Berlin nachhaltig, sozial und ökologisch entwickeln

19.09.19 – von Arne.Jeschal –

BERLIN NACHHALTIG, SOZIAL UND ÖKOLOGISCH ENTWICKELN

Berlin wächst und wird immer dichter. Immer mehr Menschen leben in der Stadt und wollen wohnen, arbeiten und sich fortbewegen. Damit sie dies möglichst gesund und entspannt tun können, brauchen wir nicht nur mehr Gebäude und Verkehrswege, sondern vor allem auch gute Luft, sauberes Wasser, Grün in der Stadt und Freiflächen zur Erholung.

In den letzten Jahren wurden hierfür prägende Entscheidungen getroffen. Für die Lebensqualität und das Klima in unserer Stadt war es richtig, auf dem Gelände des Gleisdreiecks keine Autobahn, sondern einen Park zu bauen. Es war ebenso wichtig, den Mauerpark und das Tempelhofer Feld frei zu halten. Dem einseitigen Ruf nach „Bauen Bauen Bauen“ setzen wir eine Stadtentwicklung der Nachhaltigkeit entgegen, die die bauliche Verdichtung mit der Erweiterung und Intensivierung von Grün und Erholungsflächen verbindet. Die derzeit geplanten 14 neuen Stadtquartiere mit ca. 40.000 neuen Wohnungen bieten die Chance, neue lebenswerte Kieze mit bezahlbarem Wohnraum und grünen Freiräumen unter Beteiligung von landeseigenen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften zu schaffen. Deshalb müssen diese Quartiere zügig entwickelt und vorrangig behandelt werden. Auch die Nachverdichtung in den bestehenden Quartieren durch Aufstockung auf Wohnhäusern, Dachgeschossausbau und Wohnungsbau über Parkplätzen, Garagenhöfen und Einkaufsmärkten, ebenso wie die Schließung offener Baulücken und andere Ergänzungen vorhandener Bebauungsstrukturen bietet ein großes Potential für neue Wohnungen. Für Bündnis 90/Die Grünen ist es zentral, dass die bauliche Verdichtung mit möglichst geringen Einbußen an unversiegelter Fläche und Grünbestand einhergeht und besonders die Innenstadtquartiere durch neue Begrünungsmaßnahmen entlastet werden. Wo neue Quartiere entstehen, wollen wir bei sparsamer Versiegelung ein Maximum an Wohnungen errichten. Statt Einfamilienhäuser und Flachbauten müssen mehrgeschossige Häuser die Regel sein, die immer einen Anteil an günstigem Wohnraum umfassen. Wir wollen das, was wir jetzt bauen, bestmöglich und so grün wie möglich gestalten. So halten wir die am Stadtrand und am Rande eines Landschaftsschutzgebietes gelegene Elisabeth-Aue als Bauland für nicht geeignet. Ein erneutes Aufrufen des Tempelhofer Feldes für eine Bebauung halten wir nicht für sinnvoll. Aus Teilen des Westkreuzareals wollen wir einen Westkreuzpark machen. Auch Kleingärten wollen wir weitestgehend von Bebauung freihalten und zu den Stadtteilen hin öffnen, damit mehr Berliner*innen hier Grün genießen können.

Wir wollen den Berliner Baumbestand nicht langsam schwinden sehen, sondern kämpfen mit aller Kraft um den Bestand dieser Schattenspender und Luftverbesserer. Denn die Stadt darf nicht zur heißen Beton- und Asphaltwüste werden, in der wir im Sommer nicht mehr vor die Tür gehen mögen. Wir wollen ein Berlin, das grünt und bis 2050 klimaneutral ist. In dem Grünflächen für alle da sind, Seen und Flüsse zum Baden einladen, Bäume uns beschatten, Vögel zwitschern und Bienen summen.

Die wachsende Stadt darf nicht nur vergrößert, sie muss anspruchsvoll gestaltet werden. Die stadtentwicklungspolitischen Entscheidungen, die wir heute treffen, werden Berlin lange prägen. Was jetzt gebaut wird, bestimmt auch noch in 100 Jahren das Gesicht unserer Stadt. Deshalb ist für Bündnis 90/Die Grünen klar: Berlin muss nachhaltig wachsen – sozial und ökologisch.

