01.10.25 –
Beschluss auf dem Landesausschuss:
Die Situation in Gaza spitzt sich immer weiter zu, wir blicken mit großer Sorge auf die aktuellen Ereignisse. Während israelische Geiseln immer noch in grausamer Gefangenschaft der Hamas sind, ist die humanitäre Lage im Gazastreifen, in dem täglich Zivilist*innen bei den Angriffen des israelischen Militärs sterben, katastrophal. Beides muss so schnell wie möglich ein Ende haben.
Als Völkerrechtspartei war und ist es unsere Pflicht, entschieden für die Betroffenen dieses Krieges einzutreten. Wir werden uns dafür einsetzen, dass unser Engagement für die Betroffenen noch größer und unsere dazugehörigen Forderungen laut und sichtbar nach außen vertreten werden. Wir unterstützen explizit die Forderungen der Europäischen Kommission nach einem sofortigen Waffenstillstand, ungehindertem Zugang humanitärer Hilfe, der unverzüglichen Freilassung aller von Hamas festgehaltenen Geiseln sowie gezielten Sanktionen gegen extremistische israelische Minister*innen und gewalttätige Siedler*innen und fordern, dass sich die Bundesregierung diesen anschließt.
Weit über 60.000 Menschen wurden nach offiziellen Angaben in diesem Krieg bereits getötet oder sind aufgrund der dramatischen Lage gestorben.
Die anhaltende massive Militäroffensive Israels auf den Gazastreifen verschärft die ohnehin katastrophale humanitäre Situation weiter und fordert immer mehr zivile Opfer. Als weitere deutliche Intensivierung der Kriegshandlungen hat Israel am 16. September 2025 eine Bodenoffensive in Gaza-Stadt begonnen; offiziell mit dem Ziel, die Kontrolle in der Stadt zu übernehmen, Infrastruktur der Terrororganisation Hamas zu zerstören und verbleibende Geiseln zu befreien, wobei die israelische Armeeführung selbst erhebliche Bedenken hinsichtlich der Erreichbarkeit dieser Ziele und der Risiken für die Geiseln äußerte. Dies wird die humanitäre Lage weiter verschärfen und die Situation für die Menschen in Gaza weiter verschlimmern.
Die Blockade humanitärer Güter durch die israelische Regierung hat maßgeblich zu der aktuellen schrecklichen Situation geführt. Seit März 2025 wird die Verteilung humanitärer Hilfe im Gazastreifen über die von Israel und den USA unterstützte Gaza Humanitarian Foundation (GHF) organisiert, deren restriktiver und militarisierter Verteilmechanismus jedoch nicht nur viele Menschen vom Zugang zu lebenswichtiger Hilfe ausschließt, sondern von zahlreichen Hilfsorganisationen und UN-Experten als völkerrechtswidrig kritisiert wird, da er unter Kontrolle und Einfluss der Konfliktparteien steht und die Neutralität humanitärer Hilfe verletzt. Die Folgen sind verheerend: Menschen werden bei der Suche nach Lebensmitteln getötet, sie hungern und verhungern, sie werden immer wieder vertrieben. Helfer*innen, Ärzt*innen und Pflegekräfte geraten unter Beschuss und an die Grenzen ihrer Kräfte, Journalist*innen werden angegriffen und getötet, was einen klaren Angriff auf das Völkerrecht, die Pressefreiheit und das Recht auf unabhängige Berichterstattung darstellt. Nur noch ein Drittel des Territoriums des Gazastreifens ist für die palästinensische Bevölkerung zugänglich. Gebäude und Infrastruktur sind weitgehend zerstört, das Gesundheitssystem ist kollabiert. Eine öffentliche Ordnung gibt es in Gaza nicht mehr. Die unabhängige Untersuchungskommission des UNO-Menschenrechtsrat kam am 16. September 2025 zu dem Schluss, dass Israel im Gazastreifen einen Völkermord an Palästinenser*innen begeht.
