Neues Gesetz zu intersexuellen Kindern greift zu kurz

31.10.13 –

Ab Freitag müssen Kinder beim Standesamt nicht mehr als Mädchen oder Jungen registriert werden. Kritiker*innen haben Bedenken, dass intersexuelle Kinder damit weiterhin diskriminiert werden.

Morgen (1.11.) tritt in der Bundesrepublik die Änderung des Personenstandsgesetzes in Kraft, welche die Personenstandseintragung von intersexuellen Kindern neu regelt und bei der Geburt erstmals eine Eintragung ohne Geschlechtszuordnung möglich macht.

Konkret wird der § 22 um den Absatz 3 ergänzt, der besagt: „Kann das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden, so ist der Personenstandsfall ohne eine solche Angabe in das Geburtenregister einzutragen."
Aus Sicht der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) QueerGrün ist zu befürchten, dass intersexuelle Kinder (und später dann Erwachsene) diskriminiert werden, weil sie weder weiblich noch männlich sind. „Statt ein drittes Geschlecht einzuführen, wäre es besser gewesen, die Kategorie Geschlecht im Geburtenregister ganz zu streichen“, sagen die beiden QueerGrün-Sprecher*innen Maria Meisterernst und Ulli Reichardt.

Die Häufigkeit von Intersexualität wird laut Wikipedia äußerst unterschiedlich geschätzt – von 1:5000 bis 1:100, was auf Deutschland umgerechnet etwa 16.000 bis 800.000 Menschen wären. (http://de.wikipedia.org/wiki/Intersexualität)

Hintergrund:
Ziel des Gesetzes ist es, Eltern von intersexuellen Kindern und ihren Ärzt*innen den Druck einer schnellen Zuordnung durch Hormonpräparate, OPs, etc zu nehmen. Aus Sicht von QueerGrün ist das Gegenteil zu befürchten. Bisher konnte ein Geschlechtseintrag nachgetragen werden, nun gilt dauerhaft „keine Angabe“. Diese Form der Stigmatisierung kann die verantwortlichen Ärzt*innen und Eltern eher dazu verleiten durch unterschiedlichste Maßnahmen (Hormonpräparate, OPs, etc.) eine Eindeutigkeit zu einem Geschlecht herzustellen.

„Eine Geschlechtszuordnung allein anhand körperlicher Merkmale ist zu kurz gedacht. Sinnvoller wäre es den Geschlechtseintrag bei Kindern offen zu halten und ihnen als Jugendliche und Erwachsene die Möglichkeit der Selbstdefinition zu geben. Viel wichtiger ist es  mehr Aufklärungsarbeit vor und nach der Geburt bei Eltern und Ärzt*innen zu leisten“, sagt Maria Meisterernst, Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) QueerGrün von Bündnis 90/Die Grünen Berlin.
„Wir fordern endlich ein Verbot von geschlechtsangleichenden Operationen bei Kindern und eine Aufbewahrung der Krankenakten von intersexuellen Personen, für mindestens 40 Jahre. Es muss gewährleistet werden, dass intersexuelle Jugendliche und Erwachsene sich für ihr Geschlecht frei selbst entscheiden können“, sagt Ulli Reichardt, Sprecher der LAG QueerGrün Berlin.