Das ist nicht nur grüne Vision, sondern vor allem eine Frage der Gerechtigkeit. Denn nur eine grüne Stadt ist eine gerechte Stadt. Seit dem Dieselskandal ist unübersehbar, dass die Feinstaub- und Stickoxidbelastung auch in Berlin vielerorts zu hoch ist. Aber niemand soll so wohnen müssen, dass er bei geöffneten Fenstern durch Abgase vergiftet oder durch Lärm krank wird. Und die nächste Grünfläche soll – unabhängig vom Geldbeutel – keinen Tagesausflug entfernt, sondern leicht zu Fuß erreichbar sein. Wohnungen müssen nicht nur günstig sein, sie müssen auch in einem gesunden Umfeld liegen. Das Recht auf Wohnraum, darf nicht gegen das Recht auf Gesundheit ausgespielt werden. Beides muss Hand in Hand gehen. Dafür sorgen wir.

Zudem braucht die wachsende Stadt auch öffentliche Räume, in denen sich ihre Bewohnerinnen und Bewohner begegnen können. Niemand lebt nur in den eigenen vier Wänden. Deshalb ist für uns zentral, dass Grün- und Erholungsflächen frei zugänglich sind und möglichst viele Bürger*innen davon profitieren. Das ist nicht nur gut für das Klima, sondern angesichts teilweise beengter Wohnverhältnisse auch zentral für den sozialen Zusammenhalt der Stadt – und im besten Falle sogar essbar.

Eine ökologisch und grün entwickelte Stadt kann außerdem die Folgen des Klimawandels und extreme Wetterereignisse lindern. Wie wichtig das auch in Berlin ist, zeigen uns Hitzewellen und Regengüsse, denen unsere Infrastruktur zurzeit nicht gewachsen ist. Wenn wir die Stadt nicht stärker kühlen, leiden wir zunehmend an den Auswirkungen der extremen Hitze. Kühlende Grünflächen, Schatten spendende Bäume und erfrischende Wasserbrunnen sind deshalb nicht nur angenehm, sondern lebensnotwendig in der sich erhitzenden Stadt. Wenn wir die Flächen in der Stadt nicht rasch entsiegeln, werden wir auch in Berlin durch überschwemmte Straßen und Keller die Gefahren von Hochwasser kennenlernen.

Es geht nicht nur darum, zügig günstige, soziale und ökologische Wohnungen für die nächsten Jahre zu bauen. Wir müssen die gesamte Stadt so gestalten, dass alle Menschen hier dauerhaft gut leben können und auch wir in Berlin unseren Beitrag gegen den zunehmenden Klimawandel leisten. Dafür darf das Wirtschaftliche nicht gegen das Soziale ausgespielt werden. Und beides nicht gegen das Ökologische. Dies zu gewährleisten ist uns Grünen Herzensanliegen und Aufgabe zugleich.

GRÜN PLANEN – VON ANFANG AN

Berlin braucht mehr Wohnungen, Schulen, Büro- und Gewerbeflächen, Fuß-, Rad- und Schienenwege, ja auch zusätzliche Straßen und Brücken für die Erschließung neuer Quartiere – das ist allen klar. Aber nur wir Grüne achten auch darauf, dass unsere Stadt gleichzeitig mehr Nah- und Erholungsgebiete, mehr Bäume und Stadtgrün bekommt. Für uns ist das kein Entweder-Oder, sondern gehört in unserer Stadtentwicklungspolitik zusammen. Ist Beton erst einmal getrocknet, hält er lange und steht sehr fest. Deshalb sind bei jedem Bau-Planungsvorhaben Grün und Naherholung nicht nur von Anfang an mitzuplanen, sondern auch direkt umzusetzen. Nur so schaffen wir es, dass Berlin nicht grau wird, sondern immer weiter grün aufblüht. Dabei spielt der Biotopflächenfaktor (BFF) eine große Rolle, als Instrument um ökologische Maßnahmen auf Baugrundstücken direkt einzufordern. Der BFF bezeichnet den Flächenanteil des Grundstücks, der durch Bepflanzung oder anderweitige Maßnahmen dem Naturhaushalt dienen muss. Wir wollen den BFF generell zur Verpflichtung machen.

Entscheidend für die Grünentwicklung ist, dass die Bezirke in die Lage versetzt werden, das Grünflächeninformations- und -managementsystem (GRIS) besser zu nutzen und mit Informationen zu befüllen. Denn mithilfe der Kenntnisse aus dieser grafischen Darstellung öffentlicher Grün- und Erholungsanlagen einschließlich Kinderspielplätzen sowie Straßen- und Anlagenbäumen kann jeder Kiez in seiner Einzigartigkeit besser geschützt und weiterentwickelt werden. Weitere Bausteine dabei sind die digital-graphischen Darstellungen der Wohnbau- und der Gewerbeflächen, das Wohnbauflächeninformationssystem (WoFIS) und das Gewerbeflächeninformationssystem (GeFIS). Diese müssen miteinander und zukünftig insbesondere mit GRIS abgeglichen werden. Nur so können Flächenkonkurrenzen erkannt und gelöst werden.

