Klimafreundliche Mobilität in Europa stärken – Alternativen zum Flugverkehr ausbauen

07.12.19 –

Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz am 7. Dezember 2019

Alternativen für klimafreundliches Reisen in Europa schaffen – Nachtzugverbindungen wiederherstellen und über Nacht den Tag gewinnen!

Das europäische Verkehrssystem ist zu einseitig auf den Straßen- und Luftverkehr ausgerichtet. Zudem wächst der Luftverkehr jedes Jahr stark, was die Klimaschutzziele im Verkehrssektor unterläuft. Klima- und umweltfreundliche Alternativen wurden von der europäischen Politik jahrzehntelang vernachlässigt, stattdessen werden klimaschädliche Verkehrsträger wie Auto, LKW und Flugzeug durch direkte und indirekte Subventionen besonders stark gefördert. Das Land Berlin sollte umgehend alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen, um die Alternativen zum Flugverkehr auf innerdeutschen und innereuropäischen Kurz- und Mittelstrecken von und nach Berlin zu stärken. Hierzu sind auch die Reisekostenregelungen für Landesbedienstete zu überarbeiten und in Zusammenarbeit mit dem Bund Nachtzugverbindungen in europäische Hauptstädte zu fördern.

Nachtzugverbindungen fördern – EU-Hauptstädte verbinden

Das Land Berlin sollte sich dafür einsetzen, attraktive Angebote im Schienenpersonenfernverkehr in alle Hauptstädte unserer europäischen Nachbarländer zu schaffen. Moderne Nachtzüge sind eine nachhaltige und klimafreundliche Alternative zum Flugverkehr in Europa. Aktuell fehlen insbesondere attraktive Bahnverbindungen über Nacht nach Paris und Brüssel, aber auch nach Skandinavien und Osteuropa sollte das Angebot schnell verbessert werden. Für Verbindungen auf Mittelstrecken, wie etwa Richtung London, Rom und Barcelona bieten sich speziell für den Nachtverkehr ertüchtigte Hochgeschwindigkeitszüge an. Deshalb soll sich das Land Berlin über eine
Bundesratsinitiative dafür einsetzen, dass der Bund in Zusammenarbeit mit den betroffenen Bundesländern neue Nachtzugverbindungen mit Schlaf- und Liegewagen sowie (auf geeigneten Strecken) für den Nachtverkehr optimierten Hochgeschwindigkeitszügen ins europäische Ausland ausschreibt, um das bereits existierende eigenwirtschaftliche Angebot zu ergänzen. Als Alternative zu einer Ausschreibung von Verkehrsleistungen durch eine Kooperation mit dem Bund soll auch die Vergabe von Förderkrediten für neue eigenwirtschaftliche Nachtzugverbindungen ab Berlin durch die Investitionsbank Berlin und die KFW geprüft werden. Neben fehlender (Nachtzug-)Verbindungen hindert auch die bestehende Praxis des Ticketkaufs viele Menschen daran, transeuropäische Zugverbindungen zu nutzen. Es ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar, dass für eine Zugverbindung von Paris nach Warschau Online-Tickets über die jeweiligen nationalen Anbieter gebucht werden müssen. Die Landesregierung sollte sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, bis Ende der Legislaturperiode ein gemeinsames
Online-System und offene technische Schnittstellen verpflichtend einzuführen, um europaweit Tickets für alle Tag- und Nachtzugverbindungen öffentlicher und privater Anbieter auf allen gängigen Buchungsportalen buchen zu können. Außerdem soll dafür gesorgt werden, dass alle online verfügbaren Angebote auch Agenturen und Reisezentren zu fairen Konditionen zur Verfügung gestellt werden, um durch kompetente Beratung weitere Kund*innen für den internationalen Bahnverkehr zu gewinnen. Für eine Reisekette mit mehreren Bahngesellschaften sollen die Fahrgastrechte im Verspätungsfall durchgängig und firmenübergreifend gelten. Zudem soll sich das Land Berlin dafür einsetzen, dass jede*r 18-Jährige in der EU ein kostenloses Interrail-Ticket bekommt und entsprechende Mittel im EU-Haushalt aufgestockt werden.

Reisekostenregelung neu gestalten

Beamt*innen und Mitarbeiter*innen des Landes sowie landeseigene Universitäten möchten wir bei Dienstreisen die Nutzung klimafreundlicher Verkehrsmittel erleichtern, sowie Anreize für ein sparsames und klimafreundlichen Dienstreiseverhalten setzen. Das Landesbeamtengesetz und entsprechende Verwaltungsvorschriften sollen so angepasst werden, dass klimafreundliches Reisen der Landesbediensteten zum Standard wird. Ein leicht verständlicher und praktikabler Leitfanden für klimafreundliche Dienstreisen ist in Abstimmung mit Gewerkschaften und Beamtinnen*vertretungen sowie Umwelt- und Verkehrsverbänden zu erarbeiten. Die genauen Details einer neuen klimafreundlichen Reisekostenregelung sollen diese Akteur*innen im Dialog erarbeiten. Landesbedienstete sollen künftig frei wählen dürfen, ob sie auf Dienstreisen geeignete Arbeiten unterwegs, z.B. im Zug, durchführen möchten, was dann auch ausdrücklich über die tägliche Arbeitszeit hinaus anerkannt werden soll, oder die Zeit lieber für private Zwecke nutzen und nicht als Arbeitszeit verbuchen wollen. Allen Landesbediensteten sollen qualitativ hochwertige e-Conferencing-Tools zur Verfügung gestellt werden, bevorzugt basierend auf FreeLibreOpenSourceSoftware (FLOSS). Bei Dienstreise innerhalb Deutschlands und Städten, die mit der Bahn in fünf Stunden erreichbar sind, sollen Flugreisen nicht mehr erstattet werden. Unsere Vorbildwirkung wollen wir ernst nehmen und wollen dies innerhalb der Koalition forcieren. Fahrten in Nachtzügen sollen bis zur Komfortklasse Schlafwagen erstattet werden und gleichwertig mit Hotelübernachtungen behandelt werden. Über die verbleibenden Flugreisen soll ein statistischer Landesbericht erstellt werden. Dienststellen mit besonders hohem Flugreiseaufkommen sollen dazu angehalten werden, Alternativen zu prüfen, und ihre Mitarbeiter*innen diesbezüglich zu sensibilisieren.