14.03.12 –
Volker Beck, Sprecher für Menschenrechtspolitik und Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, erklärt zum heutigen Besuch von Außenminister Westerwelle in Aserbaidschan:
"Westerwelle wäre gut beraten, wenn er die Menschenrechtslage in Aserbaidschan offen und ehrlich anspricht. Zwar versucht die Propagandamaschine von Präsident Alijew, uns vor dem Eurovision Song Contest 2012 in Baku etwas anderes vorzugaukeln, doch die Situation vieler Menschen in Aserbaidschan ist dramatisch. Westerwelle darf keinen Kotau vor der neuen wirtschaftlichen Stärke des Landes machen. Vielmehr sollte er die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern eng an die Verbesserung der Menschenrechtslage knüpfen. Andernfalls macht er sich unglaubwürdig.
Oppositionelle werden in Aserbaidschan weggesperrt, einzelne gesellschaftliche Gruppen wie etwa Homosexuelle werden staatlicherseits massiv diskriminiert und die Wahlen zum Parlament und Präsidentenamt werden offensichtlich und im großen Stil gefälscht. Der enorme Ölreichtum des Landes kommt ausschließlich der upper-class in Baku zugute, wer aber die Innenstadtbezirke verlässt, findet Zustände wie im sowjetischen Mittelalter.
All das kommt nicht ans Tageslicht, da Journalisten und Blogger stark eingeschränkt, verfolgt oder einfach eingesperrt werden. Der Kritik von Reporter ohne Grenzen schließe ich mich diesbezüglich ausdrücklich an.
Es ist gut, dass der Menschenrechtsbeauftragte Markus Löning den Außenminister begleitet. Er kennt die Situation im Land und hat sie richtigerweise auch schon oft kritisiert. Wenn er aber nicht nur ein menschenrechtspolitisches Feigenblatt der Bundesregierung sein soll, dann sollte Westerwelle die Einschätzungen Lönings ernst nehmen und der aserbaidschanischen Seite übermitteln. Bislang haben die prominenten Köpfe der Bundesregierung nämlich vornehm geschwiegen, wenn es um die Menschenrechtsverletzungen des Regimes Alijew ging.
Bei aller Kritik an Alijew und seinem unterdrückerischen System darf Westerwelle nicht vergessen, die wohl völkerrechtswidrige Besatzung großer aserbaidschanischer Gebiete durch armenisches Militär anzusprechen. Auch des Massakers von Chodschali vor 20 Jahren sollte er gedenken."