Der Staat Israel hat nach dem Terroranschlag der Hamas vom 7. Oktober 2023 ein Recht auf Selbstverteidigung im Rahmen der Vorgaben, die das Völkerrecht für solche Ausnahmesituationen vorsieht. Das Existenzrecht Israels ist für uns unverhandelbar und Israel hat das Recht, sich gegen den brutalen Terror von Hamas, aber auch gegen Angriffe aus dem Jemen, von der Hizbollah in Libanon oder aus dem Iran zu verteidigen. All das steht für uns außer Frage. Die Hamas nutzt die Zivilbevölkerung in Gaza auf perfide Weise als Schutzschilde und Faustpfand, hält bis heute noch dutzende Menschen als Geiseln und verstößt damit auf eklatante Art gegen die Regeln des humanitären Völkerrechts. Die Hamas unterdrückt seit Jahren grausam die palästinensische Zivilbevölkerung und hat jegliche Berechtigung verloren, für die Palästinenser*innen zu sprechen oder politische Verantwortung zu tragen. Die israelische Armee verletzt aber in Gaza systematisch die Grenzen der Selbstverteidigung, das Völkerrecht und grundlegende humanitäre Prinzipien. Gleichzeitig verkünden rechtsextreme Mitglieder der israelischen Regierung ihre Ziele ganz offen, den Gazastreifen langfristig zu besetzen und Palästinenser*innen dauerhaft zu vertreiben. Diese Ankündigungen sind völlig inakzeptabel und kündigen einen weiteren eklatanten Völkerrechtsbruch an. Mit Luftschlägen auf Ziele in Doha eskaliert die israelische Regierung weiter, unterminiert jegliche diplomatische Lösung und rückt damit auch die Befreiung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln in weite Ferne.
Auch im Westjordanland halten die jahrzehntelange Gewalt und völkerrechtswidrige Besatzungspolitik und der Siedlungsbau an. Die fortschreitende Entrechtung von Palästinenser*innen im Westjordanland erfolgt durch eine Vielzahl diskriminierender Maßnahmen: Bewegungseinschränkungen, willkürliche Verhaftungen, Zerstörung von Wohnhäusern und die systematische Beschränkung des Zugangs zu Land und Wasser. Benjamin Netanjahu hat offen erklärt, dass Siedlungsprojekte gezielt darauf abzielen, die Entstehung eines palästinensischen Staates zu verhindern – eine Politik, die jeder Verhandlungslösung den Boden entzieht.
Mahnende Worte und stille Diplomatie seitens der Bundesregierung sind längst gescheitert. Es braucht ernsthaften politischen und wirtschaftlichen Druck, um einen sofortigen Waffenstillstand zu erreichen, den Krieg zu beenden, und beide Seiten an den Verhandlungstisch für eine dauerhafte Friedenslösung zu bringen. Der Stopp von Waffenlieferungen, die im Krieg eingesetzt werden können, ist dabei ein erster Schritt, den wir begrüßen. Aber dieser Schritt reicht bei weitem nicht aus. Wir fordern einen konsequenten Stopp sämtlicher Waffen- und Rüstungsexporte in Kriegs- und Krisengebiete. Ausnahmen dürfen - auch für Israel - nur dort gelten, wo Völkerrecht und die Charta der Vereinten Nationen das Recht auf Selbstverteidigung klar begründen. Dieses Prinzip muss uneingeschränkt gelten und darf nicht wie im Fall Israels unterlaufen werden. Deutschland darf sich nicht hinter Symbolpolitik verstecken, sondern muss gemeinsam mit den europäischen Partner*innen Verantwortung übernehmen.
Wir begrüßen deshalb ausdrücklich die Ankündigungen der Kommissionspräsidentin von der Leyen, die Auszahlung von Geldern an Israel auszusetzen, dabei aber Unterstützung für die Zivilgesellschaft, insbesondere Gelder an Yad Vashem auszunehmen. Ebenso unterstützen wir ihre Forderungen nach weiteren gemeinsamen europäischen Schritten gegenüber der israelischen Regierung. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich für gezielte, mit den europäischen Partnern abgestimmte Sanktionen einzusetzen, insbesondere gegen die rechtsextremen israelischen Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir.
