Stellungnahme des Landesvorstands zum Mietenvolksbegehren und Grüne Vorschläge

03.06.15 –

Bündnis 90/Die Grünen Berlin gratulieren dem Mietenvolksbegehren zu knapp 50.000 gesammelten Unterschriften. Wie wir Grünen unterstützt offenbar auch eine große Zahl von Berlinerinnen und Berlinern die zentralen wohnungspolitischen Ziele des Volksbegehrens:

  • die Schaffung und den Erhalt von mehr bezahlbarem Wohnraum in öffentlicher Hand, um insbesondere einkommensschwache Mieter zu unterstützen.
  • die finanzielle Stärkung der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften durch eine Eigenkapitalerhöhung, die den Neubau und Ankauf zusätzlicher Wohnungen ermöglicht.
  • die Verpflichtung der öffentlichen Wohnungsunternehmen auf ihren gemeinnützigen Zweck, den Vorrang einer sozialen Wohnraumversorgung und mehr Mieter- Mitbestimmung.

Einiges von dem, was das Mietenvolksbegehren fordert, haben wir Grüne bereits vorgeschlagen. Wie zum Beispiel die deutliche Aufstockung des Eigenkapitals der landeseigenen Gesellschaften und die Verdoppelung der Mittel des Neubaufonds für eine soziale Berliner Wohnraumförderung. Diese Vorschläge wurden von der Koalitionsmehrheit in der Vergangenheit jedoch immer abgelehnt. Wir begrüßen deshalb, dass sich SPD und CDU nun endlich bewegen und auf die Initiatoren des Volksbegehrens zugehen wollen. Lippenbekenntnisse, wie wir sie von Rot-Schwarz schon aus der Vergangenheit kennen, werden aber diesmal nicht reichen. Denn dass es nun ein Volksbegehren zur Wohnungspolitik gibt, hat sich diese Koalition durch ihre jahrelangen Versäumnisse selbst zuzuschreiben.

Nach der ersten Stufe des Volksbegehrens sieht das Abstimmungsgesetz eine viermonatige Zeitspanne für die Beratung im Abgeordnetenhaus vor. Diese Zeit muss optimal genutzt werden und dafür werden wir uns einsetzen! Wir erwarten, dass die Koalition und insbesondere die SPD ihren Worten nun Taten folgen lässt und tragfähige Vorschläge macht. Denn ein Kompromiss zwischen allen Beteiligten erscheint aus grüner Sicht machbar. Vor allem würde er die überfällige Neuausrichtung der Berliner Wohnungspolitik deutlich beschleunigen. Wir begrüßen deshalb die Gesprächsbereitschaft der Initiatoren, denn wir sehen einzelne Forderungen des Volksbegehrens durchaus kritisch und haben Diskussionsbedarf.

Das gilt insbesondere für den Umgang mit dem alten sozialen Wohnungsbau. Der Gesetzentwurf der Initiative sieht zu Recht Hilfen für einkommensschwache Mieter in diesen Objekten vor. Die vorgeschlagenen Maßnahmen subventionieren aber indirekt die Eigentümer – und damit genau die Falschen. Ein Ankauf dieser Objekte kann zwar auch aus grüner Sicht (zum Beispiel im Falle einer Insolvenz) sinnvoll sein, einen Ankaufszwang zugunsten der Immobilienbesitzer finden wir aber falsch. Wir schlagen stattdessen vor, die dafür vorgesehenen Gelder in den Ankauf von Wohnungsbeständen und in die soziale Neubauförderung fließen zu lassen. Und wir werden bereits in den kommenden Wochen

Vorschläge machen, wie das Land Sozialmieter trotzdem zielgerichtet und einkommensabhängig unterstützen kann. Ein Gutachten der grünen Abgeordnetenhausfraktion zum Thema Kostenmiete und der Überprüfung der alten Förderverträge werden wir in Kürze vorstellen.

Dem Volksbegehren wird vorgeworfen, dass seine Forderungen nicht allen Mieterinnen und Mietern, sondern vor allem denen der landeseigenen Unternehmen und im sozialen Wohnungsbau zu Gute kommen. Das ist aber nicht der Initiative anzulasten, denn hier stoßen die Möglichkeiten einer Volksgesetzgebung an ihre Grenzen. Natürlich müssen von den Mitteln, die das Land Berlin für die Wohnungspolitik aufbringt, möglichst viele Mieterinnen und Mieter profitieren. Daher muss eine Neuausrichtung der Berliner Wohnungspolitik aus grüner Sicht auch weitere Instrumente und Maßnahmen umfassen. Dazu gehören eine bessere Ausgestaltung städtebaulicher Verträge, ein neues Wohnraumgesetz oder die Einrichtung eines Immobilien-Ankauffonds für die Bezirke. Auch hierzu werden wir Grüne in den Gesprächen mit Senat und Initiative konkrete Vorschläge einbringen.

Landesvorstand

Bündnis 90/Die Grünen Berlin

Berlin, den 31. Mai 2015