Menschen dann wohl auch gemacht, und damit wesentlich mit zu den 3 Prozent Wählerwanderung von den Grünen zur Piraten-Partei beigetragen. Der Rest ist bekannt, die Grünen hatten ihren Spitzenwert-Umfragenwert vom April 2011 mit 31 % in Berlin, nach 5 Monaten (und diversen Pannen, nicht nur beim Thema Drogen) bei der Wahl im September fast halbiert...... Resümee: Wer, um es allen (WählerInnen) Recht zu machen, sein eigenständiges Profil zu weit abschleift, verliert mit dem Profil auch Markanz, Erkennungswert und Glaubwürdigkeit - und das kostet Sympathie. Jetzt sind wir Grüne prozentmäßig eben keine Berliner Volkspartei geworden, ..... vielleicht auch besser so  .....

Der Autor ist der Sprecher der LAG Drogen, LV Berlin