Der dann mögliche Gesamtblick auf die Stadt – auch auf das Verhältnis und die Zuordnung von Grünflächen zu nötigem Wohnungsbau, Gewerbeflächen, Flächen für Schulen und Kitas – soll die Grundlage für Debatten darüber sein, wie alle Kieze lebenswert bleiben bzw. werden. Diese Debatten wollen wir selbstverständlich gemeinsam mit den Berliner*innen führen. Dafür werden wir die so genannte BEP (Bezirksentwicklungsplanung) -  bezirkliche, integrierte Konzepte mit Beteiligungsverfahren –  wieder aktivieren.

Das bedeutet konkret:

  • Bei jedem Bauvorhaben und jeder Infrastrukturmaßnahme muss der Grundsatz der Gleichzeitigkeit gelten. Das Soziale und das Ökologische müssen von Beginn an mitgeplant werden.
  • Das GRIS muss zu einer zentralen digitalen Datenbank weiterentwickelt werden. Damit auch die Entwicklung des Stadtgrüns transparent wird. Die bezirkliche Entwicklungsplanung BEP soll mit Öffentlichkeitsbeteiligung wieder aktiv werden.
  • Das BEP soll als lokale Planung wieder aktiviert werden.

GRÜNE POTENZIALE FÜR DIE WACHSENDEN STADT NUTZEN!

Wir wollen nicht nur vorhandenes Grün schützen, sondern vor allem auch neues Grün wachsen lassen. Wo notgedrungen Grün weichen muss, bestehen wir auf Ausgleich. Und zwar nicht am Stadtrand oder in Brandenburg, sondern vor Ort. Möglichkeiten gibt es genug: Dachgärten, Entsiegelung, die Begrünung von Fassaden und Hinterhöfen. Das wollen wir auch für Berlin – und zwar nicht nur in ausgewählten Ecken. Das wollen wir auch für Berlin – und zwar nicht nur in ausgewählten Ecken, sondern flächendeckend.

Das grüne Potenzial unserer Stadt muss genutzt werden. Straßen, Plätze, Blockdurchwegungen, Wirtschaftswege, Bahntrassen oder Kanalufer: Unser Ziel ist ein gesamtstädtisches Netz von Grünverbindung: „grün-blaue Bänder“, Uferwegeverbindungen, begrünte Straßenräume, Grünzüge, Biotopverbundräume und andere grüne Infrastrukturen wollen wir ausbauen. Gärten, Sportplätze und Parks von sozialen Einrichtungen wie Schulen sollen möglichst für alle zugänglich sein, vor allem dort, wo sonst ein Mangel an nahen Grün- und Freiflächen besteht. Wohnungen sollen auch auf Supermärkten, Parkplätzen und Parkhäusern gebaut werden.

Gerade bei der Umgestaltung des Berliner Straßennetzes bieten sich große Potenziale. Straßen sind nicht nur für Autos da. Wir werden die Verkehrsflächen fair verteilen, den Straßenraum stärker begrünen und die Aufenthaltsqualität mit Begegnungszonen und Verkehrsberuhigung steigern. Wir wollen geeignete Flächen für die Sicherung und Entwicklung von Stadtgrün ankaufen. Auch hierfür schaffen wir den Berliner Bodenfonds. Bei der Umgestaltung des Berliner Straßennetzes wollen wir die Rolle der Straßenbäume für Stadtklima und Stadtbild stärken. Deshalb wollen wir, wo dies baulich vertretbar ist, graue Chausseen begrünen.

