Siemenscampus für alle - Bürger*innenbeteiligung sicherstellen

17.04.19 –

Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz am 06.04.2019

Wir begrüßen die Entscheidung von Siemens, 600 Millionen Euro in den Standort Berlin zu investieren und am Standort Siemensstadt in Spandau 200.000 Quadratmeter neuen Wohnraum – davon gegenwärtig 60.000 Quadratmeter mit Mietpreisbindung – sowie Infrastruktur für Forschung, Innovation und Produktion zu errichten. Der Siemens-Inno-vationscampus ist eines der wichtigsten Standortentwicklungsprojekte der nächsten Jahre. Unser Ziel ist es, den Siemens-Innovationscampus als wirtschaftlichen Zukunftsort und neues Stadtquartier besonderer Art zu etablieren, in dem Wirtschaft, Wissenschaft und Wohnen integriert werden sollen. Da es sich bei diesem Projekt um ein Vorhaben von gesamtstädtischer Bedeutung handelt, begrüßen wir auch die Entscheidungen des Senates, das Planungsrecht für dieses Projekt an sich zu ziehen.

Damit dieses gesamtstädtische Projekt die bestehenden Strukturen vor Ort im Bezirk möglichst gut berücksichtigt und so zu einem Erfolg werden kann, ist aber eine wirksame Bürger*innenbeteiligung notwendig.

Wir fordern deshalb die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf, bei der Planung und Entwicklung des Siemenscampus in Spandau eine wirksame und über die Mindestanforderungen hinausgehende Bürger*innenbeteiligung zu realisieren. Eine Informationsveranstaltung nach dem Abschluss des städtebaulichen Wettbewerbes im 2. Quartal 2019 reicht aus unserer Sicht nicht aus: Die Ideen und das Wissen der Anwohner*innen der Siemensstadt müssen von Anfang an kontinuierlich in den Planungsprozess einfließen, damit der Siemenscampus ein Projekt wird, mit dem sich alle Anwohner*innen identifizieren können.

Um den Sorgen der Anwohner*innen vor steigenden Mieten zu begegnen, fordern wir die Senatsverwaltung außerdem auf, sicherzustellen, dass die Aufwertung des Quartiers nicht zu einer Verdrängung der Anwohner*innen der Stadtteile Siemensstadt und Charlottenburg-Nord führt. Wir fordern, dass die Preisentwicklung in dem Stadtteil durch geeignete Instrumente, zum Beispiel durch die Errichtung von Milieuschutzgebieten in der Siemensstadt und in Charlottenburg-Nord, gedämpft wird. Dann könnten auch das kommunale Vorkaufsrecht sowie Abwendungsvereinbarungen mehr Schutz für die Wohnbevölkerung vor möglicher Verdrängung bieten. Auch den alten und neuen Mitarbeiter*innen sollen soziale Entwicklungsmöglichkeiten und pro-aktive Mitbestimmung angeboten werden; da mit einer Neu-Strukturierung der Arbeits- und Forschungsfelder zu rechnen ist.

Der Siemenscampus wird aber nicht im luftleeren Raum geplant. Er reiht sich ein in eine Reihe von Veränderungen im Nordöstlichen Bezirk Spandau und muss in diesem Zusam-menhang gedacht werden. Gemeinsam mit weiteren Wohnungsbauprojekten – zum Beispiel auf der Insel Gartenfeld, an der Waterkant und an den Pepitahöfen und der Urban Tech Republic am Standort Tegel – steht der Bezirk und seine unmittelbare Nordöstliche Umgebung insgesamt vor enormen infrastrukturellen Herausforderungen. Dabei treibt viele Menschen nicht nur die Sorge vor Aufwertung und steigenden Mieten um, sondern auch die Aussieht auf eine erhebliche Zunahme von Verkehren und die sich an-gesichts des Zuzugs schon heute abzeichnenden deutlichen Engstellen bei der Versorgung mit Kita-, Grund- und Oberschulplätzen im Bezirk.

Wir fordern deshalb den Senat auf, die Versorgung mit schienengebundenen ÖPNV-An-geboten im gesamten nordöstlichen Bereich des Bezirks Spandau deutlich zu verbessern, sowie die Planungen für ein Straßenbahnnetz in Spandau in die Planungen für die Siemensstadt zu integrieren und spürbar zu beschleunigen. Die unter dem Namen Siemensbahn bekannte S-Bahn-Trasse sollte schnellstmöglich saniert und reaktiviert werden. Seit der Indienststellung der Strecke 1927 und der Stilllegung 1980 haben sich die Stadt und ihre Bedürfnisse aber vielfach verändert. Deshalb ist auch zu prüfen, ob die Siemensbahn weitere Gebiete in Spandau erschließen kann.

Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie fordern wir mit Nachdruck dazu auf, Vorschläge zu unterbreiten, wie den im Bezirk Spandau durch den erhöhten Zuzug schon heute sich deutlich abzeichnenden Engstellen bei der Versorgung mit Kita-, Grund- und Oberschulplätzen, aber auch Jugendfreizeiteinrichtungen im Bezirk begegnet werden kann. Ebenso fordern wir, dass auch die Versorgung mit öffentlichen Sportplätzen und Sporthallen (für den Schul-, Freizeit-, Vereins- und Betriebssport) sichergestellt wird.