Grüne zu Koalitionsvertrag: Schwarz-Rot ist eine Rückschrittskoalition ohne Antworten auf die Sorgen der jüngeren Generation

03.04.23 –

Zu den Koalitionsverhandlungen von CDU und SPD erklären die Landesvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen Berlin: 

Philmon Ghirmai: „Der Koalitionsvertrag von CDU und SPD ist eine milliardenschwere Wundertüte. Die vielen Ankündigungen geben keine Antworten darauf, wie sich das Leben der Berliner*innen konkret und spürbar verbessert. Die CDU- und SPD-Führung mag eine Politik für die ganze Stadt proklamieren, im Konkreten verabreden sie aber eine konservative Klientelpolitik.

Gesellschaftspolitische und bürgerrechtliche Errungenschaften werden wie erwartet zurückgedreht. Die CDU hat sich auf ganzer Linie durchgesetzt, eine sozialdemokratische Handschrift ist nicht zu erkennen. Abschiebungen sollen ausgeweitet werden. Statt eines Verbots von Racial Profiling, soll es neben kriminalitätsbelasteten Orten ominöse Messerverbotszonen geben. Statt Bürger*innen- und Freiheitsrechte zu stärken, sollen nach bayerischem Vorbild polizeiliche Befugnisse ausgeweitet und eine Dauerüberwachung eingeführt werden. Videoüberwachung, Online-Durchsuchungen, die Ausweitung von Telekommunikationsüberwachung oder der Einsatz von BodyCams in privaten Räumen: Schwarz-Rot is watching you. Mit ihrer Neuressortierung wird die wichtige Arbeit der Landesantidiskriminierungsstelle für das nächste Jahr gelähmt und die Antidiskriminierungsarbeit strukturell geschwächt. Statt nur Formelkompromisse zu finden, hätte die neue Koalition ein klares Bekenntnis abgeben müssen, das Landesantidiskriminierungsgesetz, die LADG-Ombudsstelle oder die senatsübergreifende Diversity-Strategie auszubauen und zu verstärken. Berlin wird so seine bundesweite Vorreiterrolle für eine offene Gesellschaft verlieren!

CDU und SPD schreiben zwar viel zum Thema Klimaschutz, aber überall wo es verbindlich werden könnte, bleibt es unkonkret. Beim Thema Stadtentwicklung zeichnet sich mehr Beton statt des Erhalts von Grünflächen ab. Scheindebatten wie die über die Bebauung des Tempelhofer Feldes führen nicht zu mehr bezahlbarem Wohnraum. Genauso wenig die Verabredung, ökologische Aspekte in der Bauordnung rückabzuwickeln, statt langfristig zu planen und nachhaltig zu bauen.“

 

Susanne Mertens: “Diese Koalition hat keine Antwort auf die Sorgen und Bedürfnisse der jungen Generation, sondern nur großmundige Ankündigungen ohne konzeptionelle Substanz und ohne geklärte Finanzierung. Sie hat keinen Plan, wie der Schulplatzmangel behoben und Fachkräfte gewonnen werden können. Statt Grundschulen, Gemeinschaftsschulen oder die integrierten Sekundarschulen zu stärken, konzentriert sich Schwarz-Rot einseitig auf grundständige Gymnasien. Der Ersatz des Probejahrs auf den Gymnasien durch eine Eignungsfeststellung bedeutet das Ende der Chancengleichheit, denn dies benachteiligt Schüler*innen aus einkommensschwachen Familien. Im Bereich Bildung wird die Handschrift der CDU im Koalitionsvertrag damit besonders deutlich.

Die gut klingenden Versprechen mit ungeklärter Finanzierung ziehen sich durch die anderen Kapitel durch, ohne zu erklären wie die Vorhaben konkret umgesetzt werden sollen. Mieter*innenschutz ja, aber ohne Mietenkataster oder einer Verschärfung des Zweckentfremdungsverbots. Obdachlosenhilfe ja, aber ohne klares Bekenntnis zu erfolgreichen Projekten wie “Housing First.” Das ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Armutszeugnis für Berlin. 

Klimaschutz will sie durch neue Schulden von den zukünftigen Generationen bezahlen lassen, statt jetzt und heute Maßnahmen zu ergreifen, den CO2-Ausstoß wirksam zu senken. Die Ankündigungen nun nach dem Gießkannenprinzip, schuldenfinanziert Geld verteilen zu wollen, ist keine zukunftsgewandte Politik. Mit vielen Milliarden und unzähligen weiteren Förderprogrammen, wird der Weg zum SPD-Mitgliederentscheid gepflastert. Wir werden Schwarz-Rot auf die Finger schauen und darauf achten, dass die Milliarden auch wirklich zum Wohl der Stadt ausgegeben und nicht in neuen Mammutprojekten versenkt werden. Die Folgen der Klimakrise machen es nötig, jetzt in den schnellen, ökosozialen Umbau der Stadt zu investieren, damit Berlin auch morgen noch lebenswert ist. Bleibt: Nicht was drauf steht, sondern was drin ist zählt und genau daran werden wir die Koalition messen.”