15.05.25 –
Positionspapier der LAG Bildung Bündnis 90/Die Grünen Berlin
Vorbemerkung:
Die Gemeinschaftsschulen in Berlin sind als Initiative von unten entstanden, sie haben sich gegen vielfältigen Widerstand auf allen Ebenen durchgesetzt. Ihre Akteure wollten eine „andere Schule“ verbunden mit der Hoffnung, mehr Bildungsgerechtigkeit und auch bessere Lernerfolge für alle Schüler*innen zu ermöglichen. Grundlegende Prinzipien waren von Anfang an: Eine starke Individualisierung des Lernens, eine Stärkung der sozialen Beziehungen durch eine möglichst lange gemeinsame Schulzeit und eine Haltung der Offenheit und des Zutrauens. Dies wird unseres Erachtens nur erreichbar sein, wenn die Chancen des langen gemeinsamen Lernens durch eine täglich gelebte förderliche Unterrichtskultur auch genutzt werden.
Aus diesem Grund ist es …“unser erklärtes Ziel, dass in der kommenden Legislaturperiode in allen Berliner Bezirken weitere Gemeinschaftsschulen mit klaren Qualitätskriterien entstehen.“ (Wahlprogramm Bündnis 90 /Die Grünen Berlin zur AGH Wahl 2021)
Die folgenden Punkte stellen für uns Mindeststandards und sinnvolle Anforderungen für neue Gemeinschaftsschulen (GemS) dar. Neugründungen von GemS sollen nur auf der Basis der vorgelegten Qualitätskriterien vorgenommen werden. Bei der Neueinrichtung von GemS wird der Transformations- bzw. Aufbauprozess durch externe Berater für 5 Jahre finanziert. Durch eine regelmäßige Supervision wird die Erreichung der Erziehungsziele begleitet und unterstützt.
1.
Alle GemS führen von der Jahrgangsstufe 1 bis zur Jahrgangsstufe 13, entweder mit einer eigenen Oberstufe oder in einem Verbundmodell.
Zur Entwicklung und Sicherung eines durchgängigen pädagogischen Konzeptes sollten sich die Schulräume der Grundstufe und der Sekundarstufe I in räumlicher Nähe befinden (Campus-Lösung). Eigene oder Verbund-Oberstufen sind ein Angebot an die eigene Schülerschaft, Übergänge in eine berufliche Ausbildung oder eine Oberstufe sind gleichwertig und werden in der Sek I systematisch angebahnt. Alle GemS moderieren deshalb auch den Übergang von der Sek I in die Sek II bzw. in die berufliche Ausbildung. Dazu wird durch entsprechende curriculare Vorgaben der Bezug zur Arbeits- und Lebenswelt durchgängiges Qualitätskriterium.
2.
Alle GemS haben in der Grundstufe und Sekundarstufe I eine kompatible Zügigkeit. Angestrebt wird möglichst eine gleiche Zügigkeit und eine Übergangsquote von der Grund- zur Sekundarstufe I von mindestens 80%. Wo dies noch nicht der Fall ist, sollen Schulen entsprechende Maßnahmen entwickeln, Politik und Verwaltung sollen unterstützen.
3.
Alle GemS arbeiten vollständig inklusiv.Sie verstehen Inklusion umfassend als gelebte Teilhabe.
4.
Es existieren stufenübergreifende pädagogische Prinzipien, die durch Gremienbeschlüsse von einer 2/3 Mehrheit des pädagogischen Personals unterstützt werden. Fundamental ist dabei der Verzicht auf Ziffernnoten bis mind. zum Ende der Jahrgangsstufe 6 und regelmäßiges Schüler*innen-Pädagog*innen-Feedback in allen Jahrgangsstufen. Angestrebt wird die Erweiterung des Verzichts auf Ziffernoten bis zum Ende des 1. Halbjahres der 9. Klasse und in Bezug auf die Leistungserwartungen eine konsequente Kompetenzorientierung sowie die Entwicklung von Programmen und Angeboten zur Förderung von sehr leistungsstarken Kindern - insbesondere in den Jahrgängen 5 und 6 sowie in der Sek I.
5.
Alle GemS arbeiten teamorientiert. Es werden vertikale oder horizontale Teams gebildet, die kompetente Fachkräfte in die Teamarbeit integrieren.
Kollegiale Hospitationen unter den Pädagoginnen werden regelmäßig durchgeführt und zur Qualitätsverbesserung des Unterrichts genutzt.
6.
Alle GemS nutzen regelmäßig Verfahren der internen Evaluation und die Möglichkeit der externen Evaluation durch die Schulinspektion. Sie nutzen darüber hinaus systematisch die Möglichkeiten der datengestützten Schul- und Unterrichtsentwicklung inklusive der Lernverlaufsentwicklung, eingebettet in eine umfassende Beziehungsarbeit, mit dem Ziel, eine optimale, individualisierte Lernumgebung für jede*n Schüler*in zu schaffen.
Weitere notwendige Schritte zur Unterstützung der Arbeit der GemS:
Die Statistiken der SenBJF weisen künftig aus, wie viele Schüler*innen (Jahrgang 10) tatsächlich länger gemeinsam (1 – 10) gelernt haben. Schul- und Schulformwechsel nach der Jahrgangsstufe 4 oder 6 werden schulformbezogen erfasst und die Ursachen soweit möglich dokumentiert.
Eine neue wissenschaftliche Begleitung der GemS im Rahmen einer Längsschnittstudie (Jahrgang 1-10) sollte um die Lernerfolge der Schüler*innen erweitert werden. Dabei sollte auch untersucht werden, ob Schüler*innen aus BuT Familien oder Familien mit anderen Familiensprachen als Deutsch nach dem durchgängigen Besuch einer GemS tatsächlich bessere Ergebnisse/Abschlüsse erreichen als Schüler*innen, die die Grundschule oder andere Schulform besuchen.
Die Schulaufsicht über die GemS in der Senatsverwaltung und den Regionalen Außenstellen muss so organisiert sein, dass es auf beiden Ebenen kompetente Ansprechpartner für die Schulleitungen gibt.