„GEAS-Anpassungsgesetze: Keine Zustimmung zu immer weiteren Asylrechtsverschärfungen“ – Gemeinsames Statement der BAG Migration & Flucht von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der AG Migration & Vielfalt der SPD

11.12.25 –

GEAS-Anpassungsgesetze: Keine Zustimmung zu immer weiteren Asylrechtsverschärfungen

 

Die AG Migration und Vielfalt der SPD sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft Migration und Flucht von Bündnis 90/Die Grünen sprechen sich entschieden gegen die im Bundestag eingebrachten Anpassungsgesetze zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) aus und fordern die Ablehnung der Gesetze. Die Möglichkeiten zugunsten der Schutzsuchenden werden an entscheidenden Stellen nicht genutzt – Spielräume für Verschärfungen hingegen gehen voll zu Lasten der Schutzsuchenden und in teilweise EU-rechtswidriger Weise sogar darüber hinaus.


„Diese Gesetze bedeuten keine faire und solidarische Reform, sondern eine massive Verschärfung des Flüchtlingsrechts in Deutschland – mit erheblichen Risiken für den Schutz von Grund- und Menschenrechten“, sagt Aziz Bozkurt. „Die Bundesregierung möchte diese inhumane und in Teilen rechtswidrige Reform im Schnellverfahren möglichst ohne öffentliche Debatte durch den Bundestag peitschen und beschneidet die Mitwirkungsrechte des Bundesrates, indem die Gesetze als nicht zustimmungspflichtig deklariert werden, obwohl sie ganz massiv in die Verwaltungshoheit der Länder eingreifen“, kritisiert Svenja Borgschulte.


Sekundärmigrationseinrichtungen – neue Isolation ohne Rechtsschutzmöglichkeiten
 

Den Bundesländern soll die Errichtung von „Aufnahmeeinrichtungen zur Durchführung von Verfahren der Sekundärmigration“ mit verschärften Bedingungen ermöglicht werden (§ 44 Abs. 1a Asylgesetz-Entwurf, AsylG‑E). Diese Einrichtungen sind im Europäischen Asylsystem nicht vorgesehen. Die Bundesregierung nutzt die Reform als Vorwand, um haftähnliche Beschränkungen für möglichst viele Asylsuchende einzuführen. Rechtsschutzmöglichkeiten werden ausgehebelt, indem es dem Bundesamt ins Ermessen gestellt wird, ein Eingreifen eines Bevollmächtigten oder Beistands bis zum Ende der Anhörung zu unterbinden (§ 25 Abs. 4). Die Bedarfe besonders vulnerabler Schutzsuchender bleiben unberücksichtigt – etwa chronisch kranker, traumatisierter oder schwangerer Geflüchteter. Selbst asylsuchende Kinder müssen zukünftig mit haftähnlichen Bedingungen nach einer Asylantragstellung in Deutschland rechnen. Besonders perfide die Bedingung, dass die Haft dem Wohl des Kindes dienen müsse, die vorliege, wenn eines der Elternteile in Haft genommen wurde (§ 70a Abs. 3). Die Aufhebung des Familienasyls (§26) ist sowohl für das Bundesamt als auch für die Betroffenen eine zusätzliche Belastung. Zudem sollen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gekürzt werden können, obwohl es sich hier bereits um das menschenrechtlich gebotene Minimum handelt.

 

Wir fordern Willkommenskultur statt freiheitsbeschränkender Maßnahmen
 

Auch in regulären Aufnahmeeinrichtungen soll zukünftig angeordnet werden können, dass Schutzsuchende diese nicht mehr oder nur in wenigen Ausnahmefällen wie etwa der Vorsprache in einer Behörde verlassen dürfen. Solche Beschränkungen sieht das EU-Recht lediglich für Grenzverfahren verpflichtend vor, nicht aber für reguläre Asylverfahren. Dies zeigt exemplarisch, wie die Bundesregierung mit ihrem Anpassungsgesetz systematisch über europäische Vorgaben hinausgeht und dabei die Rechte von Geflüchteten völlig unverhältnismäßig und in teils rechtswidriger Weise einschränkt.


Angeblich „sichere” Herkunfts- und Drittstaaten – Asylrecht wird ausgehöhlt


Eine Ausweitung sogenannter „sicherer“ Herkunftsstaaten soll zukünftig durch Rechtsverordnung erfolgen können, sodass Bundestag und Bundesrat umgangen werden. Ein Erlass neuer Rechtsvorschriften ist weder zwingend, noch ist sie in dieser Form mit Blick auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben verfassungsgemäß. Zudem sollen angeblich „sichere“ Herkunftsstaaten für unterschiedliche Arten von Flüchtlingsschutz unterschiedlich festgelegt werden, was eine künstliche und rechtlich problematische Aufspaltung des Asylrechts bedeutet, die zu absurden Ergebnissen führt. Die Einstufung als „sicherer“ Staat entzieht Betroffenen einen wirksamen Rechtsschutz, da Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung mehr haben.


Unsere Forderung:


Die geplanten Anpassungsgesetze gefährden fundamentale rechtsstaatliche Prinzipien und schwächen den humanitären Flüchtlingsschutz in Deutschland. Wenn Gesetze so gestaltet werden, dass Geflüchtete aus dem öffentlichen Raum möglichst verdrängt werden und ein Wettbewerb darüber entsteht, wie Schutzsuchende möglichst schnell abgeschoben werden können, so ist dies der endgültige Ausverkauf der Lehren aus den Schrecken der Shoa, vor dessen Hintergrund das Flüchtlingsrecht nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt wurde. Wir fordern daher die Bundestagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sowie die sozialdemokratisch und grün(mit-)regierten Länder auf, die GEAS-Anpassungsgesetze im Bundestag und im Bundesrat abzulehnen. Unsere Politik steht für Solidarität, Gerechtigkeit und Menschenwürde – nicht für Ausgrenzung, Inhaftierung und Entrechtung.

 

Für die AG Migration & Vielfalt der SPD: Stella Kirgiane-Efremidis, Aziz Bozkurt

 

Für die BAG Migration & Flucht von Bündnis 90/Die Grünen: Svenja Borgschulte, Anna Di Bari, Markus Schopp

 

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https://www.nds-fluerat.org/63677/aktuelles/spd-linke-und-gruene-gegen-dobrindts-geas-plaene/