LAG-Beschluss vom 30.07.2020: Bürger*innenbeteiligung nach Losverfahren

10.08.20 –

Visionen 2050

Die gelebte Demokratie des Jahres 2050 erschöpft sich nicht darin, einmal alle  fünf Jahre zur Wahlurne zu gehen. Durch Bürger*innenbeteiligung erhalten insbesondere diejenigen, die von politischen Entscheidungen besonders betroffen sind, die Möglichkeit, diese Entscheidungen mitzugestalten. Dabei ist Bürger*innenbeteiligung im Jahr 2050 nicht mehr dominiert vom Bildungs- und Wutbürgertum, sondern es werden auch diejenigen einbezogen, die derzeit aus verschiedenen Gründen in Verfahren der Bürger*innenbeteiligung häufig wenig berücksichtigt werden: zum Beispiel sozial Benachteiligte, Menschen mit geringer (politischer) Bildung und wenig (politischem) Selbstbewusstsein, Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung.

Meilensteine 2035

Als eine von mehreren Maßnahmen zum Erreichen dieser Vision haben wir 2035 in bestimmten Themenbereichen Bürger*innenbeteiligung nach Losverfahren etabliert. Dabei werden zufällig ausgewählte betroffene Bürger*innen projektbezogen oder für einen begrenzten Zeitraum in Gremien ("Bürger*innenräte") berufen, die die gewählten Institutionen beraten. In ihnen kommen Vertreter*innen der pluralen Interessen der Stadtgesellschaft zusammen, tauschen sich aus und können Expert*innen anhören, ohne unter dem Druck des politischen Prozesses (Kampf um Aufmerksamkeit, Fraktionszwang, Koalitionsvereinbarungen, Wiederwahl etc.) zu stehen. Die Bürger*innenräte haben eine hohe politische Bedeutung und können daher nicht einfach übergangen werden. Diese Bedeutung und die damit einhergehende Verantwortung sorgt auch dafür, dass die ausgelosten Bürger*innen ihre Aufgabe ernst nehmen. 

Maßnahmen 2026

In einigen Staaten wurden bereits positive Erfahrungen mit ausgelosten Gremien gemacht, etwa in Irland (Bürgerversammlung über Verfassungsreform zur Abschaffung des Abtreibungsverbots 2018) oder Frankreich (Bürgerkonvent für das Klima 2020). In Deutschland fehlen bisher umfassende Erfahrungen, zahlreiche praktische Fragen bedürfen der Diskussion und Klärung. In der nächsten Legislaturperiode sollte es in Berlin daher sowohl auf Bezirks- wie auch Landesebene Pilotprojekte zur Bürger*innenbeteiligung im Losverfahren geben. Geeignet erscheinen dafür etwa Projekte im Bereich der Stadtentwicklung. Dafür wird eine gesetzliche Grundlage geschaffen.