03.06.23 –
Beschluss auf der Landesdelegiertenkonferenz:
Die Landesdelegiertenkonferenz möge beschließen:
- Bündnis 90/Die Grünen Berlin kritisiert, dass der Koalitionsvertrag der schwarz-roten Rückschrittskoalition kein Bekenntnis dazu enthält, den Diskriminierungsschutz durch Recht in Berlin weiter voranzutreiben und auszubauen. Mit dem Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) hat Berlin unter Rot-Rot-Grün noch eine bundesweite Vorreiterrolle eingenommen. Dem nun drohenden antidiskriminierungspolitische Stillstand und Rückschritt stellen wir uns entschieden entgegen. Wir wollen eine umgehende Evaluation des LADG in seiner derzeit geltenden Fassung und die konsequente Weiterentwicklung des dort verankerten Diskriminierungsschutzes. Dazu gehört auch die fachliche wie personelle Stärkung der LADG-Ombudsstelle. Weiterhin setzen wir uns dafür ein, besonders diskriminierungsanfällige Bereiche staatlichen Handelns zu identifizieren und best- practice-Ansätze zu entwickeln, wie Diskriminierungen praktisch wirksam unterbunden werden können – etwa durch Ausführungsbestimmungen zu fachgesetzlichen Regelungen. Berlin muss sich zudem – wie noch unter Rot-Grün-Rot verabredet – auf Bundesebene für die dringende Novellierung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) einsetzen. Wir verwehren uns jedweder Schwächung der neu eingerichteten Abteilung V (u.a. „Justiz in der vielfältigen Gesellschaft“) in der Senatsverwaltung für Justiz, deren Auftrag aktueller denn je ist: den Zugang zum Recht für alle Berliner*innen zu gewährleisten und strukturelle wie gruppenbezogene Teilhabehürden in der Justiz abzubauen.
- Gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, Expert*innen und Wissenschaftler*innen soll auf Landesebene ein ergebnisoffener und partizipativer Prozess initiiert werden, der eine Handlungsempfehlung erarbeitet, ob und ggf. in welcher Form Art. 10 der Berliner Verfassung und weitere Regelungen des Berliner Landesrechts, die den Begriff „Rasse“ nutzen, zu ändern sind.
- Dabei halten wir es für besonders bedeutsam, einen Ansatz zu verfolgen, der erstens keine Schutzlücken lässt oder eröffnet, zweitens sicherstellt, dass der rechtliche Schutz nicht hinter den jetzigen Zustand zurückfällt und drittens dem historischen Kontext der Regelung umfassend Rechnung trägt. Insbesondere darf es für die Frage, ob eine rassistische Diskriminierung vorliegt, nicht auf die Motivation der diskriminierenden Person oder Institution ankommen. Struktureller Rassismus muss in all seinen Facetten erfasst werden.
- Wir fordern zudem die Einfügung eines Gewährleistungsauftrags und Fördergebotes zum Schutz vor Diskriminierung in die Berliner Verfassung.
- Wir fordern schließlich, die Bedeutung von rassistischer, antisemitischer und antiziganistischer Diskriminierung im Recht und durch Recht weiter zu untersuchen und die Erkenntnisse in die die Antidiskriminierungsarbeit des Landes Berlin einfließen zu lassen. Die Änderungen der Verfassung können von hohem symbolischen, aber auch von rechtspraktischem Wert sein. Wichtig ist aber, dass sie von weiteren praktischen Maßnahmen begleitet werden, die darauf gerichtet sind Diskriminierungen effektiv und zielgerichtet zu bekämpfen. Wir kritisieren entschieden, dass der schwarz-rote Koalitionsvertrag eine Schwächung der bisherigen Antidiskriminierungsarbeit in Berlin bedeutet und beispielsweise kein Bekenntnis zu wichtigen antidiskriminierungspolitischen Initiativen enthält wie der „UN-Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft“, dem zivilgesellschaftlichen Dekolonisierungskonzept für Berlin oder der Einrichtung des Schwarzen Community Zentrums als Ort des Empowerments und Community Buildings.