Als Teil der Staatengemeinschaft erkennen wir selbstverständlich die Rechtsstellung des internationalen Strafgerichtshofs an und erwarten entsprechend, dass der Haftbefehl gegen Netanjahu aufgrund des Vorwurfs der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit durchgesetzt wird, sollte dieser Berlin betreten. Mögliche weitere Sanktionen gegen einzelne gewalttätige Siedler*innen, Siedlerorganisationen und Unternehmen, die diesen völkerrechtswidrigen Siedlungsbau unterstützen und vorantreiben, müssen geprüft werden. Wir fordern die Bundesregierung auf, die Aussetzung von Handelserleichterungen im Rahmen des Assoziierungsabkommens zwischen Israel und der EU zu unterstützen und nicht mehr zu blockieren.
Wir fordern außerdem den sicheren und ungehinderten Zugang für UN, humanitäre Organisationen und Journalist*innen sowohl in Gaza als auch im Westjordanland.
Journalist*innen leisten eine unverzichtbare Arbeit bei der Dokumentation der Lage vor Ort und tragen zur Transparenz und Rechenschaftspflicht aller Konfliktparteien bei. Ein umfassender, sicherer und ungehinderter Zugang aller dieser Akteure ist Voraussetzung für eine wirksame humanitäre Hilfe und für die Berichterstattung über die tatsächlichen Bedingungen vor Ort.
Auch als Reaktion auf die zunehmend offenen und faktischen Schritte hochrangiger Vertreter der israelischen Regierung, die mit ihrer Politik und Rhetorik die Entstehung eines palästinensischen Staates de facto verhindern, muss Deutschland die Anerkennung eines Staates Palästina zügig vorantreiben. Es braucht einen souveränen, demokratischen und sicheren palästinensischen Staat an der Seite eines sicheren Staates Israel, um dauerhaften Frieden sicherzustellen. Jegliche Schritte, die zur Deeskalation und Frieden in der Region beitragen, können nur am Verhandlungstisch und nicht durch Gewalt erreicht werden. Sowohl die Herrschaft der Hamas in Gaza als auch die Vertreibung von Palästinenser*innen, wie Teile der israelischen Regierung und Trump sie in den letzten Wochen und Monaten immer wieder in den Raum gestellt haben, stehen dem klar entgegen. Auch wenn sie derzeit aussichtslos erscheint, bleibt die Zwei-Staaten-Lösung zum jetzigen Zeitpunkt die einzige Möglichkeit, um dauerhaften Frieden für Israelis und Palästinenser*innen und langfristige Stabilität in der Region zu erreichen.
Gleichzeitig verdeutlichen auch andere internationale Krisen – etwa in Sudan, Äthiopien oder Syrien, die bei weitem nicht die öffentliche Aufmerksamkeit erhalten, aber für Millionen Menschen Hunger, Vertreibung und Tod bedeuten – die dringende Notwendigkeit, die EU als handlungsfähige Union zu stärken und das Völkerrecht weltweit konsequent durchzusetzen. Auch deswegen ist es unerlässlich, die Einhaltung des Völkerrechts auch gegenüber Israel unmissverständlich und energisch einzufordern, genauso wie wir das auch in anderen Krisen tun müssen.
Was bedeutet das für uns in Berlin?
Viele Israelis und Jüdinnen*Juden in Berlin leben seit dem 7. Oktober 2023 in Angst – um Angehörige und Freunde in Israel und angesichts wachsender antisemitischer Anfeindungen und der Zunahme von gewalttätigen Übergriffen hier vor Ort. Wir verurteilen jede Form von Antisemitismus in unserer Stadt. Der Schutz jüdischen Lebens, der Kampf gegen Antisemitismus und für das Existenzrecht Israels sind für uns nicht verhandelbar.
