Die Zukunft der Schulen in freier Trägerschaft in Berlin – Soziale Hürden senken, Inklusion fördern.

13.03.18 –

Von Marianne Burkert-Eulitz

Freie Schulen sind mittlerweile fester Bestandteil der Berliner Schullandschaft geworden. Ob Montessori, Waldorf oder einzelne freie Schulen wie die Freie Schule Kreuzberg. Unsere Schullandschaft ist vielfältig. Die Freien Schulen sind in Art. 7 Abs. 4 GG verankert. Das Berliner Schulgesetz ergänzt, dass die freien Schulen das Schulwesen des Landes Berlin durch besondere Inhalte und Formen der Erziehung und des Unterrichts bereichern und die Zusammenarbeit zwischen freien und öffentlichen Schulen zu unterstützen ist. Mittlerweile werden in ganz Berlin an 128 allgemeinbildenden freien Schulen mit 35.000 Schüler*innen ca. 10 Prozent der Berliner Schüler*innen beschult.

Ab 2019 soll die Finanzierung dieser Schulen zwischen Senat und den freien Trägern neu geregelt werden. Daher lohnt es sich hier genauer hinzuschauen: Von diesen 128 Schulen sind ein ca. ein Drittel konfessionell geprägt, ein Dutzend ist kommerziell ausgerichtet bzw. richtet sich an ein hoch mobiles, international ausgerichtetes Klientel mit einem hohen Schulgeld. Der überwiegende Teil der Schulen bietet reformpädagogische Ansätze wie eben z.B. Waldorf oder Montessori. Diese Schulen verlangen oft Schulgelder, weil sie nur zu einem Teil staatlich finanziert werden, aber gleichzeitig gesetzlich verpflichtet sind, die gleiche Qualität wie staatliche Schulen zu gewährleisten.

Derzeit erhalten sie ausschließlich 93% der Personalkosten der jeweils gleichen öffentlichen Schule. Mittel für Sachkosten, Miete, baulicher Unterhalt, Investition und Overheadkosten stehen den Schulen in freier Trägerschaft bisher nicht zu. Somit natürlich auch nicht für andere pädagogische Anstöße, die diese Schulen nichtsdestotrotz oft liefern. Das führt zu Finanzierungslücken, die bei Schulplatzkosten von z.B. rund 7.000 Euro pro Jahr für einen staatlichen Grundschulplatz, durch Zuschüsse der Freien Träger selbst oder durch hohe Schulgelder von meist über 200 Euro monatlich gedeckt werden.

Das Land Berlin hat aktuell zwei Vorteile durch die Schulen in freier Trägerschaft:

  1. müssen Land und Bezirke diese 35.000 Schulplätze nicht aktiv bereitstellen, was angesichts des Schulplatzmangels der Wahrnehmung eines öffentlichen Auftrags gleicht.
  2. sind sie ein „Sparmodell“ für das Land, da es nur einen Teil der tatsächlichen Kosten für einen Schulplatz an einer Schule in freier Trägerschaft übernimmt.

Die diskutierte Finanzierungslücke, die nun entsteht, bezieht sich nur auf den Vormittag. Im Ganztag bekommen die Freien Schulen über das SGB VIII oftmals bereits die gleiche Finanzierung, wie die staatlichen Schulen. Was die Schulen aber tatsächlich leisten, brauchen oder an Schulgeldern verlangen, bleibt im jetzigen System intransparent.

Ein Beispiel: Laut Bildungsstatistik 2017/18 des Landes Berlin liegt die Quote der Schüler*innen, die von der Zuzahlung von Lernmitteln befreit sind (Lmb) an Schulen in freier Trägerschaft bei 8,9 Prozent. Die Quoten an den freien Schulen sind deutlich geringer als im Berliner Durchschnitt. Kritisch sind diese Zahlen im Hinblick auf Vollständigkeit und Unkenntnis über die tatsächliche Umsetzung, da keine Kontrolle durch die Senatsverwaltung stattfindet.

Wir Grünen wollen hier durch ein Vollkostenmodell mehr Transparenz über die tatsächlichen Kosten, die beim Schulbetrieb anfallen, schaffen. Wie verhält es sich mit der sozialen Mischung von Schüler*innen an freien Schulen? Das Grundgesetz führt dazu aus, dass eine Sonderung der Schüler*innen nach Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert werden soll.

Wir Grüne wollen es ermöglichen, dass sich freie Schulen stärker an den sozialen und gesellschaftlichen Herausforderungen im Bildungssystem beteiligen. Deshalb wollen wir ihnen auf Augenhöhe begegnen. Inklusion und Abbau von sozialen Hürden gibt es nicht zum Nulltarif. Wir wollen die freien Schulen in die Verantwortung nehmen, indem wir transparente und verbindliche Regelungen zum Sonderungsverbot und zur Höhe eines gestaffelten Schulgeldes schaffen. Das Ziel sollte dabei eine effektive Steuerung in der Bildungspolitik und nicht die einseitige Trennung in „gute und böse Schulen“ sein.

Marianne Burkert-Eulitz ist Mitglied der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus und Sprecherin für Familie und Bildung.

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