Wir machen zudem ernst mit dem Ökokonto, wodurch das Land Berlin schon Stadtgrün und Biotopflächen vorab entwickeln kann und diese erst im Nachhinein durch verschiedene Bauherr*innen refinanziert werden. So beschleunigen wir diesen Prozess enorm. Der Ausbau der Malchower Auelandschaft ist hierfür ein Beispiel. Durch dieses Ausgleichsmanagementsystem werden wir vorzeitige Begrünungen und Schaffungen von größeren grünen Einheiten ermöglichen. Für Bündnis 90/Die Grünen Berlin bleibt dabei aber zentral, dass Ausgleichsflächen und -Maßnahmen vor Ort immer Vorrang vor Kompensationszahlungen haben. Auch der besseren Qualifizierung von Ausgleichsflächen stehen wir aufgeschlossen gegenüber. Dazu gehört auch, dass Flächen entsiegelt und Versickerungs- und Verdunstungsflächen ausgebaut werden, um schädliche Folgen bei starken Regenfällen zu mindern. Und sie müssen vor Ort geschaffen werden, statt irgendwo in Brandburg. Denn die Berliner*innen können zum Durchatmen nicht jedes Mal die Stadt verlassen. Dem Konzept der besseren Qualifizierung von Ausgleichsflächen stehen wir verhandlungsbereit gegenüber. Dazu gehört auch, dass  Flächen entsiegelt und Versickerungs- und Verdunstungsflächen ausgebaut werden, damit uns auch bei starken Regenfällen das Wasser nicht bis zum Hals steht. Saubere Luft, Nachtruhe, wohnungsnahe Grünflächen und ein angenehmes Mikroklima sind in den Wohnquartieren ungleich verteilt. Das hat relevante gesundheitliche Auswirkungen. Unsere Stadt hat laut Berliner Umweltgerechtigkeitsatlas noch immer viele Orte, die vier- und fünffach belastet sind. Hier leben Menschen mit geringem Einkommen, die Luft ist schmutzig, es ist laut, im Sommer staut sich die Hitze und die nächsten Grünflächen sind zu weit entfernt. Das ist ungerecht und wir Grüne wollen hier ganz konkret Verbesserungen in der Stadt herbeiführen, um die Anzahl fünf- und vierfach belasteter Gebiete in Berlin deutlich zu verringern.

Ob Wasserbrunnen, grüne Oasen, Bäume und Baumscheiben oder Fahrradwege: Investitionen in Klimaanpassung, Stadtgrün und Umweltverbund sollten vor allem dort stattfinden, wo die Menschen gesundheitlich und sozial besonders stark belastet sind. Schon heute engagieren sich Verwaltung und Initiativen in den Berliner Kiezen für mehr Umweltgerechtigkeit - auch wenn es nicht immer drauf steht. Dennoch bedarf es einer gesamtstädtischen Lenkung, damit in den drei- bis fünffach belasteten Quartieren prioritär Maßnahmen erfolgen, auch wenn es dort keine aktive Bürgerinitiative gibt. Bestehende Konzepte der Städtebauförderung sind daher um den verpflichtenden Aspekt der Umweltgerechtigkeit zu ergänzen und dieser ist als Kriterium in alle Förderprogramme aufzunehmen.

Mit der Charta für das Berliner Stadtgrün hat die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz eine Debatte über ein grünes Berlin eingeleitet. Wir werden so gemeinsam mit der ganzen Stadt eine Strategie zum Schutz und Ausbau unserer Grünflächen und Vernetzung der grünen Infrastruktur entwickeln. Durch die Beteiligung der Berliner*innen ist dies auch für die Bezirke ein entscheidender Prozess. Die Vielzahl vorhandener Konzepte für das Grün (Kleingartenentwicklungsplan, Friedhofsplanung, Strategie Stadtlandschaft, Landschaftsprogramm, Strategie biologische Vielfalt und den Klimaschutz (z.B. STEP Klima konkret)) ist eine gute Grundlage. Entscheidend ist nun, dass über die Charta die vielen guten Planwerke und Strategien mit Leben gefüllt werden und durch konkrete Maßnahmen das Stadtgrün dauerhaft bewahrt und gestärkt wird.

Das bedeutet konkret:

  • Wo Berlin wächst, muss auch das Stadtgrün mitwachsen. Dafür vorhandene Potentiale an Straßen, Fassaden, Dächern, Hinterhöfen, Schulen, Ufern oder durch Entsiegelung müssen konsequent genutzt werden. Wir bauen Berlin lebenswert und nachhaltig um. Begrünung, Bäume, Rad- und Fußwege oder Begegnungszonen, dafür werden wir auch einen Teil der Parkplätze aufheben müssen.
  • Wir werden ein Ökokonto und Ausgleichsmanagementsystem einführen.
  • Mit der Charta Stadtgrün erarbeiten wir zusammen mit den Berliner*innen, wo und wie wir das Stadtgrün schützen und ausbauen können.