Viele Israelis und Jüdinnen*Juden in Berlin leben seit dem 7. Oktober 2023 in Angst – um Angehörige und Freunde in Israel und angesichts wachsender antisemitischer Anfeindungen und der Zunahme von gewalttätigen Übergriffen hier vor Ort. Wir verurteilen jede Form von Antisemitismus in unserer Stadt und explizit den massiv angestiegenen israelbezogenen Antisemitismus. Der Schutz jüdischen Lebens, der Kampf gegen Antisemitismus und für das Existenzrecht Israels sind für uns nicht verhandelbar. Jüdinnen*Juden müssen in ganz Berlin angstfrei und sicher sein können. Aktuell berichten viele Betroffene, dass sie ihre jüdische Identität im Alltag verbergen, öffentliche Einrichtungen meiden oder sich nicht mehr an Universitäten trauen. Das können und werden wir nicht akzeptieren. Jüdische Menschen sind in Berlin sehr bedroht. Im ersten Halbjahr 2025 wurden allein in Berlin 637 antisemitische Vorfälle erfasst – ein Anstieg um rund 70 Prozent im Vergleich zum gesamten Jahr 2022.
Wiederholt kam es zu Brandanschlägen auf jüdische und als israelisch bzw. israelsolidarisch gelesene Orte sowie Körperverletzungen und Sachbeschädigungen. Offen antisemitische Hetze ist an vielen Orten im Straßenbild genauso zu finden wie auf den Demonstrationen, die von extremistischen Akteur*innen befeuert werden. Wir Grüne stellen uns mit aller Kraft gegen jeden Antisemitismus. Der Schutz von jüdischen und als israelsolidarisch gelesenen Orten, und zwar auch nichtreligiösen Einrichtungen, muss sichergestellt werden. Hierfür müssen Finanzmittel ausreichend zur Verfügung gestellt und unter anderem auch bauliche und personelle Schutzmaßnahmen gestärkt werden.
Zugleich leben in Berlin über 40.000 Menschen mit engen familiären Verbindungen in die palästinensischen Gebiete und die Region. Auch sie bangen um ihre Angehörigen und Freund*innen, trauern um die Opfer dieses Krieges, seit Jahren schon sind sie vom wachsenden antimuslimischen und antiarabischen Rassismus in unserer Gesellschaft betroffen. Auch der Schutz ihrer Leben und der Schutz vor Anfeindungen und Übergriffen ist unverhandelbar. Die Berliner Politik und weite Teile der Öffentlichkeit haben ihre Perspektive viel zu lange übersehen, bagatellisiert und nicht vertreten wollen. Jene Menschen wurde nicht genug Raum geben, ihre Meinung und Perspektive einzubringen, mussten dafür mit Ausgrenzung, Anfeindung und manchmal auch arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen. Weder
Jüdinnen*Juden und Israelis, noch Muslim*innen und Palästinenser*innen dürfen in Mithaftung für das Vergehen der Regierung Netanjahu oder der Hamas genommen werden. Auch an der Seite dieser Berliner*innen stehen wir und kämpfen gegen Rassismus, Stigmatisierung und gegen Versuche, Diskursräume in unserer Stadt zu verengen.
Wir fordern deshalb neben der israelischen Flagge am Roten Rathaus auch die palästinensische Flagge zu hissen, um so unsere Solidarität mit der palästinensischen Zivilbevölkerung und israelischen Opfern des Terrors zum Ausdruck zu bringen. Die derzeitige Praxis Kai Wegners, einzig die israelische Flagge zu hissen, vernachlässigt viele betroffene Menschen in Berlin. Man darf nicht palästinensische und israelische Opfer gegeneinander ausspielen. Neben Tel Aviv sollte auch Ramallah eine Städtepartnerschaft angeboten werden. Außerdem müssen Universitäten weiter ein Ort der Diskurse bleiben.Es ist nicht die Aufgabe des Regierenden Bürgermeisters, Auftrittsverbote an Hochschulen auszusprechen. Die Universitäten sollten möglichst frei ohne Einmischung von außen agieren und ihre Konflikte lösen können,denn für staatenlose, palästinensische Studierende kann die Anwesenheit der Polizei einer existenziellen Bedrohung gleichkommen, da für sie stetig die Gefahr der Abschiebung im Raum steht. Wenn ein Teil der Studierenden gegen Jüdinnen*Juden oder israelsolidarisch gelesene Personen vorgeht, sind sie kein Teil eines friedlichen Diskurses. Die Sicherheit aller und das unbeschwerte Studium von allen, insbesondere von Jüdinnen*Juden, müssen ebenso garantiert werden wie die gleichberechtigte Teilhabe von jüdischen und palästinensischen sowie als israelsolidarisch und propalästinensisch gelesenen Organisationen am Diskurs. Wir lehnen einen Diskurs ab, der die Sicherheit von Jüdinnen*Juden gegen elementare Bürger- und Freiheitsrechte ausspielt. Offene Briefe, Proteste und Hochschulbesetzungen sind grundsätzlich legitime Mittel. Antisemitische oder diskriminierende Aussagen, Gewalt oder Vandalismus dürfen in Hochschulen keinen Platz haben, ihnen muss mit antisemitismus- und diskriminierungskritischen Präventionskonzepten vorgebeugt werden. Staatliche Eingriffe oder administrativer Druck, die darauf abzielen, kritische wissenschaftliche Diskurse unangemessen zu beschränken, schaden uns als Gesellschaft. Das kann heißen, Meinungen aushalten zu müssen, die nicht mit der eigenen übereinstimmen. Daraus ergibt sich für uns auch, dass wir Boykottaufrufen gegen israelische oder jüdische Wissenschaftler*innen klar entgegentreten.
