07.12.19 –
Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz am 7. Dezember 2019:
Seit einigen Monaten kommen wieder mehr Menschen auf der Flucht auf griechischen Inseln an. Die Situation in den überfüllten Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln ist seit Jahren katastrophal. Doch auch auf dem Festland ist die Versorgungslage für Geflüchtete schwierig. Griechenland muss zumindest sicherstellen, dass die EU-Unterstützung auch zur Verbesserung der Lage von schutzsuchenden Menschen eingesetzt wird. Aber Griechenland hat nicht die alleinige Verantwortung für Menschen, die Schutz in Europa suchen. Zugleich spitzt sich die Situation außerhalb Europas weiter zu. Der türkische Staatschef Erdogan droht unverhohlen damit, die Abhängigkeit auszunutzen, in die die EU sich durch den sogenannten EU-Türkei-Deal begeben hat. Sollte er den Deal aufkündigen, ist damit zu rechnen, dass wieder mehr Menschen den Weg nach Europa über die griechischen Inseln wählen werden. Statt Flucht und Migration nach Europa menschenwürdig zu gestalten, drücken sich viele Europäische Mitgliedsstaaten vor ihrer Verantwortung und lassen humanitäre Krisen an den europäischen Außengrenzen zu. Besonders unerträglich ist die Situation für unbegleitete minderjährige Geflüchtete. Es gibt nur 1000 altersgerechte Unterbringungsplätze für sie in ganz Griechenland. Deshalb leben mittlerweile tausende geflüchtete Kinder und Jugendliche auf der Straße, in Lagern für Erwachsene ohne jeden Kinderschutz oder sind gar in Haft. Auch andernorts in Europa bahnen sich humanitäre Katastrophen an: im Zeltlager Vujak in der bosnischen Region Bihac beispielsweise harren über 800 Geflüchtete seit Monaten auf einer Müllhalde aus.
Wir brauchen endlich mehr Solidarität in Europa: Solidarität unter den Mitgliedstaaten und Solidarität für Geflüchtete. Wir begrüßen den Vorstoß von Bundesinnenminister Seehofer, 25% der Seenotgeretteten in Deutschland aufzunehmen und erwarten, dass seinen Worten nun schnell Taten folgen. Doch der Plan, in einem 6-monatigen Pilotprojekt mit Frankreich, Italien und Malta eine schnelle Verteilung der Geretteten zu organisieren, kann nur ein erster Schritt sein. Auf europäischer Ebene muss die Union ihren Widerstand gegen die Seenotrettung aufgeben und für eine Unterstützung der zivilen Rettungsorganisationen eintreten, statt weiter libysche Milizen zu finanzieren. Wer in Pressekonferenzen für Humanität wirbt und in Parlamenten dagegen stimmt, ist nicht glaubwürdig.
Gleichzeitig lehnt Deutschland drei Viertel der Aufnahmeersuchen von Familienangehörigen in Deutschland lebender Geflüchteter ab, die in Griechenland gestrandet sind. Auch Kinder und Jugendliche dürfen meistens nicht zu hier lebenden Verwandten weiterreisen. Wir dürfen Griechenland und die Geflüchteten dort nicht länger allein lassen. Deutschland muss jetzt sofort einen Beitrag leisten und zumindest Kinder, Jugendliche sowie Familienangehörige von nach Deutschland geflüchteten Menschen im Zuge der Dublin-III-Verordnung aufnehmen.
Aber Menschenrechtsschutz ist die Aufgabe aller staatlichen Ebenen. Die rot-rot-grüne Koalition in Berlin hat sich vorgenommen, landesrechtliche Möglichkeiten für eine humanitäre Asyl- und Integrationspolitik auszuschöpfen. So hat der Berliner Senat soeben beschlossen, sich dafür einzusetzen, künftig humanitäre Aufnahmeprogramme (nach § 23.1 Aufenthaltsgesetz des Bundes) auch unabhängig vom Bund und der Zustimmung des Innenministers zu realisieren. Das begrüßen wir als einen wichtigen Schritt in Richtung Solidarität – in Europa und mit Geflüchteten. Wir erwarten, dass der Berliner Senat diese Bundesratsinitiative zügig einbringt und im Bundesrat aktiv für diesen Vorstoß wirbt. Die Berliner Grünen werden ihren Beitrag dafür leisten und auf Länder mit grüner Regierungsbeteiligung zugehen, um für die Bundesratsinitiative zu werben. Berlin kann das besser!
Weitere konkrete Schritte müssen jetzt folgen.
Deshalb fordern wir:
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