GRÜN BAUEN – FÜR MENSCH, NATUR UND KLIMA

Die Häuser und Quartiere, die wir heute planen und bauen prägen unser Stadtbild und unsere Lebensqualität für die nächsten Jahrzehnte. Deshalb müssen sie ökologisch und nachhaltig angelegt werden. Dazu gehört, dass sie gut durchlüftet sind und ausreichend, aber nicht zu viel, Schatten spenden. Leitkonzepte zur Regenwasserbewirtschaftung und Hitzeanpassung machen größere Wohnungsbauvorhaben klimafest. Nist- und Brutplätze, Lebensstätten für Fledermäuse und Gebäudebrüter sowie Lichtquellen, die Insekten keinen Schaden zufügen, schützen die Biodiversität in unseren Quartieren. Das ist wichtig, denn erst mit der Biodiversität wird die Berliner Mischung perfekt. Quartiere, die wir jetzt planen, müssen gut mit Rad, Bus und Bahn erreichbar sein und Komfort für Fußgänger*innen bieten. Außerdem wollen wir bienenfreundliche Habitate schaffen in dem wir vermehrt bienenfreundliche Pflanzen sähen und Nistplätze und Bienenstöcke für Bienen aller Art schaffen.

Wir werden das Klima schützen und Berlin an den Klimawandel anpassen. Daher setzen wir beim Bau neuer Gebäude vermehrt auf Holzbau, Lehm, Naturstein und Recyclingbeton und wollen, wo es möglich ist, auch höher bauen. Das spart CO2 und verbessert oft sogar das Raumklima. Gerade bei landeseigenen Gebäuden und Infrastrukturmaßnahmen müssen ökologische Standards bindend und zwingend umgesetzt werden. Um ökologisches und energetisch nachhaltiges Bauen zu fördern, werden wir die breiten Erkenntnisse zu dieser Bauweise in einem Informationszentrum öffentlich zugänglich machen. Gerade die Wohnungsbaugenossenschaften in Berlin sind Vorreiter in Fragen des ökologischen Bauens und Sanierens. Deshalb müssen in den neuen Stadtquartieren auch Genossenschaften beteiligt werden. Das Bauprojekt Michelangelostraße kann dabei ein Leuchtturmprojekt sein, auf dem auch ein Genossenschaftscampus mit 1.000 Wohnungen entstehen soll.

Diese Konzepte sind weder revolutionär noch völlig neu, sondern wesentliche Bestandteile einer zukunftsorientierten Stadtentwicklung. Wir wollen sie aufgreifen und umsetzen. Indem wir sie in den Abläufen von Bauplänen und Baugenehmigungen verankern und durch das Informationszentrum lebendig machen.

Und wir setzen uns dafür ein, dass es in Quartieren genügend Grünflächen für Erholung, Bewegung, Begegnung und Naturerfahrung gibt. Diese sollen auch Platz für standortnahe Vegetation und Lebensraum für Tiere bieten. Parks und Grünflächen steigern nicht nur die Lebensqualität, sondern sind auch wichtige Kälte- und Frischluftpuffer. Neben Dachgärten, Fassaden- und Dachbegrünungen, müssen deshalb ausreichend öffentliche Spielplätze und Parks eingeplant werden. Dabei gilt für uns der Richtwert von 6 m2/Einwohner*in, für größere siedlungsnahe Parkanlagen von 7 m2/Einwohner*in. Wir wollen, dass künftig in jedem neuen Stadtquartier auch neue Parks angelegt werden und bei neu gebauten Häusern Dachbegrünung erfolgt oder Stadtgärten entstehen. Ebenso wollen wir die Dächer öffentlicher Gebäude begrünen, denn die öffentliche Hand hat hier eine Vorbildfunktion. Denn Gründächer erfüllen viele Funktionen, eine davon ist die einträgliche Kombination von Grün und Solar. Für uns muss es bei der Schaffung von Parks nicht immer gleich ein zweiter Tiergarten sein, auch Pocketparks entspannen die gestresste Großstadtseele und schaffen Raum zur Begegnung. Auch die Verkehrsanbindung muss von Beginn an mit geplant werden. Sei es ÖPNV, Rad- oder Fußwege, entscheidend ist, dass diese Angebote bereits vor Erstbezug zur Verfügung stehen, um Neuanschaffungen privater Pkw von Anfang an zu vermeiden. Mögliche betriebswirtschaftliche Anfangsverluste im ÖPNV nehmen wir dabei in Kauf.