Es braucht aber stets eine klare Haltung gegen antisemitische Gruppen und Organisationen. Es kann keine Toleranz und keine Räume für Organisationen geben, die antisemitischen Hass und Diskriminierung auf dem Campus verbreiten.
Seit dem terroristischen Überfall der Hamas auf Israel hat sich die Zahl antisemitischer Vorfälle in Berlin im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Für uns als Grüne ist klar:
Jüdinnen*Juden müssen sich in ganz Berlin sicher fühlen, ob auf der Straße, in der Schule, oder auf dem Uni-Campus. Gleichzeitig steigen die Zahlen antimuslimischer und antiarabischer Vorfälle und Gewalt schon seit Jahren weiter an. Der Berliner Senat muss sicherstellen, dass jüdische, muslimische und arabische sowie als solche gelesene Menschen in Berlin sicher sind. Ihre Sichtbarkeit darf nicht eingeschränkt, ihr Leben nicht bedroht werden. Wir fordern eine deutlich bessere Finanzierung von Beratungs- und Anlaufstellen, Sensibilität gegenüber Betroffenen durch die Strafverfolgungsbehörden und eine schnelle und konsequente Strafverfolgung, gerade bei Gewalttaten.
Verschiedene politische Gruppen, darunter radikale Islamisten und vermeintliche Linke, schüren gezielt antisemitische Stereotype, verbreiten Falschinformation und Hass gegen Jüdinnen*Juden und Israel und tragen diese über unsere Stadt hinaus ins Netz. Sie zielen insbesondere auf junge Menschen mit dem Ziel, Eskalation und Radikalisierung zu befördern. Diesen Gruppen und ihren Versuchen stellen wir uns klar entgegen. Das konsequente Entgegentreten gegenüber antisemitischen Narrativen ist unerlässlich, um extremistischen Akteur*innen nicht den Protest auf der Straße zu überlassen. Wir kritisieren Demonstrationen, deren Aufrufe Hass gegen Jüdinnen*Juden verbreiten, das Existenzrechts Israels oder Palästinas in Frage stellen oder das Leid einer Seite ausblenden.
Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes durch das Grundgesetz geschützte Gut. Friedliche Demonstrationen, die das Vorgehen der israelischen Regierung kritisieren, der zivilen Opfer in Gaza und andernorts gedenken und für eine friedliche Lösung des Konflikts werben, sind zulässig und dürfen nicht behindert werden. Wer das Leid in Gaza adressiert, darf nicht pauschal als antisemitisch diffamiert werden. Insbesondere staatenlose palästinensische Menschen müssen ihre Trauer und ihre politischen Forderungen bei friedlichen Demonstrationen ohne Furcht vor aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen artikulieren können. Der Kommissar für Menschenrechte des Europarats rügte die Bundesregierung bereits wegen wiederholter Polizeigewalt bei Demonstrationen zu Gaza in Berlin. Die Polizei Berlin gehe aufgrund der Gewalttaten Einzelner unverhältnismäßig hart gegen Demonstrierende vor. Die notwendige Differenzierung muss möglich sein: Gewalt und menschenverachtenden Äußerungen einzelner Demonstrationsteilnehmenden und die Instrumentalisierung von Versammlungen durch extremistische Akteure sind eindeutig zu verurteilen. Zugleich ist Kritik an unverhältnismäßigen polizeilichen Maßnahmen und Gewalt gegen Demonstrierende legitim und darf nicht abgetan werden. Bisher verweigern Senat und Innenverwaltung jegliche Aufklärung und ignorieren den damit entstehenden Schaden für das Vertrauen in staatliche Institutionen. Vor allem beschädigt es die öffentliche Wahrnehmung der Berliner Polizei, wenn Fehlverhalten nicht ersthaft aufgearbeitet wird. Ein Kurs der Repression wird die Eskalationsspirale nicht beenden, sondern die Stimmung in der Stadt weiter anheizen. Eine deeskalative Herangehensweise würde zu einem spürbaren Rückgang an Eskalation und Gewalt führen. Wir fordern den Senat daher zu einem Kurswechsel hin zu einer Deeskalationsstrategie auf. Die Forderung des Regierenden Bürgermeisters auf Basis der "öffentlichen Ordnung" Versammlungen oder Protestcamps verbieten zu wollen, entbehrt jeder sachlichen Grundlage und würde vor keinem Gericht standhalten. Die damit einhergehende Diffamierung der Justiz, unliebsame Demonstrationen nicht zu verbieten, ist inakzeptabel. Eine Verschärfung des Versammlungsfreiheitsgesetzes lehnen wir ab, das Grundrecht der Versammlungsfreiheit muss gewahrt bleiben.
Wir stehen in Berlin gemeinsam vor der Aufgabe, Sorgen und Anliegen der hier lebenden Communities anzuerkennen, Ängste abzubauen und verloren gegangenes Vertrauen wieder aufzubauen. Dazu braucht es Räume, in denen ein offener und konstruktiver Austausch möglich ist. Gerade diese scheinen derzeit aber immer kleiner zu werden. Ein solcher Dialog darf keine Vorbedingungen haben – auch wenn Vorurteile und Misstrauen bestehen, können diese nur durch ehrlichen Austausch und Begegnung abgebaut werden. Wir stehen in Berlin gemeinsam in der Verantwortung, solche Räume zu schaffen und bestehende Räume zu stärken und zu schützen.
Wir erwarten vom schwarz-roten Senat zudem endlich klare Worte gegen das Aushungern und Sterben der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen.
Investiert werden muss außerdem dringend in die Prävention, aber genau hier setzt der schwarz-rote Senat im Doppelhaushalt 2026/2027 den Rotstift an: Im Bereich der Bildung werden wichtige Präventionsprojekte an Schulen weiter gekürzt oder sogar ganz gestrichen. Diese Kürzungen schwächen nicht nur den Schutz jüdischen Lebens, sondern werden Berlin langfristig gesellschaftliche Schäden zufügen. Wir fordern die schwarz-rote Koalition dringend dazu auf, im Haushalt ihren verbalen Bekenntnissen Rechnung zu tragen und für eine offene und vielfältige Gesellschaft auch die entsprechenden finanziellen Mittel einzusetzen.
Um konkret den besonders vulnerablen Menschen in Gaza zu helfen, fordern wir außerdem in Berlin ein kurzfristig einzusetzendes Aufnahmeprogramm für besonders schutzbedürftige Menschen aus dem Gazastreifen. Es muss jetzt ein Aufnahmeprogramm entwickelt werden, um gezielt insbesondere Kinder und deren Angehörige zu evakuieren, die dringend medizinische, psychologische und soziale Hilfe brauchen. Zudem müssen gefährdete Menschen durch ihre in Berlin lebenden Angehörigen aufgenommen werden können.
Der schwarz-rote Berliner Senat muss sich gegenüber der schwarz-roten Bundesregierung mit Nachdruck dafür einsetzen, dies dem Land Berlin zu ermöglichen. So können wir von Berlin aus einem Beitrag leisten, um das unerträgliche Leid in der Region zu lindern.
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