22.12.11 –
Volker Beck, Sprecher für Menschenrechtpolitik und Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen, erklärt zu derAntwort auf eine Kleine Anfrage aus der hervorgeht, dass in St. Petersburg vorerst kein neues Gesetz bekommen wird , nach dem etwa Homosexuelle mit harten Strafen bedroht werden:
"Dieses infame Hassgesetz liegt glücklicherweise auf Eis. Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle in St. Petersburg müssen nun vorerst keine harten Strafen befürchten. Einem gemütlichen Winterspaziergang zu zweit oder einem Kuss zu Neujahr steht nun zumindest das Ordnungswidrigkeitenrecht nicht mehr im Wege. Ähnliche Vorschriften in den Regionen Archangelsk und Rjasan müssen nun abgeschafft werden.
Es ist allerdings bezeichnend, dass das Stadtparlament es nicht geschafft hat, gegen diesen absurden Gesetzentwurf zu stimmen. Er wurde nur einfach nicht mehr behandelt. Da die Legislaturperiode des Stadtparlaments mittlerweile abgelaufen ist, das Gesetz aber noch nicht beschlossen wurde, ist der Gesetzgebungsprozess nun einstweilen beendet. Diesen Grundsatz der Diskontinuität kennt glücklicherweise auch das russische Recht. Der Gesetzentwurf kann in der neuen Legislaturperiode jedoch wieder unverändert eingebracht werden.
Wir müssen nun wachsam bleiben. Zwar haben die nationalistischen Hardliner der Partei „Einiges Russland“ bei den vergangenen Wahlen landesweit einen schweren Dämpfer erlitten. Und auch das Wahlkampfgetöse ist nun glücklicherweise leiseren Tönen gewichen. Der Hass auf Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle ist aber in Teilen der russischen Gesellschaft und Politelite immer noch verbreitet. Neue Initiativen zu derartigen Hassgesetzen sind daher in St. Petersburg, Moskau oder auf Föderationsebene durchaus möglich.
Die Bundesregierung und Bundesaußenminister Westerwelle haben die Pflicht, hier weiterhin am Ball zu bleiben und für die Menschenrechte einzustehen. Denn bei aller Erleichterung über das einstweilige Scheitern des Gesetzes in St. Petersburg bleibt offensichtlich, dass Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle in Russland nach wie vor schwer diskriminiert und gesellschaftlich an den Rand gedrängt werden. Wer sich also in St. Petersburg an Neujahr öffentlich küsst, muss zwar derzeit nicht die Polizei, aber leider den nationalistischen Nachbarn fürchten.
In den Regionen Archangelsk und Rjasan allerdings gibt es bereits Gesetze, die dem Entwurf in St. Petersburg sehr ähnlich sind. Dass muss sich ändern, denn mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Verfassung der Russischen Föderation sind sie nicht in Einklang zu bringen. Auch an diesen weniger prominenten Orten muss die Bundesregierung genau hinschauen. In der Antwort auf meine Kleine Anfrage zieht sie sich hier allzu leicht aus der Affäre.