Die neuen Stadtquartiere müssen mehr Bedürfnisse und Anforderungen erfüllen als bisher.  Vernetzte Mobilität, kleinteiliges, wohnortnahes Gewerbe, klimagerechte Energieversorgung, günstiges Wohnen und genug Grün - wenn wir das Eine gegen das Andere ausspielen, setzen wir die Zukunft Berlins aufs Spiel.  Deshalb nehmen wir die Herausforderung an, allem gerecht zu werden. Dafür braucht es einerseits eine enorme Kreativität und andererseits eine gut durchdachte Planung. Die ideale Plattform dafür ist die internationale Bauausstellung (IBA), die wir nach Berlin holen wollen, um hier die Stadt des 21. Jahrhunderts zu planen und zu bauen. So wollen wir eine nationale und internationale Diskussion für eine ökologische, soziale und demokratische Stadtstruktur der Zukunft ermöglichen. Wir wollen mehr Wohnqualität indem wir die Auswüchse der autogerechten Stadt zurückbauen. Durch verkehrlichen Rückbau oder baulichen Lärmschutz werden wir so Wohnquartiere wieder zu attraktiven Wohnstätten machen.

Das bedeutet konkret:

  • Neue Quartiere müssen hohen ökologischen und energetischen Standards genügen, Platz für Mensch und Natur bieten und mit ökologischem Baumaterial erbaut werden.
  • Regenwasserbewirtschaftung, Biodiversität, Lichtquellenauswahl und Luftschneisen müssen bei der Planung neuer Quartiere eine zentrale Rolle spielen.
  • Wir werden in einem Informationszentrum Wissen über ökologische Bauweisen bündeln und einfach zugänglich machen.
  • Alle neuen Quartiere müssen mit ausreichend Stadtgrün, Parks und Grünflächen ausgestattet werden.
  • Von Beginn an müssen die Verkehrsanbindung durch ÖPNV, gute Rad- und Fußwege mitgeplant und autofreie Kieze geschaffen werden.

GRÜN PFLEGEN, AUSBAUEN UND VERBESSERN

Natürlich stehen auch Pflege und Ausbau des vorhandenen Grüns weit oben auf unserer Liste. Parks, Grünanlagen und Kleingärten sind oft der soziale und kulturelle Mittelpunkt der Berliner Kieze. Gerade für Menschen mit geringem Einkommen, die weder einen Garten noch einen Balkon besitzen, sind solche Plätze wichtig. Deshalb hat für uns Grün, das alle auf kurzem Weg nutzen können, klaren Vorrang.

Wir vernachlässigen aber auch den Natur- und Tierschutz nicht. Mit über 20.000 verschiedenen Tier- und Pflanzenarten ist der Ballungsraum Berlin schon heute eine der artenreichsten Regionen Deutschlands. Das wollen wir erhalten und wenn möglich ausbauen. Etwa indem wir Berlin zur bestäuberfreundlichen Stadt umbauen und damit nicht nur Honigbienen, sondern auch Wildbienen und andere Insekten Unterschlupf bieten. Dazu gehört, dass der Einsatz von gesundheitsgefährdenden Pestiziden in der Stadt flächendeckend unterbunden wird.

Für uns ist wichtig, dass Sauberkeit im öffentlichen Raum weiter verbessert, die naturnahe Gestaltung und Pflege der Parks aber nicht vernachlässigt werden. Eine kompakte Stadt braucht schöne und robuste Grünflächen ebenso wie gepflegte historische Gärten. Für uns ist zentral, dass die Menschen vor Ort bei der Gestaltung, Pflege und Entwicklung der Parks mitsprechen können. Wir werben alle Berliner*innen und alle Gäste der Stadt, mit unseren Grünanlagen achtsam und pfleglich umzugehen. Ebenso ist wichtig, dass die Straßen- und Grünflächenämter in den Bezirken wie auch die zuständigen städtischen Institutionen finanziell und personell besser ausgestattet werden. Denn das Modellprojekt zur Reinigung der Parks hat gezeigt: Gute Qualität gibt es nicht umsonst. Durch den deutlich erhöhten Einsatz von Geld und Personal können schnell sichtbare Erfolge erzielt werden. Für größere Grünanlagen unterstützen wir die Einführung von Park-Rangern, die sich im Kontakt mit den Besucher*innen um intensiv genutzte Parks oder Seeufer kümmern und bei Nutzungskonflikten vermitteln können. Für Naturschutzgebiete setzen wir hier parallel auf Natur-Ranger. Auch die Einführung von Parkräten, wie nun im Görlitzer Park geschehen, begrüßen wir. Wir wollen dabei eine gute Zusammenarbeit zwischen Land, Bezirken und anderen Institutionen. Für Bündnis 90/Die Grünen Berlin ist klar: Wir müssen die Pflege unseres Berliner Grüns weiter ausbauen und dafür mehr investieren. Im Mittelpunkt steht das Ziel, die Grünflächen und Parks sauber zu halten, artenreich und standortgetreu zu bepflanzen und dauerhaft in gutem Zustand zu erhalten.

Wir wollen dabei auch dem Ziel der „essbaren Stadt“ näherkommen und Urban Gardening vorbringen.  An vielen Orten schlummern mögliche Obstwiesen und Gemüsebeete. Indem wir Obstbäume pflanzen – wenn möglich regionale Obstsorten – und neben Ziersträuchern und Stauden ebenso selbstverständlich Kürbisse, Zucchini oder Tomaten anbauen, machen wir die Stadt zum Garten für alle. Wir wollen Schulgärten und Gartenarbeitsschulen weiter ausbauen und wenn möglich für die Gesellschaft öffnen. Damit Natur ein fester Bestandteil im Leben aller Berlinerinnen und Berliner ist, auch schon der ganz kleinen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Uferwege, sei es an der Spree oder den Kanälen, frei zugänglich und für alle nutzbar sind. Und wir werden die Weichen dafür stellen, dass ein Baden in der Spree auch in Mitte möglich wird. Die Schaffung des Flussbades bleibt für uns ein klares Ziel für eine lebenswerte Stadt.

In städtischen Hitzeinseln wollen wir „Grüne Oasen“ und „Pocket Parks“ mit Bäumen schaffen. Wir wollen verstärkt mit begrünten Parklets in den Straßen experimentieren. Dazu werden wir die Bezirke, die landeseigene Grün Berlin GmbH und weitere landeseigene Betriebe, Wohnungsbaugesellschaften und private Akteur*innen mit einbeziehen. Ziel ist, die Stadtbaumkampagne auszuweiten und deutlich mehr zu pflanzen als Bäume gefällt werden müssen. Ob es hierfür eine landeseigene Baumagentur braucht oder die Grün Berlin GmbH diese Aufgabe übernehmen kann, muss die zuständige Senatsverwaltung prüfen und dafür sorgen, dass die zuständige Stelle finanziell und personell entsprechend ausgestattet wird.

Die Einrichtung einer landeseigenen Baumschule könnte bei der Vorhaltung von seltenen Baumarten oder zur Deckung drängender Bedarfe gute Dienste leisten. Das Stadtgrün muss an den Klimawandel angepasst werden. Dafür wollen wir eng mit den Hochschulen zusammenarbeiten und den Ausbau von Gartenarbeitsschulen auf Bezirks- oder Landesebene fördern. Der Hitzesommer hat gezeigt, dass eine notwendige Bewässerung insbesondere jüngerer Straßenbäume eine Mammutaufgabe ist, die in den bisherigen Strukturen kaum geleistet werden kann. Daher müssen wir Vorsorge z.B. durch Regenwassermanagement treffen und brauchen ein leistungsfähiges Modell wie Parks und Straßenbäume in den Trockenperioden genug gewässert werden. Es muss daher geklärt werden, wie ein solcher Sommerdienst organisiert werden kann.

Das bedeutet konkret:

  • Wir werden für die Pflege und Reinigung der Parks mehr investieren und sie besser ausstatten.
  • Wir werden einen Sommerdienst für das Stadtgrün einführen, um die zunehmenden extremen Klimafolgen abzufangen.
  • Wir unterstützen die Einführung von Park-Rangern und Parkräten.
  • Unser Ziel ist, Berlin zur „essbaren Stadt“ weiterzuentwickeln und das Urban Gardening zu fördern.
  • Uferbereiche müssen frei und allgemein zugänglich sein.
  • Wir werden die Parks, Grünanlagen und das weitere Stadtgrün so weiterentwickeln, dass genügend Rückzugsgebiete für Tiere vorhanden sind.
  • Wir bauen Berlin um zur bestäuberfreundlichen Stadt.
  • Wir setzen uns für die Einrichtung einer landesweiten Baumschule ein und werden die Schaffung einer landeseigenen Baumagentur prüfen.

GRÜN SCHÜTZEN

Bäume leisten uns täglich Dienste, die unersetzbar sind. Sie bieten zahlreichen Tieren und vor allem Insekten Lebensraum, säubern die Luft von Staub und Schadstoffen, spenden Schatten und kühlen durch Verdunstung. Ihr Schutz ist für Bündnis 90/Die Grünen deshalb zentral und bitter nötig. Denn sei es durch den Orkan Xavier im Herbst 2017 oder die Jahrhunderthitze 2018, unsere Bäume leiden stark unter den extremen Wetterbedingungen. Auch die fortschreitende Versiegelung, der Einsatz von Streusalz, Hundeurin oder Verletzungen der Rinde fügen dem Baumbestand einen großen Schaden zu. Wir kämpfen um den Baumbestand, denn gerade ältere Bäume bringen einen viel größeren ökologischen Nutzen als neue. Deshalb haben wir im Doppelhaushalt 2018/2019 die Mittel für Neuanpflanzungen von Bäumen und deren Pflege bereits um 8 Millionen Euro erhöht und werden diese auch in Zukunft weiter anheben. Die von der Stadt bezahlte Anwuchspflege werden wir im Rahmen der Stadtbaumkampagne von drei auf zehn Jahre erhöhen und eine Baumleitplanung einführen. Baumfällungen müssen wo möglich vermieden werden. Das heißt auch, dass im Zweifel eher ein Parkplatz als ein Baum für einen Radweg weichen muss. Denn saubere Luft ist ein Gemeingut, das bevorzugt geschützt werden muss. Sollten Baumfällungen nicht zu vermeiden sein, müssen Ausgleichspflanzungen möglichst standortnah vorgenommen werden. Über Baumfällung muss die Bevölkerung offen und transparent aufgeklärt werden.

Auch Kleingärten sind in der wachsenden Stadt unverzichtbar, als ökologische und soziale Oasen und wichtige Biotopverbindungen. Wir wollen sie erhalten und schützen. Deshalb unterstützen wir für Kleingärten auf landeseigenen Flächen einen Schutz bis mindestens 2030 und eine langfristige Strategie, wie auch sie vor einer zu leichtfertigen Inanspruchnahme bewahrt werden können. Pauschalen Forderungen, die Kleingärten zugunsten des Wohnungsbaus zu schleifen erteilen wir eine klare Absage. Nur im Ausnahmefall, etwa für die soziale Infrastruktur oder eine verkehrliche Erschließung sollten Kleingärten, in dieser Phase der wachsenden Stadt, weichen müssen. Denn Kleingärten sind nicht nur schön für ihre Pächter*innen, sie haben einen großen Nutzen für die ganze Stadt. Sie bilden Luftschneisen und wichtige klimatische Räume, stellen oftmals wichtige Biotopverbindungen dar und sind ein Hort der Artenvielfalt. Damit aber auch die Stadt von ihren ökologischen und sozialen Dienstleistungen profitiert, erwarten wir, dass sich die Kleingartenanlagen noch mehr als bisher für die Stadtgesellschaft öffnen und neue Formen gemeinschaftlichen Gärtnerns aktiv unterstützen. Um mehr Menschen in den Genuss von Kleingärten kommen zu lassen, befürworten wir auch eine Parzellenteilung von großen Gärten.

Die über 29.000 Hektar Berliner Stadtwälder wollen wir schützen und die oft noch reinen Kiefernwälder zügiger zu naturnahe Laubmischwälder renaturieren. Auch diese Wälder sind ein Schatz für die Berliner Luft und für die Naherholung. Wir werden jedoch darauf achten, dass vor allem die Randgebiete zur Naherholung genutzt werden und innere Waldgebiete als Rückzugsort für Tiere und Pflanzen dienen können. Sei es im Grunewald oder im Tegeler Forst, Natur hautnah zu erleben ist nicht nur wunderschön, sondern gerade für Stadtkinder ein wichtiger Zugang zum Verständnis der Welt – abgesehen von der „ökologischen Dienstleistung“ für unser Stadtklima und einer intakten Flora und Fauna in Berlin.

Das bedeutet konkret:

  • Wir werden den Baumbestand Berlins schützen, die Anwuschspflege für Bäume von drei auf zehn Jahre verlängern und offen und transparent über nicht zu vermeidende Fällungen informieren.
  • Wir werden Kleingärten erhalten und schützen und ihnen eine rechtliche Sicherheit geben.
  • Wir werden die Berliner Stadtwälder zu naturnahen Laubmischwäldern renaturieren und sowohl für Mensch erlebbar als auch für Flora und Fauna belebbar machen.

Heute entscheiden wir, ob Berlin auch morgen noch lebenswert ist – und zwar für Mensch, Natur und Umwelt! Deshalb müssen wir Bauen und Pflanzen. Ohne Grün geht es nicht! Denn wir wollen ein Berlin, das Grün ist, statt Grau.

Kategorie

Lebenswerte Stadt